Schimmer der Vergangenheit (German Edition)
Sie war Reiseleiterin in Mexiko, und es hätte so schön sein können, wäre da nicht ihre irrsinnige Eifersucht gewesen. Wegen jeder Touristin, die er anlächelte, machte sie ihm eine Szene. Da er so nicht leben konnte, musste er die Beziehung beenden. Und jetzt Isabel. Lass mir Zeit, hatte sie gesagt. Also hatte sie doch Gefühle für ihn, warum konnte sie nicht dazu stehen? Vielleicht wegen der Schuld. Seine Schuld an diesem Unglück, seine Schuld daran, dass sie ihren Robert nicht mehr hatte. Verdammt, es war alles so kompliziert.
Er erhob sich, warf ein paar Holzscheite in den Kamin und begann wie ein gefangener Tiger im Zimmer Kreise zu ziehen. Sein Blick fiel auf das Fenster, und er zog den Vorhang beiseite.
Isabel.
Im hellen Mondlicht hob sich ihr Körper als dunkler Schatten ab. Warum geht sie nicht rein? Es ist doch kalt, und sie hat keinen Umhang. Ich hätte sie nicht so bedrängen dürfen, überlegte er und biss sich auf die Unterlippe. Das ist schon einmal schief gegangen, hatte er denn nichts dazugelernt?
Was tat sie denn jetzt?
Erschrocken beobachtete er, wie Isabel langsam auf die Knie sank und ihr Körper zusammenzuckte, als würde sie heftig weinen.
Ungeachtet seiner Nacktheit und der Kälte, lief er in den Hof und stürzte zu ihr. Sie schluchzte verzweifelt. Vorsichtig hob er sie hoch und trug sie in sein Zimmer. Sie schlang die Arme um seinen Hals, und er spürte warme Tränen auf seiner Brust. Behutsam legte er sie auf sein Bett und holte aus der Truhe ein paar Stofftaschentücher, die sie dankbar entgegennahm. Sie rollte sich auf dem Bett zusammen und hörte nicht auf zu weinen. Er wusste nicht, was er tun oder sagen sollte, aber hatte er nicht schon genug gesagt?
Sie zitterte erbärmlich, also legte er sich einfach neben sie und zog die Bettdecke über sie beide. Er nahm sie in die Arme und hielt sie fest. Nach einer Weile beruhigte sie sich, und in seinen ausgekühlten Körper zog wieder Wärme ein.
„Es tut mir so leid“, sagte er und küsste ihre Stirn. „Ich bin ein Idiot.“
Sie widersprach nicht, schmiegte sich an ihn und seufzte leise.
In diesem Moment klopfte es an der Tür. Sanft löste er sich von Isabel und öffnete. Anette stand mit besorgtem Gesicht davor.
„Ich suche Isabel. Sie ist heute Nachmittag einfach aus dem Zimmer gerannt, dann habe ich sie im Hof stehen sehen, und jetzt ist sie nicht mehr da. Ist sie bei dir?“
„Ja, sie ist hier. Ihr war kalt, und sie hat geweint. Ich habe sie warm eingepackt, und sie schläft jetzt.“
„Sie hat geweint?“, fragte Anette besorgt.
„Ja, aber es ist alles in Ordnung. Sie bleibt bei mir, heute Nacht.“
Er hoffte, sie würde sich damit zufrieden geben.
„Okay, dann gute Nacht“, sagte sie zögernd. Ihre Augen weiteten sich, als sie entdeckte, dass er splitternackt hinter der Tür stand.
„Vertrau mir. Ich erkläre dir morgen alles.“
„In Ordnung, Jack, ich vertraue dir“, sagte sie langsam, aber ihr Blick blieb misstrauisch.
Nachdem Anette gegangen war, kroch Jack zurück unter die Bettdecke. Er betrachtete Isabel, und er fand, dass sie trotz ihrer geschwollenen Nase und ihrer rot geweinten Augen wunderschön war. Ihr Haar rutschte über ihr Gesicht, und er strich es sanft zurück. Zärtlich streichelte er ihre Wange. Nie mehr dürfte ihr jemand wehtun. Er würde auf sie aufpassen, egal was noch auf sie alle zukäme. Er schloss die Augen, und sein Bewusstsein sank langsam in den Schlaf, als er sie flüstern hörte.
„Jack?“
„Hm?“
„Ich weiß jetzt genau, wer in meinem Herzen ist.“
Er erstarrte und hatte das Gefühl, sein Herz hätte einen Moment lang zu schlagen aufgehört.
„Du bist es.“
Er küsste sie zärtlich auf die Lippen und spürte, wie der Druck in seinem Innern nachließ und sich sein Körper entspannte. Sie kuschelte sich enger an ihn, und sein Herz hüpfte vor Freude. Endlich war sie ganz bei ihm.
*
Ich erwachte im Morgengrauen. Jack lag wie ein Embryo zusammengerollt neben mir, und seinen nackten Körper bedeckte nichts als eine Gänsehaut. Ich zog die Decke über ihn, die ich ihm wohl in der Nacht weggezogen hatte, und stand leise auf. Das Feuer im Kamin war ausgegangen, und im Zimmer war es kalt. Ich nahm Holzscheite aus dem Korb und entfachte es neu. Die Ereignisse der vergangenen Nacht zogen durch meine Gedanken. Er hatte gesagt „ich verstehe“ und hatte doch nichts verstanden. Wie sollte er auch? Es war, als hätten die zwei Männer meines Lebens
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