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Schindlers Liste

Schindlers Liste

Titel: Schindlers Liste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Keneally
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Schindler zog sich auf das nun schon recht abgenutzte Argument von seinem kriegswichtigen Betrieb zurück, der auf eingearbeitete Hilfskräfte angewiesen sei.
    Eingriffe in die Personalstruktur führten zwangsläufig zu Störungen in der Produktion und damit zu Beanstandungen seitens der Rüstungsinspektion. »Selbstverständlich habe ich mir, wenn möglich, vom Kommandanten brauchbare Facharbeiter geben lassen, und das rasch und ohne viel Papierkrieg. Mein Interesse dabei galt einzig der Produktion. Ich will verdienen, muß die Rüstungsinspektion zufriedenstellen. Und weil der Kommandant mir in solchen Dingen entgegenkam, mag es wohl sein, daß ich ihm mal ein Darlehen gewährt habe.«
    Schindler schuldete Göth weiß Gott keine Loyalität. Er gab durch die Wahl seiner Worte und die Art, wie er sie betonte, durch die Blume zu verstehen, daß es sich auf seiten Göths um eine sanfte Erpressung gehandelt habe. Aber das machte keinen Eindruck. Er wurde in sein Zimmer zurückgeführt.
    Die Vernehmung dauerte einen zweiten, dritten, vierten Tag. Er wurde nicht angerührt, aber die ihn vernahmen, blieben eisern. Er mußte am Ende bestreiten, daß ihn mit Göth auch nur eine Spur von Freundschaft verbunden habe, und das fiel ihm nicht schwer, denn er verabscheute Göth aufrichtig. Dann erinnerte er sich an gewisse Gerüchte über Göth und dessen junge Untergebene, und schloß mit der Bemerkung: »Schließlich bin ich nicht schwul.«
    Göth hat nie begriffen, daß Schindler ihn verabscheute und gegen ihn aussagte. Er hing, was Freundschaft angeht, gewissen irrealen Vorstellungen an und glaubte in seinen Anwandlungen von Sentimentalität, daß Pemper und auch Helene Hirsch ihm aufrichtig ergeben seien. Vermutlich wußte Göth nicht, daß Schindler verhaftet war und vernommen wurde, und meinte, die Aufforderung »meinen alten Freund Schindler« zu fragen, sei überhört worden.
    Was Schindler zugute kam, war, daß er tatsächlich so gut wie keine Geschäfte mit Göth gemacht hatte. Zwar hatte er ihn gelegentlich beraten, aber an den Schwarzmarktgeschäften des Kommandanten war er nie beteiligt, hatte nicht den Verkauf abgezweigter Häftlingsrationen oder von Erzeugnissen der Lagerwerkstätten organisiert. Auch dürfte ihm genützt haben, daß er überzeugend lügen konnte und daß er, sobald er die Wahrheit sagte, ein Muster an Glaubwürdigkeit war. Nie erweckte er den Eindruck, dankbar zu sein, wenn man ihm glaubte. So wollte er wissen, ob Aussicht bestünde, daß er die »geliehenen« oder erpreßten 80000 Reichsmark zurückbekäme, kaum hatten seine Vernehmer erkennen lassen, daß sie eine Erpressung nicht für ganz ausgeschlossen hielten.
    Ferner half es ihm, daß seine Behauptungen von dritter Seite bestätigt wurden. Oberst Lange sagte klipp und klar, daß Schindlers Produktion kriegswichtig sei. Aus Troppau erfuhr man von Süßmuth, Schindler fertige Zubehör für Geheimwaffen. Was keineswegs gelogen war, wie man noch sehen wird. Aber so, wie Süßmuth das behauptete, traf es nicht zu, er betonte diesen Teil der Schindlerschen Produktion einfach zu sehr. Seit der Führer von Geheimwaffen gesprochen hatte, klammerten sich die Hoffnungen vieler Leute daran, und daß Schindler mit ihnen in Zusammenhang gebracht werden konnte, war ihm eine große Hilfe. Gegen Geheimwaffen kamen die Bürger von Zwittau nicht auf.
    Trotzdem hatte Schindler den Eindruck, daß die Dinge nicht gut standen. Am vierten Tag kam einer der Vernehmer in sein Zimmer,
    nicht um ihn etwas zu fragen, sondern um ihn anzuspucken. Dabei beschimpfte er ihn als einen Judenknecht, beschuldigte ihn, mit Jüdinnen sexuell zu verkehren, also Rassenschande zu treiben. Das paßte nun gar nicht zu den so korrekt geführten Verhören. Er mußte also fast annehmen, daß dies geplant war, daß es zur Vernehmungstechnik gehörte.
    Nach einer Woche ließ Schindler über Huth und die Klonowska Oberführer Scherner wissen, man setze ihm bei den Vernehmungen so zu, daß er womöglich nicht mehr imstande sein werde, seine alten Freunde zu schützen. Scherner unterbrach die Partisanenjagd (bei der er später den Tod fand) und erschien bereits einen Tag später bei Schindler. Es sei ja ein Skandal, was man da mit ihm mache, sagte er. Und Göth? fragte Schindler dagegen, womit er meinte, ist es auch ein Skandal, was sie mit dem machen? »Der verdient, was er bekommt«, erwiderte Scherner. Also war Göth wohl schon von allen fallengelassen worden. »Aber keine Sorge,

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