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Schindlers Liste

Schindlers Liste

Titel: Schindlers Liste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Keneally
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Kuhnpast oder dem ehemaligen Besitzer und jetzigen inoffiziell als Betriebsleiter tätigen Szymon Jereth zu plaudern. Aus Jereths Kistenfabrik war zwei Jahre zuvor auf die übliche Weise die Deutsche Kistenfabrik geworden; gezahlt wurde nichts, Verträge, die er zu unterschreiben gehabt hätte, wurden nicht aufgesetzt.
    Die Ungerechtigkeit, die darin lag, bekümmerte Jereth kaum noch. Den meisten seiner Geschäftsfreunde war es ebenso ergangen. Das Leben im Getto bedrückte ihn allerdings, das ewige Gezänk in der Küche, das erzwungene enge Zusammenleben, der Gestank, die Läuse, die man sich bei der Berührung mit unsauberen Mitbewohnern im engen Treppenhaus holte.
    Seine Frau sei schwer deprimiert, erzählte er Schindler. Sie stamme aus einer angesehenen Familie in Kleparz nördlich von Krakau und sei ein besseres Leben gewöhnt. »Und wenn ich bedenke, daß ich mir aus all den Brettern hier ein eigenes Haus bauen könnte - gleich hier!«
    Und er zeigte auf das unbebaute Grundstück hinter seiner Fabrik. Dort spielten Arbeiter in der Mittagspause Fußball, Platz war reichlich vorhanden. Das meiste davon gehörte Schindler, ein Teil einem polnischen Ehepaar namens Bielski. Schindler erwähnte das nicht, auch nicht, daß ihn selber dieser Bauplatz schon beschäftigte. Mehr interessierte ihn die Erwähnung der Bretter. »Sie könnten also Holz organisieren?« fragte er. »Das ist nur eine Frage der Buchführung«, erwiderte Jereth. Sie blickten aus dem Fenster in Jereths Büro versonnen auf den Platz. Aus der Fabrik hörte man Nageln und das Kreischen der Kreissäge. »Ich möchte hier nicht weg«, sagte Jereth. »Ich möchte nicht in irgendeinem Arbeitslager enden und immer denken müssen: Was machen die verfluchten Narren aus meiner schönen Fabrik. Das werden Sie gewiß verstehen, Herr Schindler?«
    Ein Mann wie Jereth konnte sich nicht mehr vorstellen, daß die Dinge einmal besser werden könnten. Die Wehrmacht schien in Rußland nichts als Erfolge zu erringen, und selbst der BBC fiel es schwer, noch zu behaupten, sie siege sich dort zu Tode. Schindler konnte sich vor Aufträgen der Rüstungsinspektion kaum retten, und er freute sich darüber, aber ebenso erfreuten ihn die Briefe seines Vaters, in denen der alte Mann ihn warnte, dies alles könne nicht von Dauer sein. Der Mensch (gemeint war Hitler) wird stürzen. Die Amerikaner werden ihn erledigen. Und die Russen? Sagte diesem Menschen denn niemand, wie viele gottlose Barbaren im Osten lebten? Schindler freute sich, wie gesagt, sowohl über die Aufträge als auch über die subversiven Kritzeleien seines Vaters und schickte ihm jeden Monat Reichsmark - weil es ihm Vergnügen bereitete und um seiner Sohnespflicht zu genügen.
    Das Jahr verging rasch für ihn. Er arbeitete mehr als je zuvor, saß im Hotel Krakowia, trank im Jazzkeller, besuchte seine schöne Klonowska in ihrer Wohnung. Als die Blätter fielen, fragte er sich, wo die Zeit geblieben sei. Die Herbstregen setzten früher ein als gewöhnlich.
    Das kam den Russen zugute und sollte Folgen für alle Europäer haben. Für Schindler war vorderhand das Wetter nichts als Wetter.
    Gegen Ende des Jahres wurde er verhaftet. Jemand hatte ihn bei der SS denunziert - ein polnischer Arbeiter, ein deutscher Techniker, er wußte es nicht. Eines Morgens sperrten zwei Gestapoleute in Zivil den Eingang zu Schindlers Bürotrakt mit ihrem Mercedes, gingen nach oben und zeigten Schindler einen Haftbefehl und eine Durchsuchungserlaubnis. Sie wollten alle Unterlagen mitnehmen, schienen aber nicht zu wissen, welche. »Welche Unterlagen wollen Sie sehen?« fragte Schindler.
    »Das Kassenbuch«, sagte der eine.
    »Das Hauptbuch«, der andere.
    Die Verhaftung wurde ziemlich lässig vorgenommen, beide Gestapoleute plauderten mit der Klonowska, während Schindler die Bücher holte. Man erlaubte ihm, etliche Namen auf einem Zettel zu notieren, Namen von Leuten, mit denen er angeblich geschäftliche Termine vereinbart hatte, die nun abgesagt werden mußten. Klonowska wußte aber sofort, daß es die Namen von Leuten waren, die sie um Hilfe für ihn bitten sollte.
    Als erster stand Oberführer Scherner auf der Liste, darunter Leutnant Plathe von der Abwehr in Breslau. Ein Ferngespräch also. Der dritte war der Betriebsleiter von Ostfaser, der ewig betrunkene Weltkriegsveteran Bosch, dem Schindler massenhaft Küchenutensilien hatte zukommen lassen. Er beugte sich über Klonowskas Schulter, schnupperte den Duft ihres hochgekämmten

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