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Schindlers Liste

Schindlers Liste

Titel: Schindlers Liste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Keneally
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sein; die Kirche sah darin, daß sie von ihm getrennt lebte, eine Verleitung zur Sünde. Doch gemeinsam mit ihm in einer fremden Stadt zu leben, wäre nur erträglich, wenn er den Schein wahrte und auf ihre Empfindungen Rücksicht nahm. Und man konnte sich nicht darauf verlassen, daß er seine Fehltritte geheimhielt. Sorglos, trinkfreudig und lachend schien er zu sagen: Eine Frau, die mir gefällt, müßtest eigentlich auch du nett finden.
    Die unbeantwortete Frage, ob sie ihn nach Krakau begleiten solle oder nicht, lag während der Mahlzeit so bedrückend über den beiden, daß er sich gleich danach entschuldigte und ein Café am Markt aufsuchte.
    Hier trafen sich Bergwerksingenieure, kleinere Geschäftsleute, Reserveoffiziere. Er fand auch etliche seiner Motorradfreunde vor, die meisten in Uniform, und setzte sich mit ihnen zum Trinken. Man wunderte sich darüber, daß ein so prachtvolles Exemplar wie er in Zivil herumlief. »Ich leite einen kriegswichtigen Betrieb«, knurrte er.
    Man wärmte alte Erinnerungen auf an sein erstes selbstgebasteltes Motorrad, an die 5Ooer Galloni. Der Lärm wuchs, der Schnapskonsum stieg. Aus dem nebenan gelegenen Speiseraum kamen ehemalige Mitschüler, die sich an sein Lachen erinnerten. Einer von ihnen sagte: »Hör mal, Oskar, nebenan sitzt dein Vater allein beim Essen.« Schindler sah in sein Glas, wurde rot, zuckte die Achseln. »Du solltest mit ihm reden«, drängte ein anderer. »Er ist nur noch wie sein eigener Schatten, der arme Kerl.«
    Oskar sagte, er müsse nun gehen und wollte aufstehen. Man hielt ihn auf seinem Stuhl fest.
    »Er weiß, daß du hier bist.« Nebenan im Speisesaal war man unterdessen dabei, den alten Schindler zu bearbeiten. Oskar war nun doch aufgestanden, er suchte seine Garderobenmarke, er wollte nichts als weg hier. Da kam sein Vater herein, sanft vorwärts gestoßen von zwei jungen Leuten, einen gequälten Ausdruck im Gesicht. Bei diesem Anblick hielt Oskar inne.
    Bei allem Zorn auf seinen Vater hatte er doch immer angenommen, sollte es zu einer Versöhnung kommen, müsse er selber den ersten Schritt tun, und nun war es sein Vater, der ihm entgegenkam, wenn auch widerstrebend.
    Der alte Mann brachte ein halbes, um Verzeihung bittendes Lächeln zustande und hob die Brauen. Diese winzige Geste war es, der Oskar nicht widerstehen konnte. Sie schien zu sagen: Ich war machtlos, zwischen deiner Mutter und mir ging alles nach eigenen Gesetzen. Ob sein Vater dies wirklich dachte, wußte Oskar nicht, aber dieses Heben der Brauen hatte er schon einmal gesehen — an sich selber, vor ganz kurzer Zeit im Flurspiegel der Wohnung seiner Frau. Da hatte er sich angeblickt und bei sich gesagt:
    Ich bin machtlos, zwischen Emilie und mir geht alles nach seinen eigenen Gesetzen. Er war überrumpelt.
    »Wie geht es dir, Oskar?« fragte der alte Mann keuchend. Offenbar war sein Gesundheitszustand nicht gut.
    Und nun endlich überwand Oskar sich, auch in seinem Vater einen Menschen zu sehen, was er noch zur Teestunde bei der Schwester nicht vermocht hatte, und er umarmte ihn, küßte ihn auf die Wange und spürte die Stoppeln, und als seine Freunde Beifall klatschten, kamen ihm die Tränen.
    Kapitel 10
    Unter Artur Rosenzweig schärfte der Judenrat, der sich noch immer für die Wohlfahrt der Gettobewohner verantwortlich fühlte, der jüdischen Gettopolizei ein, daß sie sich als Diener am Gemeinwohl zu verstehen habe. Aufgenommen wurden fast nur junge Leute von einiger Bildung und etwas Feingefühl. Die SS betrachtete den Ordnungsdienst als Hilfspolizei, der Befehle entgegenzunehmen und auszuführen hatte, doch im Sommer 1941 hatten die meisten jungen Leute vom ÖD von sich eine andere Vorstellung.
    Es sei nicht verschwiegen, daß der OD-Mann, je länger das Getto bestand, um so mißtrauischer betrachtet wurde. Er galt als Kollaborateur. Einige OD-Männer hielten Kontakt zum Untergrund und sabotierten, wo immer möglich, das Regime, doch die meisten merkten wohl, daß ihr Schicksal und das ihrer Familien mehr und mehr davon beeinflußt wurde, wie eng sie mit der SS zusammenarbeiteten. So erschien den Anständigen der ÖD als korrupt, und die Schufte sahen in ihm eine willkommene Pfründe.
    Doch wie gesagt, in Krakau und in den ersten Monaten des Gettos hielt man den ÖD für ein notwendiges Übel. Leopold Pfefferberg mag als typisch für seine Mitglieder gelten. Als die jüdischen Schulen geschlossen wurden und auch die Kurse, die vom Judenrat organisiert worden waren, nicht

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