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Schindlers Liste

Schindlers Liste

Titel: Schindlers Liste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Keneally
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der DEF ihre kräftige Suppe aßen, erfuhr er weiter, daß Plaszow nicht nur als Arbeitslager diente, sondern daß hier auch Hinrichtungen vorgenommen wurden. Die Schüsse waren im ganzen Lager zu hören, einige Häftlinge hatten die Exekution aber auch gesehen, so etwa M., der vor dem Krieg in Krakau selbständiger Dekorateur gewesen war.
    Anfangs war er beauftragt worden, die kleinen Landhäuser zu dekorieren, welche längs des Feldweges an der Nordseite des Lagers standen und von SS-Angehörigen bewohnt wurden.
    Wie alle diese Handwerker konnte er sich freier bewegen als andere Häftlinge, und eines Nachmittags war er von der Villa des Untersturmführers Leo John zu der ehemaligen österreichischen Batteriestellung auf der Chujowa Gorka genannten Höhe hinaufgegangen.
    Unterwegs überholte ihn ein Lastwagen, auf dessen Ladefläche Frauen standen, bewacht von Ukrainern. M. versteckte sich hinter einem Holzstapel und sah, wie die Frauen in die Geschützstellung geführt wurden, wo sie der SS-Mann Edmund Zdrojewski erwartete, der ihnen befahl, sich auszuziehen. Als sie sich weigerten, schlugen die Ukrainer mit Peitschen auf sie ein.
    M. glaubte, daß es sich um Frauen handelte, die im Montelupich-Gefängnis gesessen hatten, offenbar Jüdinnen mit arischen Papieren, denn bevor sie erschossen wurden, stimmten sie das Schema Jisrael an. In der Nacht wurden sie von Ukrainern auf Schubkarren in den Wald jenseits der Anhöhe gebracht und verscharrt. Man hatte die Schüsse wohl im Lager gehört.
    Manche redeten sich ein, da oben würden Partisanen erschossen, unverbesserliche Marxisten oder übergeschnappte Nationalisten. Das da oben sei eine andere Welt. Wer sich innerhalb der Umzäunung folgsam verhalte, brauche da nicht hin. Aber die klarer denkenden von Schindlers Arbeitern wußten sehr wohl, warum die Gefangenen von Montelupich dort oben erschossen wurden, warum die SS es nicht für nötig hielt, Ankunft und Hinrichtung dieser Gefangenen vor den Insassen des Lagers Plaszow zu verbergen: Die Häftlinge galten nicht als künftige Zeugen. Hätte man mit einer Untersuchung, mit der Befragung von Zeugen gerechnet, man hätte die Frauen tiefer in den Wald geführt.
    *· Schindler kam zu dem Schluß, daß Chujowa Gorka keineswegs eine Welt für sich sei und mit Plaszow nichts zu tun habe, sondern daß alle im Lager ebenso wie die, die von außerhalb dorthin gebracht wurden, Todeskandidaten waren.
    Als Kommandant Göth eines Morgens vor die Tür seines Hauses trat und willkürlich einen Häftling erschoß, neigte man ebenfalls dazu, dies wie die Hinrichtungen auf der Hügelkuppe als Ausnahme zu betrachten, als etwas, das nicht zum normalen Lagerleben gehörte. Die Massenmorde auf dem Hügel wurden aber bald ebenso Teil des Alltags wie Göths morgendliche Schießübungen. Er pflegte nach dem Frühstück in Hemd, Stiefelhose und auf Hochglanz polierten Stiefeln vor seine temporäre Unterkunft zu treten (am anderen Ende des Lagers wurde eine geeignete Villa für ihn instand gesetzt). Als es wärmer wurde, verzichtete er auf das Hemd, denn er war ein Sonnenanbeter. In einer Hand hielt er ein Fernglas, in der anderen ein Gewehr mit Zielfernrohr. Durchs Glas beobachtete er die Arbeiter im Lager, im Steinbruch, an den Loren, die auf den Gleisen der Feldbahn direkt an seiner Haustür vorüberrollten. Die Zigarette nahm er dabei nicht aus dem Mund, wie es eben ein Mann tut, M.lebt jetzt in Wien, will nicht, daß sein Name genannt wird.
    der zu beschäftigt ist, sein Handwerkszeug niederzulegen. Er erschoß einen Häftling, der eine Lore schob. Warum gerade diesen, blieb unklar. Die anderen hielten vor Schreck inné und erwarteten ein Massaker. Er winkte sie aber nur ungeduldig weiter, wie um zu sagen, daß er mit ihnen im Moment durchaus zufrieden sei.
    Er verübte nicht nur Greueltaten an den Häftlingen, die im Lager arbeiteten, er brach auch eines der Versprechen, die er den Unternehmern gemacht hatte. Madritsch rief Schindler an und schlug vor, sie sollten sich gemeinsam darüber beschweren, daß durch die Maßnahmen des Kommandanten immer wieder Verzögerungen in der Produktion eintraten, weil Arbeiter auf dem Appellplatz festgehalten wurden. Verhängte Göth Kollektivstrafen über Barackenbelegschaften, Auspeitschungen, etwa einer gestohlenen Kartoffel wegen, so wurde diese vor allen angetretenen Häftlingen ausgeführt. Zweihundert Männern je 25 Hiebe zu versetzen, dauert seine Zeit. Es schlugen die Ukrainer, und die Häftlinge

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