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Schindlers Liste

Schindlers Liste

Titel: Schindlers Liste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Keneally
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Produktion gänzlich in seine Fabriken Podgorze und Tarnow zu verlegen, denn niemand verspürte noch Lust, in den Baracken von Plaszow neue wertvolle Maschinen aufzustellen.
    Die Besichtigung hatte gerade begonnen, als das Licht ausging, weil die Stromversorgung von Madritschs Baracken durch Freunde von Stern unterbrochen worden war. Die Besichtigung wurde beim Licht von Taschenlampen fortgesetzt, so heißt es, und es heißt ferner, daß alle diese Umstände dazu führten, daß das Lager nicht aufgelöst wurde und die Häftlinge von Plaszow gerettet waren.
    Allein hieraus erhellt der märchenhafte Charakter dieser Geschichte, denn tatsächlich wurde nicht ein Zehntel der Plaszower gerettet. Den Überlebenden erscheint es so, und für ihre Beurteilung Schindlers ist das ausschlaggebend. »Man darf nicht vergessen«, sagte einer, »daß Schindler nicht nur Deutscher war, sondern auch Tscheche. Er hatte viel von Schwejk an sich, und nichts machte ihm größeren Spaß, als Sand ins Getriebe zu streuen.«
    Man sollte nicht fragen, was eigentlich Göth zu alledem sagte, und auch nicht, ob Plaszow bestehen blieb, weil es einem umnebelten General Schindler bei dürftigem Licht noch kriegswichtig erschien oder weil es quasi als Abstellgleis vor der überfüllten Endstation Auschwitz seinen Nutzen hatte. Diese Geschichte jedenfalls sagt mehr über die Häftlinge in Plaszow und ihre an Schindler gerichteten Erwartungen aus als über das Lager Plaszow und das schreckliche Ende der meisten seiner Insassen.
    Und während SS und Rüstungsinspektionen noch erwogen, was mit Plaszow geschehen sollte, verliebte sich der junge Maler Josef Bau aus Krakau in Rebecca Tannenbaum. Bau arbeitete als Zeichner bei der Bauleitung des Lagers. Er war in Plaszow so etwas wie ein Flüchtling, denn er hatte nie die für das Getto notwendigen Papiere besessen. Man konnte ihn dort nicht als Arbeitskraft verwenden, und seine Mutter hielt ihn bei Freunden versteckt. Bei der Auflösung des Gettos im März 1943 schmuggelte er sich in eine Kolonne, die nach Plaszow abging. Anders als im Getto wurde hier gebaut, und das Baubüro befand sich in einem düsteren Bau, in dem auch der Kommandant sein Büro hatte. Bau fertigte Blaupausen an. Er war ein Schützling von Stern, der ihn auch Schindler empfahl als einen versierten Zeichner und möglichen Fälscher von Dokumenten.
    Zum Glück lief er dem Kommandanten nur selten über den Weg; er zeichnete sich nämlich durch jene echte Sensibilität aus, die Göth zur Pistole greifen ließ, wenn er ihr begegnete. Die Schreiber, deren Arbeitsplätze dem Büro des Kommandanten näher lagen, hatten Schlimmeres zu gewärtigen möglicherweise eine Kugel in den Kopf, ganz sicher aber von Zeit zu Zeit einen Schock.
    Mundek Korn, der für die Lagerwerkstätten Rohmaterial einkaufte, arbeitete auf dem Flur, an dem auch Göths Büro lag. Als er eines Morgens aus dem Fenster sah, erblickte er etwa zwanzig Meter entfernt einen Bekannten aus Krakau, einen etwa zwanzigjährigen Mann, der sein Wasser gegen einen Holzstoß abschlug. Und aus dem Augenwinkel sah er gleichzeitig einen Arm im weißen Ärmel sich durchs Fenster der an diesem Korridor gelegenen Toilette schieben, eine Pistole in der schweren Faust. Zwei Schüsse krachten, von denen mindestens einer den Jungen in den Kopf traf, dann wurde der Arm zurückgezogen. Vor Korn auf dem Tisch lagen von Göth unterzeichnete Schriftstücke.
    Nichts an der Handschrift ließ vermuten, daß der Schreiber wahnsinnig war. Korn blickte aus dem Fenster auf den Leichnam. Es lag eine gewisse Verlockung in dem Gedanken, den Tod als reine Routine zu akzeptieren, einem Mord nicht mehr Gewicht beizulegen als einem Gang zur Toilette: eine willkommene Abwechslung bei der langweiligen Schreibtischarbeit. Bau scheint derartiges nicht erlebt zu haben.
    Er war auch nicht von der Säuberung betroffen, die der Kommandant unter seinem Schreibstubenpersonal veranstaltete. Die nahm er vor, als sein Schützling Neuschel eines der Mädchen beschuldigte, eine Speckschwarte gestohlen zu haben. »Ihr werdet mir hier alle zu fett!« brüllte er und ließ sein Büropersonal in zwei Reihen antreten. Korn erinnerte das an die Vorbereitung zu einem Schulausflug ihr besichtigt die Denkmäler, die ändern gehen ins Museum. Nur gingen die jungen Frauen nicht ins Museum, sondern den Hang hinauf nach Chujowa Gorka und wurden dort niedergeschossen.
    In solche Dinge also war Bau nicht verwickelt, was nicht heißt, daß er ein

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