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Schismatrix

Schismatrix

Titel: Schismatrix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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doch hoffentlich gut.«
    Sie wich höflich aus. »Das kann ich nicht beurteilen. Es hat den Anschein, daß er glücklich ist. Darf ich für dich bestellen.« Sie tastete auf dem seitlich am Tisch angebrachten Keyboard die Ziffern ein.
    »Wieso ist es hier so kalt?«
    »Historisch bedingt. Mode. Dembowska ist eine alte Kolonie. Es hat einen Ökozusammenbruch gegeben. Es gibt hier noch Plätze, die ich dir zeigen könnte, an denen sich immer noch der blitzgefrorene Schimmel von den Wänden schält. Die übelsten Fäulnisarten haben sich einer geringen Temperaturschwankung angepaßt. Und wenn es so kalt ist wie jetzt, bleiben sie latent und inaktiv. Aber das ist nicht der einzige Grund.« Sie deutete auf das Fenster. »Auch das spielt dabei eine wichtige Rolle.«
    Lindsay blickte hinaus. »Was, das Schwimmbecken da?«
    Greta lachte höflich mit. »Das ist unser Extraterrarium, Bela.«
    »Ja, da brenn mir doch einer gleich...!« Er starrte hinaus.
    In der grob ausgehauenen Höhlung schwappte bis obenhin eine träge eisenrostfarbene Flüssigkeit. Anfangs hatte er es für Wasser gehalten. »Da drin halten sie ihre Ungeheuer«, sagte er. »Und diese Observationsblase - das ist der Carnassus-Palast, stimmt es?«
    »Ja, aber natürlich.«
    »Eigentlich ist er ja ziemlich klein.«
    »Es handelt sich um eine exakte Nachbildung des Observatoriums der Chaikin-Expedition. Selbstverständlich ist es nicht großräumig. Bedenke doch nur, was die Investoren für Gebühren verlangt haben, um das zu den Sternen zu transportieren. Carnassus hat einen sehr bescheidenen Lebensmodus, Bela. Ganz und gar nicht das, was der Ring-Sicherheitsdienst dir gesagt hat.«
    Jede Faser seines Diplomateninstinkts wollte Lindsay bremsen. Und es kostete ihn einige Mühe, sich darüber hinwegzusetzen. »Aber er hat doch zweihundert Eheweiber.«
    »Schau mal, Auditor, sieh uns doch einfach nur als sowas wie ein psychiatrisches Klinikpersonal. Die Vermählung mit Carnassus ist ein Arrangement des Sozialstatus. Dembowska ist auf ihn angewiesen, und er braucht uns.«
    Lindsay fragte: »Ob ich Carnassus mal vorgestellt werden könnte?«
    »Darüber müßte die Polizeichefin entscheiden. Aber wozu sollte das gut sein? Der Mann kann kaum sprechen. Es ist nicht so, wie man in den Ringen behauptet. Carnassus ist ein sehr verwirrter, sehr sanftmütiger Typ, dem man schwere Verletzungen zugefügt hat. Als seine Embassade erfolglos blieb, nahm er eine noch ungesicherte Droge ein. PDKL-95. Die sollte ihn halbwegs in die Lage versetzen, fremde Gedanken und Denkprozesse zu begreifen, aber es hat ihn nur zerstört. Er war ein tapferer Mann. Wir fühlen tiefe Sympathie für ihn. Der sexuelle Aspekt spielt dabei eine wirklich sehr untergeordnete Rolle.«
    Lindsay überdachte das. »Hm, ich verstehe. Bei zweihundert Mitbewerberinnen, und manche sicherlich Favoritinnen, kommt ja eine Kandidatin nur selten in die Verlegenheit ... Einmal im Jahr vielleicht?«
    Greta blieb ganz ruhig. »Ganz so selten denn doch nicht, aber du hast das Grundsätzliche anscheinend begriffen. Ich will keineswegs die Wahrheit verschleiern, Bela. Carnassus ist nicht unser Beherrscher; er ist der Ursprung unseres Lebens. Der Harem beherrscht Dembowska, weil wir um Carnassus aufgebaut sind, und wir sind die einzigen, mit denen zu sprechen er sich herabläßt.« Wieder lächelte sie. »Und, nein, wir haben hier kein Matriarchat. Wir sind keine Mütter. Wir sind die Polizei .«
    Lindsay blickte durch das Fenster. Ein Tropfen fiel und bewirkte einen Kreisel. Es war flüssiges Äthan. Dicht hinter dem thermoisolierten Metaglas schwappte der nördliche Pfuhl, der sofort den Tod bedeutet hätte mit seinen 180 Grad Celsius unter Null. In diesem rötlichen Tümpel würde man in Sekundenschnelle zu einer aufgequollenen starren Masse gefrieren. Und plötzlich wurde es Lindsay klar, daß die grauweißen Gesteinsmassen am Ufer des Tümpels zu Eis erstarrtes Wasser waren.
    Etwas tauchte auf und strebte dem Ufer zu. In dem trüben bläulichen Äthanlicht durchstieß ein Etwas die Oberfläche, das aussah wie ein sperriges Gestrüpp zerknickter Zweige. Die Bewegungen der Kreatur waren sogar in der schwachen G-Kraft des Asteroiden von glazialer Trägheit. Lindsay wies mit dem Finger darauf.
    »Das ist ein Meeresskorpion«, sagte Greta. »Ein Eurypteroid {8} , um ihm seinen korrekten zoologischen Namen zu geben. Er geht den Klumpen da am Strand an. Der schwärzliche Schlick - das ist vegetativ.« Ein weiteres Stück des

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