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Schismatrix

Schismatrix

Titel: Schismatrix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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Beutejägers glitt mit der Langsamkeit eines Paralytikers aus der dünnen Flüssigkeit. Das Gezweig enthüllte sich nun als korbartige verzahnte Vorderpranken, die ineinanderfuhren wie die Zähne eines Sägeblatts. »Die Beute sammelt Kraft, um zu springen. Das wird ein Weilchen dauern. Nach dem Maßstab des hiesigen Ökosystems handelt es sich um eine Blitzattacke. Aber schau dir nur das Ausmaß des Kephalothorax {9} von dem Biest an, Bela.«
    Der Meeresskorpion hatte das breite schildförmige Prosoma {10} aus dem Wasser geschoben; der krebsgestaltige Kopfleib war einen halben Meter breit. Hinter den rhomboiden Facettenaugen folgte der lange sich verjüngende Hinterleib des Tieres, der in einem Panzer von überlappenden Querringen steckte. »Es ist drei Meter lang«, sagte Greta, als der Servorobot den ersten Gang auftischte. »Viel länger, wenn du den Schwanzstachel mitrechnest. Eine ganz nette Größe für einen Invertebraten, so ganz ohne Rückenwirbel. Iß doch ein bißchen Suppe.«
    »Ich muß mir das anschauen.« Die vorgestreckten Klauen schlossen sich um die Beute mit der gemächlichen Bestimmtheit einer hydraulischen Tür. Plötzlich peitschte das erbeutete Geschöpf quallig in die Luft und landete spritzend im Tümpel.
    »Das springt aber schnell!« sagte Lindsay.
    »Wenn man springt, gibt es nur ein Tempo.« Greta Beatty lächelte. »Ein physikalisches Prinzip. Iß mal ein bißchen. Da, nimm eine Baguette!« Aber Lindsay vermochte den Blick nicht von dem Eurypteroiden zu lösen, der mit verzahnten Klauenfängen träge und anscheinend erschöpft dalag. »Das Viech tut mir leid«, sagte er.
    Greta bewahrte ihre fröhliche Geduld. »Bela, ich bin als ein Ei hierhergekommen. Ich bekam nicht diese gewaltigen Brotstangen als Nahrung. Da hält Carnassus nämlich ganz schön den Daumen drauf. Damals war er der Exobiologe der Gesandtschaft.«
    Lindsay probierte ein wenig von der Suppe vermittels des gleitenden Fangbechers, der als Löffel in dieser geringen Schwerkraft diente. »Du scheinst sein wissenschaftliches Interesse zu teilen.«
    »Jede Person in Dembowska ist an dem Extraterrarium interessiert... Lokalstolz sozusagen. Natürlich ist das Touristikgeschäft nicht mehr so gut wie früher, seit der InvestorenFrieden zusammengebrochen ist. Wir machen das durch Flüchtlinge und Asylanten wett.«
    Lindsay blickte trübselig in den Tümpel. Die Speisen vor ihm waren hervorragend zubereitet, aber ihm hatte es den Appetit verschlagen. Der Eurypteroid machte eine schwache Bewegung. Lindsay dachte an die Statue, welche die Investoren ihm geschenkt hatten, und fragte sich, wie wohl die Exkremente dieses Tieres aussehen mochten.
    An dem Tisch, an dem Wells saß, brach lautes Gelächter aus. »Ich will kurz mit ihm reden«, sagte Lindsay.
    »Überlaß das besser mir«, sagte sie. »Wells hat Shaper-Kontakte.
    Da kann dann leicht etwas bis zum Ring Council zurück durchsickern.« Sie schaute sehr ernst drein. »Du wirst doch nicht deine Deckidentität riskieren wollen, noch bevor sie so richtig aufgebaut ist.«
    »Ihr traut also Wells nicht?«
    Sie hob die Schultern. »Das soll nicht deine Sorge sein.« Ein weiterer Gang erschien auf ihrem Tisch, herangeschleppt von einem quietschenden Roboter in Velcro-Pantoffeln. »Ich finde diese uralten Servos hier bezaubernd, du nicht auch?« Sie quetschte ihm eine dickliche Cremesauce über eine Fleischpastete und reichte ihm den Teller. »Ach, Bela, du stehst unter Streß. Du mußt essen. Dann schlafen. Eine Sauna. Die angenehmen Seiten des Lebens genießen. Du wirkst ein bißchen genervt und kribbelig. Entspann dich doch!«
    »Ich leb immer auf der Kante und in Hochspannung«, sagte Lindsay.
    »Jetzt aber nicht mehr. Jetzt bist du bei mir. Also, iß schon ein bißchen, damit ich sicher bin, daß du dich in Sicherheit fühlst.«
    Um ihr den Gefallen zu tun, biß Lindsay in die Pastete. Sie schmeckte köstlich. Sein Appetit kehrte zurück.
    »Ich habe soviel zu tun«, sagte er, während er das Verlangen unterdrückte, das Essen runterzuschlingen.
    »Und du meinst, daß du das alles besser erledigen kannst, ohne zu essen und zu schlafen?«
    »Da hast du wahrscheinlich recht.« Er blickte vom Teller auf. Sie reichte ihm die Soßenbirne. Während er sich mehr Soße auf den Teller spritzte, reichte sie ihm ein Schnaupenweinglas. »Probier mal unseren heimischen Claret!« Er nahm prüfend einen Schluck. Es schmeckte so gut wie ein reifer Synchronis aus den Ringen. »Da hat sich jemand

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