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Schiwas feuriger Atem

Schiwas feuriger Atem

Titel: Schiwas feuriger Atem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford , William Rotsler
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Stimmen. Goldene Lichtstreifen flimmerten in der Kabine auf.
    »So«, sagte Jagens, »jetzt sind wir ungefähr auf Position. Meldung, Alpha II!«
    »Wir sind euch auf den Fersen, Carl«, sagte Diego, »etwa zweihundertfünfzig Meter von eurem Heck und fünfzig darüber.«
    »Halten Sie sich an die Funkverkehrsvorschriften, Colonel Calderon«, erwiderte Jagens kühl. »Wo ist Bolschoi, General?«
    »Das Signal ist schlechter zu hören als wir annahmen«, antwortete der Russe gepreßt. »So viel Staub haben wir nicht erwartet.«
    Jagens sah aus dem Bullauge. Der Staub war wie dicke Suppe, und dabei glitzernd und wirbelnd. Die größeren Steine warfen breite Schattenstreifen durch die Schichten schimmernder Staubpartikel: Jagens mußte an Fischschwärme in den Tiefen des Meeres denken. Nur hundert Meter weiter blockte etwas Riesiges alles Licht ab. Schiwa.
    Ein schwarzer Fels, der das halbe Universum auszufüllen schien. An diesem stummen Antlitz mußten sie sich einen unsicheren Schutz suchen. Bolschoi sollte an der anderen Seite Schiwas detonieren. Hier waren sie also vor der Strahlung am besten geschützt. Für einen kurzen Augenblick kam in Jagens’ diszipliniertem Hirn die Angst hoch, die alle Astronauten dieses Unternehmens hatten: daß es ein Selbstmordkommando war, daß Schiwa sie nicht vor dem wirbelnden Chaos schützen würde, das in seiner staub- und steinerfüllten unmittelbaren Nähe ausbrechen mußte. Sie hatten es sich alle versagt, daran zu denken. Das mußten sie auch, sonst hätten sie wahrscheinlich gar nicht weitermachen können.
    Die Berechnungen des Studienteams wiesen aus, daß sogar Bolschoi nicht imstande war, Schiwa zu zerschmettern; also würden seine Trümmer wenigstens nicht wie ein Hagel auf Alpha fallen. Wenigstens nicht direkt. Doch wer wußte, was geschehen würde, wenn dieser Schwarm, der seit Äonen durch den Raum flog, in der Explosion auseinandergerissen wurde? Die durch Bolschoi bewirkte Ablenkung reichte aus, um Schiwa möglicherweise in Sekundenschnelle in eins der Alpha-Schiffe zu rammen. Deshalb waren Bordnavigation und Strahler so programmiert, daß sie Schiwas neuen Vektor augenblicklich kompensierten, und zwar schneller, als es jeder Pilot hätte tun können.
    Eine Fliege, die einem Felsbrocken ausweicht, dachte Jagens. Und sie mußten es schaffen, ohne einen brauchbaren visuellen Fixpunkt zu haben. In diesem Staub war alles mehr oder weniger verschwommen. Navigationswichtige Sterne waren verdunkelt oder nur verzerrt sichtbar.
    »Die Astronomen haben doch gesagt, wir würden hier etwas sehen können«, sagte der Russe.
    »Nichts ist jemals so genau, wie man es sich vorher gedacht hat. Haben wir alles unter Kontrolle, General?«
    »Ja, Captain, das haben wir.«
    »Und die anderen Geschosse, Alpha II?«
    »Gleichfalls, Captain Jagens«, antwortete Issindo.
    »Omega I, hören Sie mich?«
    »Alpha I, wir hören Sie, aber unterschiedlich, Carl.«
    »Achtung! Bolschoi kommt in siebzig Sekunden.«
    Niemand antwortete. Es war auch nichts zu sagen. General Menschow beobachtete aufmerksam den Lichtpunkt, der Bolschoi war, auf seinem Radarschirm. Auf dem nächsten Schirm standen die programmierte Flugbahn und der angenommene Detonationspunkt; darüber verlief die tatsächliche Flugbahn. Bis jetzt waren beide Linien identisch.
    In der engen Kapsel von Alpha I herrschte tiefes Schweigen. Die mechanischen Systeme murmelten und klickten. Die Männer konnten das unter ihren Helmen nicht hören, doch spürten sie die leichten Vibrationen.
    Ping! Ping! Partikel aus Schiwas Schwarm prallten vom Schiff ab. Bonk! Tink! Die Männer merkten es nicht. Ihre Augen hingen an der dunklen Oberfläche des fliegenden Berges aus Stein und Eisen, nur ein paar hundert Meter vor ihnen. Sie hielten Schritt mit ihm, nur ein wenig hinter und seitlich von ihm, direkt gegenüber der vorgesehenen Aufschlagzone.
    Jagens merkte nicht, daß er den Atem anhielt. Er sog noch mehr Luft ein, behielt sie unbewußt bei sich, wartete.
    Zwischen dem Eintritt Bolschois in den äußeren Rand des Schiwa-Schwarms und der Detonation lagen nur Sekundenbruchteile. Für einen Menschen wäre es unmöglich gewesen, die Detonation genau im richtigen Zeitpunkt auszulösen. Das konnte nur der sorgfältig programmierte Bordcomputer.
    Menschow gab Bolschoi das letzte Kommando, indem er die endgültigen Navigationsdaten einfütterte. Jetzt war Bolschoi selbständig. Die Besatzungen beider Schiffe bereiteten sich auf die gefährliche

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