Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schlaf in himmlischer Ruh

Schlaf in himmlischer Ruh

Titel: Schlaf in himmlischer Ruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
Vom Netzwerk:
in
seine Geschichte hineinzuziehen.
    Wenn der Mörder außerdem ein Partygast
war, mußte er oder sie sicherlich Verstand genug gehabt haben, ausreichend
lange zu bleiben, um allen Verdacht auszuräumen. Jemima hätte beträchtliche
Zeit gebraucht, die Tür aufzuschließen und sich einen Weg durch die
verschiedenen Zimmer zu bahnen, und es hätte nicht länger als drei Minuten oder
so gebraucht, hinter ihr her zum Backsteinhaus zu kommen und dabei die Menge
als Schutz zu benutzen. Man hätte nur zu sagen brauchen: »Ich bin gekommen, um
dir zu helfen«, warten müssen, bis sie sich umdrehte, sie niederschlagen, dann
die Szene stellen und weggehen. Jemand, der von Tequila und Kirschlikör
beschwingt war, hätte es vielleicht für schlau gehalten, die Murmeln zu
verstreuen, aber vergessen, einen verräterischen Schlüssel bei der Leiche zu
hinterlassen.
    Und doch konnte Shandy sich nicht
vorstellen, wie es jemand hätte schaffen können, mit diesem überdimensionalen
Körper bei hochgezogenen Rollos und Touristen, die an den Scheiben klebten,
durch sein Wohnzimmer turnte, oder warum es jemand hätte versuchen wollen. Es
wäre so viel leichter gewesen, sie gleich hier im Gebüsch zu töten.
    Sein Weg führte direkt zu einer
riesigen Hecke zwischen den Dysarts und dem Haus, das tatsächlich das erste auf
dem Crescent war. Der alte Dr. Enderble hatte die Büsche nie trimmen wollen,
weil hier viele Vögel und Kleintiere nisteten und brüteten, und so waren die
Büsche im Laufe vieler Jahre zu einem dichten Gestrüpp zusammengewachsen. Ab
und zu schlich sich Mrs. Enderble mit ihrer Nähschere in der Schürzentasche
hinaus und knipste ein paar wirklich lästige Zweige ab. Als die Dysarts vor ein
paar Jahren das Nachbargrundstück gekauft hatten, hatte Bob ungeachtet der
nachbarlichen Proteste wilde Attacken gegen die wuchernden Büsche geführt. Dann
fand er heraus, daß die Enderbles von allen aus der Stadt verehrt wurden, und
erklärte, daß er nur totes Holz herausgeschnitten hätte, um den neuen Wuchs zu
beschleunigen. Das hatte er bestimmt getan. Man hätte keine Mühe, eine Leiche
in diesem Dickicht zu verstecken, dachte Shandy.
    Vielleicht wäre es aber doch nicht so
leicht gewesen, wenn man gewollt hätte, daß die Leiche nicht sofort gefunden
würde. Nicht wenige Partygäste mußten diesen Trampelpfad beim Kommen und Gehen
benutzt haben. Das hatten wahrscheinlich auch einige der Touristen und
vielleicht sogar einer oder zwei dieser aufdringlichen Wichtel, obwohl sie
gehalten waren, sich von Privatgrundstücken fernzuhalten. Es wurde nie völlig
dunkel, nicht einmal hier, wo der weiße Schnee hunderte und aberhunderte bunter
Lichter vom ganzen Crescent reflektierte. Jedenfalls hätte John Enderble nicht
umhingekonnt, diesen grellroten Umhang zu bemerken, als er im Morgengrauen
herauskam, um nach seinen Vogelringen zu schauen.
    Wie hätte man hier draußen außerdem
einen plausiblen Unfall Vortäuschen können? Es gab keinen großen Stein oder
Baumstumpf oder Zaunpfahl am Pfad, an dem sie sich scheinbar hätte den Kopf
einschlagen können. Man hätte sie nicht ins Gebüsch schleifen können, ohne eine
Spur zu hinterlassen, und die Show wäre geplatzt.
    Shandy konnte immer noch nicht sagen,
ob jemand Jemima im Affekt erschlagen und dann die Szenerie arrangiert hatte,
aber er neigte mehr und mehr zu der Ansicht, daß das Verbrechen im voraus
geplant gewesen war. Aber warum Jemima Ames töten? Natürlich mußte jeder in
Balaclava Junction, bis vielleicht auf Mary Enderble, die Vorstellung ab und zu
gehegt haben, aber war es wirklich möglich, lange genug wütend auf die Frau zu
bleiben, um sie umzubringen? Ihre Methoden konnten jeden zur Verzweiflung
treiben, aber ihre Motive waren immer die besten. Selbst die Lichterwoche war
eine wertvolle Sache, wie der Professor sich immer wieder klarmachen mußte. Die
Agonie war bald vorbei, aber das Geld, das sie einbrachte, würde noch
monatelang Gutes bewirken.
    Nun, hier gab es ein Motiv zu bedenken.
Hatte Jemima herausgefunden, daß jemand sich zu mehr als einem gerechten Anteil
am Ergebnis der Lichterwoche verhalf? Die Organisation war angeblich recht
narrensicher, aber mit so vielen Leuten bei so einer unkontrollierbaren
Geschichte mußte es Schlupflöcher geben. Ben Cadwall als Finanzchef hätte es
gewußt. Hannah Cadwall ohne Zweifel desgleichen, und Hannah war Jemimas
Busenfreundin. Konnte jemand von ihnen eine Unterschlagung aufgedeckt und den
anderen nichts davon gesagt

Weitere Kostenlose Bücher