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Schlaf in himmlischer Ruh

Schlaf in himmlischer Ruh

Titel: Schlaf in himmlischer Ruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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versuchen.
     
     
     

Sechzehntes
Kapitel
     
     
     
     
     
     
     
    D as Glück war ihm hold. Er traf Helen
genau vor der Tür der Mensa. Sie war allerdings auf dem Rückweg zur Bibliothek.
    »Ich wage nicht, mit Ihnen
zurückzugehen, Peter. Ich habe eine kräftige kleine Lektion über Pünktlichkeit
erhalten. Dr. Porble erwartet, daß ich ein Beispiel gebe.«
    Sie betrachtete sein Gesicht. »Es ist
etwas Schlimmes, nicht wahr?«
    »Sehr schlimm. Ich ging zu Ben Cadwall,
um ihn zu beschuldigen, meinen Hausschlüssel aus dem Wachbüro gemopst zu haben,
und fand ihn tot an seinem Schreibtisch.«
    »Oh nein! War es —?«
    »Ich glaube ja. Dr. Melchett auch,
obwohl ich so eine Ahnung habe, daß er sich nicht geweigert hätte, einen
Totenschein zu unterschreiben, wenn ich ihm nicht dazwischen gekommen wäre.
Meine persönliche Vermutung: Taxinvergiftung.«
    »Taxin? Das stammt von der Eibe, nicht?«
Helen zog den Saum ihres hellblauen Mantels instinktiv von den Büschen weg, die
den Weg säumten. »Wie wirkt es?«
    »Ben würde gedacht haben, daß er etwas
am Magen hätte. Er wäre vielleicht zur Toilette gegangen und hätte sich
übergeben. Dann wäre er, ganz Ben, zurückgekrochen, um seinen Schreibtisch
aufzuräumen, bevor er nach Hause gegangen wäre. Wenn er gemerkt hätte, wie
krank er wirklich war, wäre er zu schwach und kurzatmig gewesen, um Hilfe
herbeizurufen. Dann wäre er ins Koma gefallen, und das wär’s gewesen.«
    »Sie haben eine sehr niedliche Art, das
auszudrücken.« Sie schauderte und versuchte, den dünnen Mantel enger um ihren
Körper zu ziehen. »Was passiert jetzt?«
    »Sie haben gottseidank die
Staatspolizei eingeschaltet. Sie machen Aufnahmen. Hannah Cadwall ist einkaufen
oder so etwas. Zumindest hoffe ich inständig, daß sie es ist. Wir haben sie
nicht erreichen können.«
    »Ich würde mir keine Sorgen machen.
Wahrscheinlich klappert sie die nachweihnachtlichen Sonderangebote ab. Sie
gehen besser eine heiße Suppe essen oder so etwas.« Helen zögerte. »Peter,
würden Sie den Geschmack von Taxin erkennen?«
    »Falls jemand meine Suppe damit würzt,
meinen Sie?« Er versuchte zu lächeln. »Ach ja, ich meine doch. Es ist sehr
bitter, glaube ich. Nichts, was ich freiwillig schlucken würde.«
    »Wie hat es dann dieser Cadwall
eingenommen?«
    »Ben war ein leidenschaftlicher
Hypochonder. Ständig verabreichte er sich irgend etwas. Er nahm an, wenn etwas
gräßlich schmeckte, müsse es gut für ihn sein.«
    »Ich vermute, das wußten alle hier.«
    »Oh ja. Der nachbarliche Aspekt drängt
sich geradezu auf.«
    Shandy rieb sich die Augen. Helen legte
eine Hand auf seinen Mantelärmel.
    »Gehen Sie jetzt was essen, Peter.
Kommen Sie nach meiner Arbeit herüber, und trinken Sie was von Ihrem Sherry, wenn
Ihnen danach ist.«
    »Mir wird danach sein. Wie kommen Sie
voran?«
    »Fürchterlich. Er hat zwei Burschen
angestellt, die im Buggins-Raum Sachen herumschmeißen, und mich an den
Auskunftstisch gefesselt, um Statistiken über Schweineproduktion
herauszuschreiben. Ich bin so frustriert, daß ich speien könnte.«
    »Dann sehen Sie zu, daß Sie nicht in
Porbles Richtung speien. Glauben Sie, daß Sie um fünf Uhr draußen sind?«
    »Sagen wir Viertel nach. Ich würde Sie
ungern draußen in der Kälte stehen lassen, nach allem, was Sie durchgemacht
haben.«
    Shandy, der sich etwas besser fühlte
als vor ein paar Minuten, ging zum Mittagessen hinein. Es war schon recht spät
für die Fakultätsleute. Kaum jemand war im Eßsaal außer Professor Stott, dem
Schweine-Experten, für den Helen diese unangenehme Aufgabe durchführen mußte,
und eine etwas lärmige Versammlung an einem der großen, runden Tische in der
Mitte des Raumes, die aus Ingenieurlehrkräften und Gehilfen vom Kraftwerk
bestand. Dysart war dabei und führte wie gewöhnlich das große Wort in einem
technischen Jargon, der für jeden, der nicht zur Gruppe gehörte, genausogut
Kauderwelsch hätte sein — können und Shandy eine legitime Ausrede gab, sich
ihnen nicht anzuschließen.
    Stott war für niemanden eine Bedrohung
der Privatsphäre. Er war auf seine Art ein auskömmlicher Mann, aber mit Herz,
Leib und Seele der Schweinezucht verschrieben. Er sah sogar aus wie ein
Schwein, mit einem großen, blassen Gesicht, einer Himmelfahrtsnase und kleinen
Augen in tiefen Ringen aus festem, gesundem Fett. Er aß viel, langsam und
konzentriert und war sich ohne Zweifel nicht bewußt, daß ein Kollege den Raum
betreten hatte. Shandy wollte

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