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Schlaf in himmlischer Ruh

Schlaf in himmlischer Ruh

Titel: Schlaf in himmlischer Ruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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riskierte, oder als Chauvinistenschwein bleiben
sollte, wo ich war. Ich wählte die Schweinerei, mit allem schuldigen Respekt
vor unserem gelehrten Kollegen«, fügte er mit einer höflichen Verbeugung gegen
den unaufmerksamen Professor Stott hinzu.
    »Sonst noch jemand?«
    »Professor Feldster ärgerte mich, weil
er über meine Schulter nach der Sahne grapschte. Du kennst seinen
Kantinengriff. Ich bin sicher, daß noch andere in der Nähe waren, weil sie das
immer sind, aber ich könnte nicht sagen, wer.«
    »Hat irgend jemand mit dir geredet,
dich irgendwie abgelenkt?«
    »Das nehme ich an. Das tut immer irgend
jemand. Bittet um den Zucker oder was auch immer. Ehrlich, Bob, ich kann mich
einfach nicht erinnern. Du weißt, daß ich frühmorgens nie besonders auf Draht
bin.«
    »Ja, das weiß ich wohl, und es würde
mich nicht überraschen, wenn es auch andere Leute wüßten. Pete, mache ich aus
einer Mücke einen Elefanten?«
    Der junge Assistent unterbrach: »Bob,
du glaubst doch nicht, daß etwas in dem Kaffee war, den ich dir eingeschenkt
habe?«
    »Ich glaube gar nichts, Ned. Ich halte
nur bestimmte Fakten fest. Cadwall stirbt plötzlich ohne augenfälligen Grund.
Ich habe ihm meinen Kaffee gegeben. Oder eher du.«
    »Beschuldigst du mich?«
    »Mein Gott, nein! Das ist das letzte,
woran ich dächte. Wenn du mich hättest töten wollen, was natürlich deine
Beförderungschancen erhöht hätte, hättest du die Tasse wohl eher
fallengelassen, statt sie Cadwall zu geben. Und du konntest sie nicht für ihn
bestimmt haben, weil du nicht wußtest, daß man dich bitten würde, sie an seinem
Tisch zu lassen, bevor du mit beiden Händen voll hierher zurückkamst. Aber denk
es mal zu Ende, Ned. Am Kaffeespender war ein Gedränge. Die Leute griffen nach
den Sachen. Alle waren entweder halb im Schlaf oder redeten mit ihrem
Nebenmann. Wer zum Teufel hätte bemerkt, wenn jemand etwas in eine Tasse fallen
ließ? Ich sage nicht, daß es passiert ist. Ich sage nur, daß es möglich ist.«
    »Aber wenn er die falsche Tasse
erwischt hätte? Mein Gott, ich hätte das Zeug selber trinken können!«
    »Gebrauch deinen Verstand. Deine hatte
Flecken am Rand. Natürlich mußte die saubere für mich sein. Es war narrensicher
und verdammt schlau.« Dysart kritzelte etwas auf die Rechnung, warf Geld auf
den Tisch und erhob sich. »Nur, daß es natürlich alles Blödsinn ist. Bis
später, Pete.«
    Alleingelassen aß Shandy weiter seinen
Eintopf, auf den er keinen Appetit hatte. Hatte Dysarts Theorie irgendeinen
Wert? Es war typisch für den Mann, nach jeder Chance zu grapschen, sich ins
Rampenlicht zu stellen. Trotzdem war es keine unmögliche Annahme.
    Die meisten Leute vom College, selbst
solche wie die Jackmans, die darauf bestanden, mit der Familie zu frühstücken,
hatten die Angewohnheit, auf dem Weg zur Arbeit in der Fakultätsmensa
vorbeizuschauen. Von halb acht bis fast neun Uhr war der Saal mit Sicherheit
überfüllt, insbesondere während der Ferienzeit, in der alle, die sonst zu
frühen Vorlesungen geeilt wären, Gelegenheit hatten, zu trödeln und zu
plaudern. Hier war es, wo alle Neuigkeiten und ein Großteil der Gerüchte in
Umlauf gebracht wurden. Das Arbeitstier Cadwall und der Partylöwe Dysart ließen
nie einen Morgen aus. Wenn jemand einen der beiden mit einem langsam wirkenden
Gift füttern wollte, war dieser Ort besser als jeder andere.
    Shandy wußte nicht, ob starker
schwarzer Kaffee den bitteren Geschmack des Taxins überdecken könnte.
Vielleicht wäre es möglich, wenn der Kaffee schlechter als normal wäre, und das
war durchaus denkbar, da die Kellnerinnen ebenso wie die Köche während der
Lichterwoche doppelte Arbeit leisteten. Wenn er nicht mit Helen gefrühstückt
hätte, wüßte er es jetzt. Ein gewissenhafter Detektiv hätte sich vielleicht
schämen sollen.
    War wirklich jemand mit Gift in der
Tasche in den Speisesaal gegangen, hatte absichtlich Cadwalls Kaffee
verschüttet und die glückliche Chance ergriffen, die Tasse zu impfen, die Ned
für Dysart eingeschenkt hatte, nachdem sie zu dem Finanzchef umgeleitet worden
war? So widersinnig sich das anhörte — die Szene war immer noch nicht so
unvorstellbar wie die, daß jemand Dysart hätte vergiften wollen und sich dann
hingesetzt und zugesehen hätte, wie ein anderer das tödliche Gebräu trank.
Konnte irgendeiner ihrer Kollegen so unmenschlich sein?
    Möglicherweise, nahm Shandy an, wenn
der Mörder keine Chance sah, Cadwall die Ersatztasse abzunehmen,

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