Schlaf in himmlischer Ruh
allein. Allein.«
Hannah sagte kein Wort mehr, bis sie in
dem Haus waren, das sie so lange Jahre mit Ben Cadwall geteilt hatte. Shandy
nahm ihr den Mantel ab und führte sie zum größten Sessel in dem adretten,
charakterlosen, irgendwie tristen Wohnzimmer.
»Das war sein Sessel. Die Kinder haben
ihn Ben zum Vatertag geschenkt. Sie haben ihn als Sonderangebot im Kaufhaus
gekriegt. Jetzt gehört er mir, nehme ich an.«
Sie strich mit den Händen über die
glatten braunen Vinyllehnen, wie um sich zu vergewissern, daß das Möbel da war.
»Ben hat mir alles hinterlassen, wissen
Sie, für den Rest meines Lebens. Ich kann es behalten oder verkaufen, ganz wie
ich will. Das ist eine Sache, die man ihm anrechnen muß. Mit ihm zu leben,
konnte die Hölle auf Rädern sein, aber er hat nie ein Versprechen
zurückgenommen. Er sagte, er würde für mich sorgen, und das hat er getan. Ich
bekomme die Versicherung und das Gesparte und die Wertpapiere und das Geld für
das Haus. Ich werde es verkaufen, sobald ich kann. Ich könnte hier nicht wohnen
bleiben, selbst wenn das College es erlauben würde. Ich bin Balaclava und alle,
die hier wohnen, sowieso satt.
Stellen Sie das Thermostat hoch, Peter.
Ben bestand immer darauf, es auf 17 Grad zu lassen. Ich werde irgendwohin
ziehen, wo ich mich nicht den ganzen Winter zu Tode frieren muß. Wieviel werde
ich wohl von der Pensionskasse bekommen? Es muß etwas kommen, nicht wahr, auch
wenn es nicht so viel ist, wie wenn er fünfundsechzig geworden wäre? Aber wer
wird es mir geben? Ben hat immer die Pensionsschecks unterschrieben, und er ist
tot. Peter, Sie müssen für meine Rechte einstehen.«
»Ich bin sicher, es wird keine Probleme
geben, Hannah. Der Schatzmeister wird einfach einspringen, bis man einen neuen
Finanzchef findet.«
»Ach, der alte Dummkopf. Ben sagte
immer, er tauge soviel wie eine alte Henne, obwohl er mich umgebracht hätte,
wenn er gewußt hätte, daß ich es weitersage. Ben dachte immer, er hätte den Posten
bekommen sollen, obwohl er nicht glücklich dabei gewesen wäre. Ben war ein Mann
für Kleinigkeiten. Er hatte gern überall seine Finger drin, und es machte ihm
Spaß, alles zu wissen, was passierte. An meinem Bennie ist nicht viel
vorbeigegangen, das kann ich Ihnen sagen.«
»Das war auch mein Eindruck«, sagte
Shandy vorsichtig. »Sagen Sie, Hannah, hatte Ben die Angewohnheit, diese, eh,
Geschehnisse mit Ihnen zu erörtern?«
Sie zuckte die Schultern. »Ja und nein.
Natürlich haben wir über Sachen gesprochen. Was meinen Sie denn? Wir konnten
doch nicht rumsitzen und uns anstarren wie ein paar Schaufensterpuppen. Das
Dumme war, daß er mich immer davor warnte, irgendwas weiterzusagen, und da
wagte ich es natürlich nicht, weil es mit Sicherheit direkt zu ihm zurückgekommen
wäre. Wenn dann mal ein Gerücht entstand, wie es früher oder später immer
passiert, das wissen Sie ja, beschuldigte er mich, wo ich doch keinem Menschen
ein Wort gesagt hatte.«
»Nicht einmal Jemima?«
»Sie wäre die letzte gewesen. Ich bin
nicht diejenige, die ihre eigene tote Freundin schlechtmacht, aber wenn man je
einen Wettbewerb für das größte Mundwerk in Balaclava veranstaltet hätte, hätte
sie mit links gewonnen. Ben war nicht wie sie. Er konnte einem die Hucke
vollschwatzen, aber er sagte nie etwas, was er einen nicht wissen lassen
wollte. Selbst vor mir wurde er manchmal stumm und bekam dieses mysteriöse
Schmunzeln. Er saß immer da drüben im Sessel und brütete ein neues Geheimnis
aus, und Gott ist mein Zeuge, Peter: Es gab Zeiten, da hätte ich diesen
Feuerhaken nehmen und ihm um den Hals biegen können. Eigentlich bin ich
erstaunt, daß er eines natürlichen Todes gestorben ist.«
Hannah blinzelte. »Apropos, Sie haben
mir noch nicht gesagt, woran er gestorben ist. War es ein Herzinfarkt? Peter,
warum starren Sie mich so an? Was war es?«
»Ich kann es Innen nicht sagen, Hannah.
Es gab keine, eh, äußeren Anzeichen.«
»Haben Sie nicht den Arzt gerufen?«
»Doch, natürlich. Dr. Melchett konnte
sich keine Meinung bilden.«
»Was soll das heißen? Wollte er keinen
Totenschein ausstellen? Ausgerechnet Dr. Melchett? Peter Shandy, hören Sie auf,
um den heißen Brei herumzureden, und sagen Sie mir, was mit meinem Mann
passiert ist.«
»Ich weiß es nicht, Hannah. Persönlich
bin ich der Ansicht, was auch immer das wert ist, daß er vielleicht irgendwie
vergiftet worden ist.«
»Oh mein Gott! Sie werden sagen, ich
habe es wegen des Geldes
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