Schlaf süß im tiefen Grabe: Kriminalroman (German Edition)
einen vernichtenden Blick zu.
»Ich werde ihm kein Haar krümmen«, sagte er, doch es hörte sich an, als wollte er sich über Böttger lustig machen.
»Gut, dann haben wir uns ja verstanden.«
Auf dem Weg zurück zum Auto warf Böttger nochmals einen Blick zur Scheune. Er blieb stehen. Irgendetwas stimmte da nicht. Das sagte ihm sein Gefühl. Er fixierte die Dunkelheit hinter den Butzenscheiben. Ihm war, als bewegte sich dort etwas. Das war keine Katze.
Harald hatte das Eisentor erreicht. Er drückte es auf.
»Jetzt komm schon, Jens. Wo bleibst du?«
Böttger spürte die Blicke von Wolfgang Blank im Rücken. Er wandte sich schließlich von der Scheune ab und folgte seinem Kollegen nach draußen.
Der weiße Lieferwagen rollte den Schotterweg herunter. Ein dunkler Passat kam ihm entgegen. Er erkannte sofort, wer da hinterm Steuer saß. Es war der Leiter der Mordkommission. Die Polizei hatte dem alten Blank einen Besuch abgestattet. Doch offenbar hatten sie dabei nichts Auffälliges bemerkt.
Er zog sich das Basecap ins Gesicht und steuerte den Wagen auf die Rasenkante, um den Passat vorbeifahren zu lassen. Die Männer beäugten ihn neugierig. Sicher würde sich einer von ihnen das Nummernschild notieren. Sollte er ruhig. Das würde sie nicht weiterbringen. Der Wagen fuhr vorbei und bog oben auf die asphaltierte Straße. Er selbst rollte langsam den Hang hinab.
Wolfgang Blank stand auf dem Hof und sah ihm mit düsterem Gesicht entgegen. Dann setzte er sich in Bewegung, öffnete das Tor und ließ den Lieferwagen auf den Hof fahren. Er stellte ihn neben dem Wohnwagen ab und stieg aus.
Die Polizei war inzwischen fort. Schotterweg und Hügelkuppe waren verwaist. Wolfgang Blank stapfte auf ihn zu.
»Das war die Polizei«, sagte er. »Sie suchen Jakob.«
»Und? Haben Sie einen Verdacht?«
»Nein, ich glaube nicht. Aber wir müssen uns beeilen. Früher oder später werden sie zurückkommen.«
»Ja, das werden sie.«
Es gab jedoch nicht mehr viele Spuren zu verwischen. Die Polizei würde niemals genug haben, um auch nur einen Anfangsverdacht zu bekommen. Trotzdem durften sie jetzt nicht nachlässig werden. Die Zeit drängte, damit hatte der alte Mann recht.
»Heute Nacht ist es so weit«, sagte er.
Wolfgang Blank nickte. Er war einverstanden.
»Was ist mit der jungen Frau?«
Sanna Marquart. Sie war tatsächlich ein Problem.
»Sie weiß zu viel.«
Er holte den Zettel hervor, den er in Sannas Tasche gefunden hatte. Die Liste, die Jakob zusammengestellt hatte. Seine Freier. Jedenfalls die, an die er regelmäßig verkauft worden war. Gunther Dörrhoff stand ganz oben. Sanna kannte nun alle Namen. Wenn Sie damit zur Polizei gehen würde, ließe sich leicht ermitteln, in welchem Zusammenhang diese Namen zu dem Gehöft und Jakob Blank stünden. Zwei der Männer auf dieser Liste waren vorbestraft wegen des Besitzes von Kinderpornografie. Vor allem Dörrhoffs Name wäre schnell ein Problem. Alles drohte aufzufliegen wegen dieser neugierigen kleinen Schlampe.
Wolfgang Blank betrachtete den Zettel mit finsterem Blick. »Ich wusste nicht, dass Jakob die Nachnamen kennt.«
»Wie es aussieht, ist er klüger, als man denkt.«
»Wir dürfen kein Risiko eingehen.«
Wolfgang Blank knüllte die Liste zusammen und stopfte sie in seine Tasche.
Er deutete auf die Scheune. »Sind die beiden noch da drin?«
Wolfgang Blank nickte. »Ja. Sie stehen bereit.«
»Das ist gut. Ich kümmere mich um sie.«
Was er vorhatte, würde Ärger geben. Sanna Marquart sollte eigentlich verschont werden. Doch das Mädchen war zu neugierig gewesen. Das Risiko, sie am Leben zu lassen, war inzwischen einfach zu groß. Diese Liste durfte auf keinen Fall in die Hände der Polizei gelangen. Er würde das auf seine Kappe nehmen. Alle würden das verstehen. Sie wusste zu viel. Es ging nicht anders. Sie musste sterben, genau wie Jakob.
»Wir könnten einfach kurzen Prozess machen«, schlug Wolfgang Blank vor. »Jetzt und hier. Und danach verscharren wir die beiden im Wald.«
»Nein. Sie werden früh genug sterben. In ein paar Stunden ist alles vorbei.«
Er ließ seinen Blick über das Gelände schweifen. Dieser verfluchte Erdrutsch. Ohne ihn wären sie jetzt nicht hier. Dann wäre die Kleine niemals entdeckt worden. Aber daran ließ sich nichts mehr ändern.
Aus der Scheune drang kein Laut. Nichts deutete auf die Gefangenen hin. Das war gut.
»Trommeln wir die Leute zusammen«, sagte er und steuerte das Haus an. »Und diesmal, das schwöre ich,
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