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Schlafende Geister

Schlafende Geister

Titel: Schlafende Geister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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binnen einer Stunde mit einer Parkkralle versehen oder abgeschleppt wäre, und dass ich Gott weiß wie viel würde blechen müssen, um ihn zurückzubekommen, wahrscheinlich mehr, als er überhaupt wert war … aber das war mir egal. Es war nur ein Auto. Und es wurde sowieso Zeit, mir mal ein neues zuzulegen.
    Vor der Tür warteten ein Reporter und ein Kameramann, und als sie mich kommen sahen, hetzten sie sofort auf mich zu – der Reporter fummelte dabei an seinem Kopfhörer rum und der Kameramann stellte irgendwas an seiner Kamera ein …
    »Sky News, Mr Craine«, rief der Reporter, als er auf mich zutrat, und ließ die Feststellung wie eine Frage klingen. Sky News, Mr Craine? Ich sah ihn nicht an, sondern ging einfach weiter auf die Bürotür zu.
    »Wir sind live auf Sky News, Mr Craine«, hörte ich ihn sagen. »Könnten Sie uns erzählen, wie Sie sich fühlen, seit Sie wissen, dass Ihre Frau einem Serienmörder zum Opfer gefallen ist?«
    Ich blieb stehen und sah ihn an. Sein Gesicht war mir von zahllosen Nachrichtensendungen aus dem Fernsehen vage vertraut, aber ich konnte ihm keinen Namen zuordnen. Er hielt mir ein Mikro entgegen, den Kopf leicht zur Seite geneigt und mit hängenden Mundwinkeln, um mir sein Mitgefühl zu signalisieren.
    »Das ist live?«, fragte ich leise.
    »Ja, Mr Craine. Sie sind live in den Sky News.«
    Ich lächelte ihn an. »Wieso verpisst du dich nicht, du verficktes Arschloch?«
    Und als er, einen Moment lang sprachlos, zurückwich, lief ich an ihm vorbei, schloss die Tür auf und trat ins Haus.
     
    Ich gehe nicht oft am Wochenende ins Büro, doch wenn ich es tue, ist George Salvani immer da und arbeitet leise an irgendwas. Gewöhnlich ist er allein, doch als ich an diesem Morgen an seine Tür klopfte und er mich reinließ, saß er mit Fabian zusammen, einem immer ausgesprochen gepflegt wirkenden jungen Mann, der bei ihm als Teilzeitkraft beschäftigt war. Fabian hockte auf dem Schreibtischrand und starrte in einen kleinen Fernseher auf einem Tisch in der Ecke.
    »Tut mir leid, George«, sagte ich mit einem Blick auf den Fernseher. Es liefen die Sky News und der Studiomoderator war dabei, sich für die unangemessene Sprache zu entschuldigen, die gerade im Interview mit John Craine zu hören gewesen sei.
    »Überhaupt nicht, John«, strahlte mich George an. »Ist doch alles ziemlich aufregend, echt. Wir haben eben dein Interview draußen angesehen.«
    »Ja, super«, fügte Fabian hinzu und schaute mich grinsend an.
    »Willst du einen Kaffee?«, fragte George.
    »Nein, danke. Ich bleib nicht … ich wollte nur deine Hintertür benutzen, wenn das okay ist?«
    »Natürlich, natürlich …«
    »Da draußen ist doch niemand, oder? Keine Reporter?«
    George sah zu Fabian. »Schaust du mal?«
    Fabian nickte, lächelte George vertraut an, dann trottete er durchs Büro zu der Tür in der hinteren Wand.
    »Ist ein guter Junge«, sagte George und beobachtete, wie Fabian zur Tür hinausging.
    Ich lächelte.
    George drehte sich wieder zu mir um. »Du siehst müde aus.«
    »Bin ich auch.«
    Er tätschelte mir die Schulter. »Wenn es irgendwas gibt, was ich für dich tun kann, sag mir Bescheid, ja?«
    »Mach ich, danke.«
    Als Fabian wieder reinkam, schauten wir ihn beide an.
    »Alles sauber«, erklärte er. »Draußen ist niemand.«
    »Danke«, sagte ich und ging auf die Tür zu.
    »Pass auf dich auf, John«, rief George.
    »Ja, du auch«, rief ich zurück.
    Die Tür führte auf einen mit Teppich ausgelegten Flur, an dessen Ende es einen unaufgeräumten Lagerbereich mit einem Gitterfenster und einer Brandschutztür gab. Ich ging zu der Tür, drückte die Sperre nach unten und versetzte ihr einen Stoß, dann trat ich hinaus in einen schmalen Durchgang auf der Rückseite des Gebäudes. Der Durchgang führte an einer hohen Backsteinmauer entlang, deren Krone mit Glasscherben bewehrt war. Berge von Verpackungsmüll stapelten sich längs der Mauer – platt gedrückte Pappkisten, Abfalltüten, Paletten, aufgerollte Plastikfolie. Es regnete leicht und ich hörte die Tropfen laut auf eine Reihe von Styroporecken prasseln. Jemand hatte sich die Mühe gemacht, ALWAYS ON MY MIND an die Wand zu pinseln und darunter FICK DICH .
    Ich zog den Kragen hoch und trat hinaus in den Regen.
     

24
    Bei Cal angekommen erfuhr ich, dass der Fotograf mit der gebrochenen Nase Anzeige erstattet hatte. Inzwischen wurde wegen Verdacht auf Körperverletzung und Sachbeschädigung polizeilich nach mir gesucht, damit man mich

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