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Schlafender Tiger. Großdruck.

Schlafender Tiger. Großdruck.

Titel: Schlafender Tiger. Großdruck. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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ihr Mit­ta­ges­sen ver­zich­tet und schreck­lich un­ter der dar­aus fol­gen­den Mü­dig­keit und Ma­gen­ver­stim­mung ge­lit­ten.
    Die Woh­nung in Queen's Ga­te war be­reits ver­kauft; wenn Rod­ney und Se­li­na nach ih­rer Hoch­zeit in die neue Woh­nung ein­zo­gen, wür­de Agnes mit ih­nen kom­men. Es war gar nicht ein­fach ge­we­sen, sie da­zu zu be­we­gen. Si­cher wür­de Se­li­na die al­te Agnes nicht im Weg ha­ben, son­dern ihr neu­es Le­ben ganz von vorn be­gin­nen wol­len... Se­li­na hat­te ver­si­chert, nichts lie­ge ihr fer­ner. Nun, aber Mr. Ack­land... Für ihn wä­re es doch, als hät­te er sei­ne Schwie­ger­mut­ter in der Woh­nung! Se­li­na sprach mit Rod­ney, der Agnes vor­läu­fig be­ru­hi­gen konn­te. Doch dann be­haup­te­te sie plötz­lich, sie sei zu alt, um noch ein­mal um­zu­zie­hen, al­so zeig­ten sie ihr die neue Woh­nung. Wie sie es vor­aus­ge­se­hen hat­ten, war Agnes ent­zückt von der Hel­lig­keit und dem Kom­fort, der son­nen­durch­flu­te­ten Ein­bau­kü­che und dem klei­nen Wohn­zim­mer, das ihr ganz al­lein ge­hö­ren wür­de, mit Blick auf den Park und ei­nem ei­ge­nen Fern­se­her.
    Im­mer­hin, sag­te Agnes sich tap­fer, wür­de sie mit ih­nen ge­hen, um ih­nen zu hel­fen. Sie wür­de ar­bei­ten. Und bald wür­de sie zwei­fel­los wie­der ei­ne Nan­ny sein, mit ei­nem neu­en Kin­der­zim­mer, über das sie herr­schen konn­te, und ei­ner neu­en Ge­ne­ra­ti­on von Ba­bies, ein Ge­dan­ke, der von neu­em all ih­re ver­bor­ge­nen Mut­ter­in­stink­te weck­te.
    Jetzt stand Se­li­na in der Tür, mit ro­si­gen Wan­gen vom schnel­len Lau­fen, und ih­re blau­en Au­gen glänz­ten wie Glas. Agnes run­zel­te die Stirn. „Du bist schon früh zu­rück. Ich dach­te, du woll­test die Bö­den aus­mes­sen ge­hen. Stimmt ir­gend et­was nicht, Lie­bes?“
    Se­li­na leg­te ihr Buch auf den ge­schrubb­ten Tisch zwi­schen ih­nen. Sie schau­te Agnes di­rekt in die Au­gen und frag­te: „Hast du die­sen Mann schon ein­mal ge­se­hen?“
    Agnes' Re­ak­ti­on war mehr als be­frie­di­gend. Sie riß er­schro­cken den Mund auf, ließ den Tee­löf­fel fal­len und sank auf den blau­en Stuhl. Se­li­na er­war­te­te halb, daß sie sich ans Herz fas­sen wür­de. Sie beug­te sich über den Tisch. „Nun, Agnes?“
    „Oh“, stieß Agnes her­vor. „Oh, wie du mich er­schreckt hast!“
    Se­li­na war un­nach­gie­big. „Du hast ihn schon ein­mal ge­se­hen, nicht wahr?“
    „Oh, Se­li­na... Wo hast du... Wo­her wuß­test du... Wann hast du...“ Sie war un­fä­hig, ei­ne Fra­ge zu stel­len oder einen Satz her­aus­zu­be­kom­men. Se­li­na zog einen zwei­ten Stuhl her­an und setz­te sich ihr ge­gen­über.
    „Es ist mein Va­ter, nicht wahr?“ Agnes sah aus, als wür­de sie je­den Mo­ment in Trä­nen aus­bre­chen. „Ist das sein Na­me? Ge­or­ge Dyer? War das der Na­me mei­nes Va­ters?“
    Agnes riß sich zu­sam­men. „Nein“, ant­wor­te­te sie. „Nein, so hieß er nicht.“
    Se­li­na sah ent­täuscht aus. „Wie hieß er dann?“
    „Ger­ry ... Daw­son.“
    „Ger­ry Daw­son. G. D. Die­sel­ben In­itia­len. Das­sel­be Ge­sicht. Es ist ein Pseud­onym. Ganz klar, es ist ein Pseud­onym.“
    „Aber, Se­li­na... Dein Va­ter wur­de ge­tö­tet.“
    „Wann?“
    „Gleich nach der In­va­si­on Frank­reichs durch die al­li­ier­ten Trup­pen.“
    „Wo­her weißt du, daß er ge­tö­tet wur­de? Wur­de er vor Au­gen­zeu­gen in die Luft ge­sprengt? Starb er in ir­gend je­man­des Ar­men? Wis­sen wir mit Si­cher­heit, daß er tot ist?“
    Agnes fuhr sich mit der Zun­ge über die Lip­pen. „Er wur­de ver­mißt. Galt als ver­schol­len.“
    „Dann wis­sen wir es al­so nicht mit Si­cher­heit“, sag­te Se­li­na, von er­neu­ter Hoff­nung er­füllt.
    „Wir war­te­ten drei Jah­re, und dann wur­de er für tot er­klärt. Sie in­for­mier­ten dei­ne Groß­mut­ter, weil Har­riet... Nun, das weißt du. Sie starb bei dei­ner Ge­burt.“
    „Hat­te mein Va­ter kei­ne Ver­wand­ten?“
    „Je­den­falls kei­ne, von de­nen wir wuß­ten. Das war ei­ner der Grün­de, warum dei­ne Groß­mut­ter ge­gen ihn war. Sie sag­te, er käme aus kei­ner gu­ten Fa­mi­lie. Har­riet lern­te ihn auf ei­ner Par­ty

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