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Schlafender Tiger. Großdruck.

Schlafender Tiger. Großdruck.

Titel: Schlafender Tiger. Großdruck. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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Trau­ben­zu­cker­bon­bon, und sie aß es, als wä­re es ein neu­es Wun­der­mit­tel ge­gen Flug­angst. Es half zwar kaum, aber das Flug­zeug stürz­te im­mer­hin nicht ab.
    Das schlech­te Wet­ter hielt al­ler­dings an, und bis zur Lan­dung war von San An­to­nio nichts zu se­hen. Zu­erst glit­ten Wol­ken an den Fens­tern vor­bei wie di­cke graue Wat­te­bäu­sche. Dann kam der Re­gen, und dann, völ­lig un­er­war­tet, Fel­der, Haus­dä­cher, ei­ne Wind­müh­le, Pi­ni­en und zie­gel­ro­te Er­de, und al­les glänz­te im Re­gen.
    Der Flug­platz war noch ganz neu, die Lan­de­bahn ein Stück platt­ge­walz­te Er­de, die sich in ein Meer aus ro­tem Schlamm ver­wan­delt hat­te. Nach der Lan­dung scho­ben zwei Me­cha­ni­ker ei­ne Gang­way her­an. Sie tru­gen gel­be Öl­ja­cken und wa­ren bis zu den Kni­en mit Schlamm be­spritzt. Dies­mal schi­en nie­mand be­son­ders er­picht dar­auf, das Flug­zeug zu ver­las­sen. Nach­dem sie dann doch aus­ge­stie­gen wa­ren, gin­gen die Pas­sa­gie­re vor­sich­tig um die Pfüt­zen her­um.
    San An­to­nio duf­te­te nach Pi­ni­en. Nach nas­sen, har­zi­gen Pi­ni­en. Der Re­gen hat­te wie durch ein Wun­der auf­ge­hört. Es war wär­mer als in Lon­don, und es weh­te ein sanf­ter Wind. Es gab kei­ne schnee­be­deck­ten Ber­ge, nur das war­me Meer. Der Flug war vor­bei, und sie leb­te noch. Se­li­na band ihr Kopf­tuch ab und ließ ihr Haar im Wind we­hen.
    Bei der Paß­kon­trol­le hat­te sich ei­ne Schlan­ge ge­bil­det. Mit­glie­der der Gu­ar­dia Ci­vil stan­den her­um, als er­war­te­ten sie ei­ne Ban­de von Schwer­ver­bre­chern. Sie tru­gen Pis­to­len, und zwar nicht zur Zier­de. Der Paß­be­am­te ließ sich Zeit. Er führ­te ein lan­ges, hef­ti­ges Ge­spräch mit ei­nem Kol­le­gen. Sie strit­ten über ir­gend et­was, und er stopp­te sei­nen Re­de­fluß nur dann und wann, um ge­wis­sen­haft, Sei­te für Sei­te, einen der aus­län­di­schen Päs­se zu über­prü­fen.
    Se­li­na war als drit­te an der Rei­he. Sie hat­te be­reits zehn Mi­nu­ten ge­war­tet, als er schließ­lich den Stem­pel Ent­ra­da in ih­ren Paß ein­trug und ihn ihr zu­rück­gab.
    „Mein Ge­päck...?“ frag­te sie vor­sich­tig.
    Er ver­stand sie nicht oder woll­te sie nicht ver­ste­hen und wink­te sie wei­ter. Sie steck­te den Paß wie­der in ih­re prak­ti­sche Hand­ta­sche und ging selbst auf die Su­che. Für einen klei­nen Flug­ha­fen war San An­to­nio um die­se frü­he Mor­gen­stun­de un­ge­wöhn­lich be­völ­kert, um halb zehn flog die Ma­schi­ne zu­rück nach Bar­ce­lo­na, ein äu­ßerst be­lieb­ter Flug. Fa­mi­li­en ver­sam­mel­ten sich, Kin­der schri­en, Müt­ter er­mahn­ten sie laut, da­mit auf­zu­hö­ren. Vä­ter strit­ten mit Ge­päck­trä­gern oder stan­den für Tickets und Bord­kar­ten an. Lie­bes­paa­re war­te­ten händ­chen­hal­tend dar­auf, sich von­ein­an­der zu ver­ab­schie­den, und stan­den al­len im Weg. Der Lärm in der rie­si­gen Hal­le war oh­ren­be­täu­bend.
    „Ver­zei­hung“, sag­te Se­li­na im­mer wie­der, wäh­rend sie sich einen Weg durch die Men­ge bahn­te. „Es tut mir leid... Ent­schul­di­gung...“ Ei­ni­ge ih­rer Mit­rei­sen­den hat­ten sich be­reits un­ter dem Zei­chen Adua­na ver­sam­melt, und sie kämpf­te sich zu ih­nen durch. „Ver­zei­hung...“ Sie stol­per­te über einen bau­chi­gen Korb und stieß da­bei bei­na­he ein dickes Ba­by in ei­ner gel­ben Strickja­cke um. „Oh, Ver­zei­hung.“
    Die ers­ten Ge­päck­stücke er­schie­nen, wur­den auf einen Be­helf­stre­sen ge­ho­ben, un­ter­sucht, manch­mal ge­öff­net und schließ­lich vom Zoll­be­am­ten an den Pas­sa­gier wei­ter­ge­ge­ben und weg­ge­tra­gen.
    Se­li­nas Kof­fer kam nicht. Er war blau mit ei­nem wei­ßen Strei­fen und leicht zu er­ken­nen, und nach­dem sie ei­ne Ewig­keit ge­war­tet hat­te, wur­de ihr klar, daß er nicht mehr kom­men wür­de. Die an­de­ren Pas­sa­gie­re wa­ren nach und nach ver­schwun­den, und Se­li­na blieb al­lein zu­rück.
    Der Zoll­be­am­te, dem es bis­her er­folg­reich ge­lun­gen war, sie zu igno­rie­ren, stemm­te die Hän­de in die Hüf­ten und hob sei­ne schwar­zen Au­gen­brau­en.
    „Mein

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