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Schlafender Tiger. Großdruck.

Schlafender Tiger. Großdruck.

Titel: Schlafender Tiger. Großdruck. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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ner­vös, um mü­de zu sein. Das Flug­zeug war um zwei Uhr mor­gens in Lon­don ge­st­ar­tet, und sie hat­te die gan­ze Zeit da­ge­s­es­sen, in die Dun­kel­heit ge­st­arrt und sich ener­gisch er­mahnt, im­mer nur an das Nächst­lie­gen­de zu den­ken. Zu­erst Bar­ce­lo­na. Dann San An­to­nio. Zoll und Paß­kon­trol­le. Dann ein Ta­xi. Es war si­cher nicht schwer, ein Ta­xi zu fin­den. Und dann Ca­la Fu­er­te. Ca­la Fu­er­te wür­de kein großer Ort sein. Wo wohnt die­ser Eng­län­der, Ge­or­ge Dyer, wür­de sie fra­gen. Man wür­de sie pro­blem­los zur Ca­sa Bar­co füh­ren, und dort wür­de sie ihn fin­den.
    Das Un­wet­ter hat­te di­rekt über den Py­re­nä­en be­gon­nen. Der Flug­ka­pi­tän war vor­ge­warnt wor­den, und so hat­te man sie al­le ge­weckt, da­mit sie ih­re Si­cher­heits­gur­te schlie­ßen konn­ten. Das Flug­zeug schlin­ger­te und schwank­te, ge­wann an Hö­he und schlin­ger­te er­neut. Ei­ni­ge Pas­sa­gie­re muß­ten sich über­ge­ben. Se­li­na schloß die Au­gen und zwang sich, die schlimms­te Übel­keit zu un­ter­drücken. Es ge­lang ihr mit Mü­he und Not.
    Auf dem An­flug nach Bar­ce­lo­na wur­den sie von Blit­zen ge­trof­fen. Sie sa­hen aus wie Fah­nen, die von den Spit­zen der Trag­flä­chen weh­ten. Als sie durch die Wol­ken stie­ßen, peitsch­te der Re­gen auf sie nie­der, und bei der Lan­dung, wäh­rend das Flug­zeug von Wind­böen durch­ge­schüt­telt wur­de, stand die Lan­de­bahn, auf der sich glän­zen­de Lich­ter spie­gel­ten, völ­lig un­ter Was­ser.
    Die Rä­der be­rühr­ten kaum den Bo­den, da sprüh­ten Was­ser­fon­tä­nen nach al­len Sei­ten, und als das Flug­zeug schließ­lich hol­pernd zum Ste­hen kam und die Mo­to­ren ab­ge­stellt wur­den, war ein all­ge­mei­ner Seuf­zer der Er­leich­te­rung zu hö­ren.
    Es kam Se­li­na selt­sam vor, daß nie­mand sie er­war­te­te. Es hät­te ein Fah­rer da sein sol­len, ein Chauf­feur in Uni­form, mit ei­nem großen, war­men Wa­gen. Oder Agnes, die ei­ne wol­le­ne Rei­se­de­cke be­reit­hielt. Je­mand, der sich um ih­re Kof­fer küm­mer­te und die Rei­se­for­ma­li­tä­ten für sie er­le­dig­te. Doch nie­mand war da. Dies war Spa­ni­en; Bar­ce­lo­na um sie­ben Uhr an ei­nem Mor­gen im März, und nie­mand war da au­ßer Se­li­na.
     
    Als die Zei­ger der Uhr auf sie­ben ge­kro­chen wa­ren, ging Se­li­na in die Bar und be­stell­te sich einen Kaf­fee. Sie zahl­te mit den paar Pe­se­ten, oh­ne die der auf­merk­sa­me Bank­be­am­te in Lon­don sie nicht hat­te ge­hen las­sen wol­len. Der Kaf­fee war nicht be­son­ders gut, aber an­ge­nehm heiß, und wäh­rend sie ihn trank, be­trach­te­te sie sich in dem Spie­gel hin­ter der Bar.
    Sie trug ein brau­nes Jer­sey­ko­stüm, einen bei­ge­far­be­nen Man­tel und ein sei­de­nes Kopf­tuch, das ihr jetzt vom Hin­ter­kopf rutsch­te. Rei­se­klei­dung, wie Mrs. Bru­ce das nann­te. Sie hat­te fes­te Vor­stel­lun­gen, was Rei­se­klei­dung be­traf. Jer­sey ist be­quem und knit­tert nicht, und der Man­tel muß zu al­lem pas­sen. Schu­he müs­sen leicht sein, aber fest ge­nug für lan­ge We­ge auf zu­gi­gen Flug­hä­fen, die Hand­ta­sche hat groß und ge­räu­mig zu sein.
    Se­li­na hat­te die­se aus­ge­zeich­ne­ten und oft wie­der­hol­ten Ratschlä­ge in­stink­tiv be­folgt, selbst in ei­nem so dra­ma­ti­schen Au­gen­blick. Nicht daß es et­was genützt hät­te - sie sah trotz­dem schreck­lich aus und war voll­kom­men er­schöpft. Sie hat­te Angst vor dem Flie­gen, und sich wie ein er­fah­re­ner Rei­sen­der zu klei­den, konn­te einen nicht von der Über­zeu­gung ab­brin­gen, daß man ent­we­der bei ei­nem Flug­zeu­gab­sturz ums Le­ben kom­men oder sei­nen Paß ver­lie­ren wür­de.
    Das Flug­zeug nach San An­to­nio kam Se­li­na äu­ßerst win­zig vor. Es sah aus wie ein Spiel­zeug. O nein, dach­te sie, wäh­rend sie dar­auf zu­ging, der Wind ihr Ben­zin­wol­ken ins Ge­sicht blies und das Was­ser in den Pfüt­zen ihr die Schu­he naß spritz­te. Auch die we­ni­gen an­de­ren Pas­sa­gie­re be­stie­gen mit so be­drück­ten Mie­nen das Flug­zeug, als ob sie Se­li­nas Ängs­te teil­ten. Kaum war sie an­ge­schnallt, er­hielt Se­li­na ein

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