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Schlafender Tiger. Großdruck.

Schlafender Tiger. Großdruck.

Titel: Schlafender Tiger. Großdruck. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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um­zu­stei­gen.
    Ge­wöhn­lich kam er ein­mal in der Wo­che nach San An­to­nio, um sei­ne Post vom Yacht­club ab­zu­ho­len, zur Bank zu ge­hen und feh­len­de Tei­le für sein Boot zu be­sor­gen. Bei die­sen Ge­le­gen­hei­ten schau­te er fast im­mer bei Fran­ces vor­bei, sie aßen zu­sam­men zu Abend oder be­such­ten ir­gend­ei­ne der Par­ties, die in den Bars am Ha­fen all­abend­lich ge­fei­ert wur­den.
    Sie war hin­ge­ris­sen von ihm, mehr als er von ihr, wie sie wuß­te, doch das mach­te ihn in ih­ren Au­gen um so be­geh­rens­wer­ter. Sie fühl­te ei­ne na­gen­de Ei­fer­sucht auf al­les, was ihn von ihr fern­hielt, sei­ne Schrift­stel­le­rei, sei­ne Yacht, aber vor al­lem auf das un­ab­hän­gi­ge Le­ben, das er in Ca­la Fu­er­te führ­te. Sie woll­te, daß er sie brauch­te, doch er schi­en nichts und nie­man­den zu brau­chen. Ihr Geld be­ein­druck­te ihn nicht im ge­rings­ten, was ihm an ihr ge­fiel, war ihr der­ber, männ­li­cher Sinn für Hu­mor. Wäh­rend sie ihn jetzt be­ob­ach­te­te, dach­te sie vol­ler Be­frie­di­gung, daß er der ers­te rich­ti­ge Mann war, den sie seit Jah­ren ge­trof­fen hat­te.
    Er war da­bei, die Sa­chen, die er ge­kauft hat­te, in einen Korb zu pa­cken. Al­lein schon sei­ne braun­ge­brann­ten Hän­de bei die­ser ein­fa­chen Tä­tig­keit zu be­ob­ach­ten, weck­te ein fast schmerz­haf­tes Ver­lan­gen in Fran­ces. Ge­gen ih­ren Wil­len, aber in der Hoff­nung, ihn zum Blei­ben über­re­den zu kön­nen, sag­te sie: „Du hast noch nichts ge­ges­sen.“
    „Das ma­che ich zu Hau­se.“
    Zu Hau­se. Sie wünsch­te, sein Zu­hau­se wä­re bei ihr. „Einen Drink?“ frag­te sie.
    La­chend und mit rot­ge­äder­ten Au­gen sah er zu ihr hoch. Of­fen­bar amü­sier­te er sich kö­nig­lich. „Hör mal, Klei­nes, ich ha­be ei­ne drei­stün­di­ge Au­to­fahrt vor mir.“
    „Ein Drink wird dich schon nicht um­brin­gen.“ Sie hät­te selbst gern et­was ge­trun­ken.
    „Nein, aber viel­leicht ein ver­damm­ter Last­wa­gen, nach­dem ich ein­ge­schla­fen bin.“
    Der Korb war ge­packt. Ge­or­ge Dyer er­hob sich. „Ich muß ge­hen.“
    Fran­ces stand eben­falls auf und drück­te ih­re Zi­ga­ret­te aus, um ihm beim Tra­gen zu hel­fen. Er hob die schwe­re Kis­te mit der Er­satz­schiffs­schrau­be hoch, und Fran­ces nahm den Korb. Sie ging vor ihm die Stein­trep­pe zum In­nen­hof hin­un­ter, wo ein Zi­tro­nen­baum ne­ben dem Brun­nen stand, öff­ne­te die schwe­re Dop­pel­tür, die auf die en­ge Stra­ße führ­te, und trat hin­aus in den Son­nen­schein.
    Hier, an dem stei­len Ab­hang, stand Ge­or­ges lä­cher­li­ches Au­to, ein al­ter Mor­ris Cow­ley mit gel­ben Rä­dern und ei­nem Ver­deck wie ein Kin­der­wa­gen. Sie lu­den die Sa­chen ein, dann dreh­te sich Ge­or­ge zu Fran­ces um. „Es hat Spaß ge­macht“, sag­te er.
    „Das kommt da­her, daß wir es nicht ge­plant ha­ben, Lieb­ling. Wie heißt das Wort noch? Spon­tan.“ Sie küß­te ihn auf den Mund. Da sie so groß war, daß sie sich da­zu nicht hoch­re­cken muß­te, beug­te sie sich ein­fach vor und über­rum­pel­te ihn. Ihr hel­ler, dick auf­ge­tra­ge­ner Lip­pen­stift schmeck­te süß. Kaum hat­te sie sich von ihm ge­löst, wisch­te er sich mit dem Handrücken den Mund ab und stieg in sei­nen Wa­gen.
    „Auf Wie­der­se­hen, Fran­ces.“
    „Bis bald.“
    Sie ent­fern­te den Stein, den sie in der Nacht ki­chernd und her­u­mal­bernd un­ter das Vor­der­rad ge­scho­ben hat­ten, und Ge­or­ge lös­te die Hand­brem­se. Der Wa­gen setz­te sich im Leer­lauf in Be­we­gung und ge­wann be­ängs­ti­gend schnell an Tem­po, wäh­rend er die Kur­ven der schma­len, stei­len Stra­ße nahm wie auf ei­ner Ach­ter­bahn und Kat­zen und Hüh­ner in die Flucht jag­te. Die Män­ner der Gu­ar­dia Ci­vil, die am Tor der al­ten Mau­er Wa­che hiel­ten, schüt­tel­ten miß­bil­li­gend den Kopf.
    Ge­or­ge Dyer fuhr zu­rück nach Ca­la Fu­er­te, die stau­bi­gen Stra­ßen hin­un­ter, durch die sorg­fäl­tig be­stell­ten Fel­der, vor­bei an den Wind­müh­len und den ge­dul­di­gen Pfer­den, die die Was­ser­rä­der dreh­ten. Er kam zu der ge­wun­de­nen Stra­ße am Fuß der Ber­ge, hoch über sich das Kreuz von San

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