Schlaflos in Schottland
eine ungewöhnliche Anordnung für eine Bibliothek, und die Herrin is’ nich’ dumm.“ Sie warf Angus einen Blick zu. „Hol ein Kehrblech! Beeil dich!“
Der Diener nickte und verließ, das Stuhlbein über die Schulter gelegt, das Zimmer.
Während sie den Boden fegte, schnalzte Mrs Wallis missbilligend mit der Zunge. „Das war die Konfektschale, die Ihre Schwester Fiona Ihnen zu Weihnachten geschenkt hat. Wie schade.“ Sie hielt inne und sah sich kopfschüttelnd um. „Kein Wunder, dass Sie etwas umgerannt haben. Die Möbel steh’n ohne Sinn und Verstand kreuz und quer herum.“
Hugh durchquerte das Zimmer - wobei er um zwei Stühle herumgehen musste, die Lehne an Lehne dastanden - trat vor die Anrichte und schenkte sich aus der Karaffe ein Glas voll. „Es ist ein schreckliches Durcheinander. Fast so als ...“ Er runzelte die Stirn und stockte, das Glas auf halbem Weg zum Mund.
„Fast so wie was, Mylord?“
Langsam hob er das Glas und nahm einen kleinen Schluck. Dann schüttelte er den Kopf. „Nichts.“
Mrs Wallis fuhr fort, die Glasscherben zu einem Haufen zusammenzufegen.
„Sind die Mädchen hier gewesen, während ich fort war?“, erkundigte er sich.
„Nein. Und das wundert mich, denn normalerweise kommen sie immer wenigstens einmal hier vorbei, wenn Sie nicht da sind.“ Es mussten die Mädchen gewesen sein. Er konnte sich nicht vorstellen, dass Triona so etwas tat, ganz besonders nicht mit seiner Bibliothek. Doch warum sollten die Kinder die Möbel umstellen? Sie mussten doch wissen, dass er sich darüber ärgern würde, und ...
Ging es darum? Wollten sie ihn wütend machen? Doch auf wen? Glaubten sie, er würde Triona die Schuld geben?
Das hätte er fast getan, wurde ihm zu seinem Ärger bewusst. Angus kam mit einem Kehrblech zurück, und Mrs Wallis fegte die Glasscherben darauf. Dann wandte sie sich an Hugh. „Ich wecke Liam, und dann bringen wir das Zimmer wieder in Ordnung, Mylord.“
„Nein. Lassen Sie es einfach so.“
Sie und Angus wechselten einen erstaunten Blick. „Es soll so bleiben?“
„Ja.“ Er stellte sein Glas ab. „Gehen Sie beide wieder ins Bett. Es ist spät.“
„Aber Sie sind gerade angekommen, und ...“
„Ich kann mich ohne Hilfe schlafen legen. Morgen hole ich die Mädchen zurück nach Hause, deshalb brauchen wir heute Nacht noch so viel Ruhe, wie wir bekommen können.“
„Sehr wohl, Mylord.“
Hugh wartete, bis Mrs Wallis und Angus fort waren, dann sah er sich das Speisezimmer und den Salon an. Auch dort waren sämtliche Möbel bis auf die sehr schweren Stücke verrückt worden, doch nur im Salon ergaben die Veränderungen einen Sinn. Er versuchte, die Tür zum Frühstückszimmer zu öffnen, doch sie klemmte, weil offensichtlich innen etwas davor stand.
„Freche Gören“, murmelte er vor sich hin, während er die Lampe die Treppe hinauftrug. Morgen früh würde er eine ernste Unterhaltung mit den Mädchen führen. Doch jetzt wartete seine Frau im Bett auf ihn. Bei diesem Gedanken bewegte er sich automatisch schneller die Stufen hinauf, bis er sich dabei ertappte, dass er sich fast im Laufschritt bewegte.
Endlich stand er vor der Tür und hielt inne, damit sein rasender Herzschlag sich beruhigen konnte. Dann atmete er tief durch, löschte die Lampe und drehte leise den Knauf. Der Mondschein zeichnete blasse Streifen auf den Teppich. Leise stellte er die Lampe neben dem Kamin ab, zog sich aus und ging zum Bett.
Dort verharrte er einen Moment und blickte zu ihr hinunter. Ihr langes Haar breitete sich als seidig schimmernder Fächer auf seinen Kissen aus. Seine Kissen. Er wusste nicht, warum das wichtig war, doch das war es. Sie lag in seinem Bett, schlief unter seinen Laken, weil sie seine Frau war.
Er hatte nie das Bedürfnis oder den Wunsch verstanden zu heiraten. Seine Schwester war verheiratet und schien glücklich zu sein. Seit er mit Sophia zusammen war, stolzierte Dougal mit schrecklich selbstzufriedener Miene durch die Gegend. Und selbst sein Bruder Gregor schien das Eheleben zu genießen, obwohl er ein überzeugter Junggeselle gewesen war, bevor er begriffen hatte, dass er seine Jugendfreundin Venetia liebte. Doch für Hugh war die Ehe immer eine abstrakte Idee gewesen - ein Ort, den er vielleicht eines Tages besuchen würde. Allerdings fand dieser Besuch in seiner Vorstellung immer in ferner Zukunft statt, niemals an einem der nächsten Tage. Niemals jetzt.
Als er gezwungen gewesen war, Triona zu heiraten, hatte er nicht gewusst, wie
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