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Schlaflos - Insomnia

Titel: Schlaflos - Insomnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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das so? Nun, dann will ich euch beiden etwas erzählen - man kann einen Obstkuchen von McDonalds auf einen schicken Silberteller stellen und behaupten, dass er eine französische Tarte ist, aber was mich betrifft, ist es deshalb immer noch ein Obstkuchen von McDonalds.‹
    Als ich das sagte, fing Harold an zu stottern und wurde rot im Gesicht, aber Jan bedachte mich einfach nur mit ihrem zuckersüßen Lächeln, das sie für besondere Anlässe aufhebt, weil sie genau weiß, dass es mich rasend macht. Sie sagt: ›Nun, warum sehen wir uns die Broschüren nicht trotzdem an, Mutter Lois? Das wirst du doch wenigstens tun können, nachdem wir beide einen Tag Urlaub genommen und den ganzen Weg hierher gefahren sind, oder nicht?‹«
    »Als würde Derry im tiefsten Afrika liegen«, murmelte Ralph.
    Lois nahm seine Hand und sagte etwas, was ihn zum Lachen brachte. »Oh, für Jan ist das so!«
    »War das bevor oder nachdem du herausgefunden hast, dass Litchfield gepetzt haben muss?«, fragte Ralph. Er benutzte absichtlich dasselbe Wort wie Lois; es schien besser zu der Situation zu passen als ein beschönigenderer Ausdruck. »Einen Vertrauensbruch begangen« klang viel zu gediegen für dieses heimtückische Vorgehen. Litchfield hatte gepetzt. So einfach war das.
    »Vorher. Ich dachte mir, ich könnte die Broschüren wirklich ansehen; schließlich waren sie vierzig Meilen gefahren, und es würde mich ja nicht umbringen. Also habe ich sie durchgeblättert, während sie das Frühstück aßen, das
ich gemacht hatte - ich musste übrigens später nichts in den Müll werfen - und Kaffee tranken.
    Nicht schlecht, dieses Riverview. Sie haben ihr eigenes medizinisches Personal, das rund um die Uhr einsatzbereit ist, und man hat eine eigene Küche. Wenn man einzieht, checken sie einen vollständig durch und entscheiden, was man zu essen bekommt. Es gibt einen Roten Diätplan, einen Blauen Diätplan, einen Grünen Diätplan und einen Gelben Diätplan. Und noch drei oder vier andere Farben. Ich kann mich nicht mehr erinnern, wofür sie alle stehen, aber Gelb ist für Diabetiker und Blau für die Fetten.«
    Ralph dachte daran, wie es sein würde, den Rest seines Lebens drei wissenschaftlich ermittelte ausgewogene Mahlzeiten täglich zu essen - keine Pizza mit Paprikawurst von Gambino’s mehr, keine Coffee-Pot-Sandwiches, keine Chiliburger von Mexico Milt’s -, und fand die Aussicht fast unerträglich trostlos.
    »Außerdem«, sagte Lois strahlend, »haben sie eine Rohrpost, die einem die täglichen Tabletten direkt in die Küche liefert. Ist das nicht eine grandiose Idee, Ralph?«
    »Schätze schon«, sagte Ralph.
    »O ja, das ist es. Großartig, der Trend der Zukunft. Ein Computer überwacht alles, und ich wette, der hat nie eine Verschlechterung der Kognition. Ein spezieller Bus bringt die Bewohner von Riverview zweimal wöchentlich zu landschaftlichen oder kulturellen Sehenswürdigkeiten, außerdem zum Einkaufen. Man muss den Bus nehmen, weil das Riverview nicht gestattet, dass man ein Auto besitzt.«
    »Gute Idee«, sagte er und drückte ihre Hand ein wenig. »Was sind schon ein paar Betrunkene am Samstagabend
im Vergleich zu einem alten Schwachkopf mit nachlassender Kognition, der mit einer Buick-Limousine auf die Menschheit losgelassen wird?«
    Sie lächelte nicht, wie er gehofft hatte. »Die Bilder in diesen Broschüren haben mir das Blut in den Adern gefrieren lassen. Alte Damen, die Canasta spielen. Alte Männer, die Hufeisen werfen. Beide Geschlechter gemeinsam beim Squaredance in dem großen, kieferngetäfelten Saal, den sie River Hall nennen. Aber das ist wirklich ein hübscher Name, findest du nicht auch? River Hall?«
    »Ich finde ihn ganz okay.«
    »Ich finde, das hört sich wie ein Saal in einem verwunschenen Schloss an. Aber ich habe ein paar alte Freunde in Strawberry Fields besucht - das ist das Altenheim in Skowhegan -, daher weiß ich, was ein Aufenthaltsraum für alte Menschen ist. Es ist ganz egal, was für einen hübschen Namen man ihm gibt, in jedem steht ein Schrank in der Ecke, mit Brettspielen und Puzzles, bei denen immer vier oder fünf Teile fehlen, und im Fernseher laufen immer Spielshows wie Family Feud , aber nie Filme, in denen gut aussehende junge Leute sich die Kleider ausziehen und sich vor dem Kamin auf dem Boden herumwälzen. Diese Räume riechen immer nach Salbe … und Pisse … und den Wasserfarben in den langen Blechkästen aus dem Five-and-Dime … und nach Verzweiflung.«
    Lois sah ihn mit

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