Schlag weiter, Herz
Sache.
»Na, schaffen wir es diesmal?«
Mert hatte nicht vergessen, wie sie ihn abserviert hatte. Ihr Ausflug in sein Milieu schien ihr einen Nervenkitzel zu verschaffen, nicht mehr als ein Ausflug aus einem Leben, das ansonsten gleichförmig und abgesichert war. Für das Unterlegenheitsgefühl, das er aus jener Nacht auf dem Kiez behalten hatte, wollte Mert sich bei Constanze revanchieren. Also machte er alles mit ihr, was er sich sonst nicht traute.
Dass sich die schöne Ärztin mit ihrem wohlriechenden Haar und ihrer teuren Unterwäsche auf seiner Matratze vögeln ließ, zwischen Bügelbrett und Klamottenhaufen, machte ihn geiler als üblich. Er fickte sie in allen möglichen Positionen, und als sie vor ihm kniete, fing er an, ihr auf den Hintern zu schlagen, bis dieser rot anlief. Jedes Mal, wenn er kam, spritzte er ihr auf den Körper, auf den Hintern, in die Haare, ins Gesicht. Wie um seinen Besitz anzuzeigen. Mert wunderte sich nicht, dass Constanze alles mit sich machen ließ, so betrunken, wie sie war. Es erstaunte ihn jedoch, wie sehr sie es genoss. Je härter er sie anfasste, desto mehr Spaß schien sie zu haben. Morgens um fünf musste sie nach Hause. »O Gott, ich kann kaum laufen«, sagte sie zum Abschied. Sie kniete sich zu Mert auf die Matratze und gab ihm einen Kuss auf den Mund. Bevor er hörte, wie die Haustür ins Schloss fiel, war er wieder eingeschlafen. An Training war an diesem Tag nicht zu denken, er hatte Muskelkater.
Constanze war seit zehn Jahren verheiratet und hatte eine siebenjährige Tochter. In den folgenden Monaten erklärte sie ihm häufig, warum sie sich nicht von ihrem Mann trennen wollte, auch wenn Mert nie danach fragte.
»Ich liebe meinen Mann«, erklärte sie, »und ich liebe meine Tochter. Ich liebe uns als Familie. Irgendwann muss man sich eben entscheiden, ob man immer wieder eine neue Beziehung anfangen möchte oder mit einem Mann zusammenbleibt, auch wenn es mal nicht so gut läuft, und sich nebenher noch was sucht.«
Für Mert war dieses Arrangement praktisch. Mit Constanze zu schlafen war aufregend. Befriedigender als mit seinen Zufallsbekanntschaften, bei denen er die Grenzen des Möglichen nicht ausgelotet hatte und auch kein Interesse aufbrachte, sie zu erkunden. Gleichzeitig besetzte Constanze keinen Platz. Sie gingen niemals gemeinsam aus und trafen sich nur einmal die Woche. Constanze war eine kluge Frau. Mert befragte sie gerne, wenn er zu einem Thema keinen klaren Gedanken fand. Mit ihr gab es jemanden, dem er erzählen konnte, wenn er etwas Besonderes erlebt hatte, und ihre Meinung interessierte ihn. Wenn ihm langweilig war, rief er sie gelegentlich an, immer nur im Krankenhaus, um eine Verabredung zu treffen. Mit Constanze hatte er etwas, was nahe an die Zeit mit Nadja rankam. Aber ohne Komplikationen, Diskussionen und Streitereien über Mike Tyson.
Beim Verbandstraining war Mert über die Jahre zu einem Leistungsträger geworden. Sein Stil war immer noch ungewöhnlich, aber er hatte Kontrolle über seine Handlungen gewonnen. Er war nicht mehr absorbiert von der Aufgabe, sich selbst zu disziplinieren. Er konnte seine Gegner studieren, Schwächen erkennen und sie für sich nutzen. Er gewann Vereinsvergleiche, Turniere und Meisterschaften. Und wenn er verlor, weil er ausgepunktet wurde, wirkten seine Gegner stets wie Drückeberger, die dem Schlagabtausch aus dem Weg gegangen waren.
Mert und Felix begegneten sich regelmäßig beim Verbandstraining, aber über das unglückliche Ende mit Nadja sprachen die beiden nie ein Wort. Nach der Trennung war Felix dazu übergegangen, Mert mit einem kaum wahrnehmbaren Kopfnicken zu grüßen, so als würden sie sich nur vom Sehen kennen. Auffällig war lediglich, dass sie kein Sparring miteinander machten. Nicht im Vorfeld der Hamburger Meisterschaften, nicht als Felix sich auf die deutsche Meisterschaft vorbereitete. Selbst dann nicht, als Mert sich nach einer Niederlage wieder ins Halbschwergewicht runterhungerte. Sie waren wieder in derselben Gewichtsklasse, und nach Felix gab es in Hamburg im Halbschwergewicht keinen besseren Mann als Mert. Ein Vergleich zwischen den beiden war auf Dauer unvermeidlich.
Beim BC Einigkeit kümmerte Mert sich um Basisarbeit, um Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer. Beim Verbandstraining arbeitete er an Kampftaktik und Technik, meistens mit Ali, der ein genauer Beobachter war und sich auf Anraten von Gersch um eine Trainerlizenz bemühte. Mert musste Ali beim Sparring nachjagen wie einem
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