Schlamm, Schweiß und Tränen
hätte
diesen Psychiater glatt umarmen können.
Diese Übung sollte im Prinzip zwei wichtige Dinge vermitteln:
Zum einen, dass man sich intensiv auf seine eigenen Gedanken konzentrieren muss, damit man nicht manipuliert werden kann und zum
anderen, dass man dem Feind erst gar nicht in die Hände fallen darf.
Denn wie sagte der Ausbilder so treffend: „Denkt am Ende immer
daran, dass diese Jungs auf Eurer Seite sind. Sie sind nämlich auch
britische Landsleute und nicht Eure echten Feinde. Denn falls sie echte Feinde wären, dann würdet Ihr so richtig im Schlamassel sitzen.
Also denkt dran: Lasst Euch nicht gefangen nehmen!"
Diese Lektion habe ich nie vergessen, und das ist vermutlich auch
der Grund dafür, warum ich im Laufe der Jahre eine ganz hervorragende Fähigkeit entwickelt habe, alle möglichen Gefahrensituationen
relativ ungeschoren zu überstehen.
Als wir in die Kaserne zurückkamen, war der klägliche Rest, der
von unserer Truppe noch übrig geblieben war, zwar ziemlich bleich
und wacklig auf den Beinen, aber jeder war heilfroh, dass dieses Martyrium endlich überstanden war.
Trucker sah zwar ausgesprochen mitgenommen aus, aber dennoch
hatte er dieses breite Grinsen im Gesicht. Er hockte auf seinem Bett
und redete in einem fort, während er ziemlich planlos herumfuhrwerkte und versuchte, seine Klamotten auszusortieren. Dabei hat er
immer wieder den Kopf geschüttelt und leise in sich hineingekichert.
Das war eben seine Art, die Dinge zu verarbeiten. Ich musste
schmunzeln.
Großartiger Typ, dachte ich so bei mir.
Dann haben wir uns alle umgezogen - immerhin hatten wir ja
von unserer letzten Übung noch ein paar Ersatzklamotten übrig -,
setzten uns auf unsere Betten und warteten voller Anspannung.
Wir hatten zwar alle die Übung zu Ende gebracht, doch es stand
die große Frage im Raum: Hatten wir auch alle bestanden?
„In fünf Minuten zum Appell antreten, Jungs, dann erfahrt Ihr
die gute und die schlechte Nachricht. Die gute Nachricht ist, dass einige von Euch bestanden haben. Die schlechte Nachricht ist, ... dreimal dürft Ihr raten."
Mit diesen Worten verließ der Ausbilder den Raum.
Mich überfiel so ein extrem beklemmendes Gefühl, dass ich womöglich einer derjenigen sein könnte, die an dieser letzten Hürde gescheitert waren. Ich versuchte, gegen dieses Gefühl anzukämpfen.
Nicht, nachdem ich so weit gekommen war. Nicht so kurz vor dem
Ziel.
Der Ausbilder kam noch einmal zurück - er verlas dann eilig ein
paar Namen und wies die Aufgerufenen an, ihm zu folgen. Mein
Name wurde nicht aufgerufen. Die paar Wenigen, die nun noch übrig
waren - Trucker war auch dabei - schauten einander ganz nervös an,
denn wir konnten nur abwarten.
Die Minuten quälender Ungewissheit vergingen wie in Zeitlupe.
Keiner sprach auch nur ein Wort.
Dann ging die Tür auf und die anderen Jungs kamen wieder herein - mit gesenktem Kopf und ernstem Blick liefen sie an uns vorbei
zu ihrer Ausrüstung. Sie fingen an zusammenzupacken.
Ich kannte diesen Blick und ich kannte dieses Gefühl.
Matt war einer von ihnen. Mein Kumpel, der mir auf dem „Long
Drag" - dem Horrormarsch in Phase 1 der SAS Selection - so wahnsinnig geholfen hatte. Er war durchgefallen, weil er dieser extremen
Belastung durch die folterähnlichen Verhörtechniken nicht standgehalten hatte. Denn wenn man sich auch nur eine Minute lang nicht
absolut hundertprozentig konzentriert, haben die Ausbilder mit ihren
zahllosen Tricks und Taktiken leichtes Spiel.
Regel Nummer 1: SAS-Soldaten müssen in der Lage sein, auch
unter extremer Belastung klar und fokussiert zu denken und zu
handeln.
Matt drehte sich um, lächelte mir zu und ging hinaus.
Ich habe ihn nie wiedergesehen.
So kam es schließlich, dass kaum mehr als eine
Handvoll Soldaten in einem unauffälligen Gebäude auf dem Kasernengelände des SAS-Hauptquartiers in einem kahlen Raum standen
- der kärgliche Rest, der nach monatelangem Training von der anfangs großen Anzahl an SAS-Aspiranten jetzt am Ende noch übrig
geblieben war.
Wir schlurften ungeduldig hin und her. Wir waren bereit.
Bereit dafür, endlich das SAS-Abzeichen zu erhalten, das uns zu
SAS-Soldaten machte.
Der Oberst - Kommandeur des Regiments - kam herein, salopp
gekleidet mit einer leichten Tarnhose, Hemd, Barett und einem blauen SAS-Gürtel.
Er lächelte uns zu.
„Gut gemacht, Jungs. Ein hartes Stück Arbeit, nicht?"
Wir lächelten zurück.
„Ihr könnt heute mit Recht
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