Schlangenblut (German Edition)
Kanadiern heute Morgen reden.«
»O Scheiße.« Sie setzte sich aufrecht und zerrte damit an den Stichen in ihrem Rücken. »Das geht doch hoffentlich nicht in die Hose wegen der Sache mit Fletcher? Der Typ hat mir immerhin eine Knarre ins Gesicht gehalten –«
Er gebot ihr mit erhobener Hand Einhalt. »Ich habe schon mit der Bundesanwältin gesprochen. Sie glaubt, dass das in Ordnung geht, zumal Ivans Partner bereits gegen ihn ausgesagt haben.«
Sie ließ sich nach hinten sacken, als ihr plötzlich klarwurde, dass das hohle Gefühl in ihrem Bauch nicht Übelkeit war, sondern Hunger. »Glauben Sie, Sie könnten Ihren Einfluss geltend machen, um meinem Team etwas zu essen zu beschaffen?«
»Jetzt weiß ich endlich, dass es mit Ihnen wieder aufwärtsgeht. Zurück zur kleinen Mutter Theresa, wie wir sie alle kennen und lieben.«
»Hey, lassen Sie das.« Sie sah nach, ob die Tür geschlossen war. »Nennen Sie mich hier bitte nicht so. Außerdem weiß jeder gute Feldherr, dass eine Armee besser funktioniert, wenn man sie vor der Feindberührung ordentlich füttert.« Sie zog die Stirn kraus, wohl wissend, dass ihre Metapher ziemlich schief war, aber sie hatte nicht die Energie, sich darüber einen Kopf zu machen. »Oder so ähnlich.«
Greally hatte bereits zum Telefon auf ihrem Schreibtisch gegriffen, um eine Bestellung bei der CheeseCake Factory in der Carson Street aufzugeben. Lucys Gesicht strahlte auf. Dann aber zuckte Greally zusammen und zog eine große Gummischlange unter der Sitzfläche des Stuhls hervor, um sie anschließend über dem Schreibtisch baumeln zu lassen. Schlimmer noch – er lächelte nur beinahe.
In diesem Augenblick wusste sie, dass ihr womöglich gewaltiger Ärger ins Haus stand.
Im nächsten Moment klopfte es an der Tür, und Walden steckte den Kopf herein. »Die von der Einwanderung haben gerade Fletchers Jacke geschickt. Taylor hat angerufen, er wird aus dem Krankenhaus entlassen und will unbedingt gleich weitermachen. Ich habe Burroughs hingeschickt, um ihn abzuholen. Und Lowery und Dunmar habe ich darüber informiert, dass der Fall jetzt in unsere Zuständigkeit fällt. Sie rufen an, wenn sich bei ihnen etwas ergibt.«
Lucy bedankte sich. Walden erwies sich immer mehr als Aktivposten. »Wir müssen sie unbedingt auf dem Laufenden halten. Ich möchte nicht, dass irgendwer in einem Exklusivinterview erklärt, das FBI möchte etwas vertuschen, wenn bekannt wird, dass Fletcher einer von uns war.« Greally nickte zustimmend. Lucy stand auf, im Sitzen konnte sie einfach nicht klar denken. »Wenn alle da sind, holen wir uns diesen Irren.«
Greally legte das Telefon auf und starrte Walden lange und intensiv an. Lucy wusste zu schätzen, dass Walden sich nicht vom Fleck rührte, sondern stattdessen die Arme vor der Brust verschränkte. Schön zu wissen, auf welcher Seite er nach ihren jüngsten Fehlern stand. Hatte Nick vielleicht recht? Aber nein, ihre Fehleinschätzung der Snakehandlers datierte schon auf die Zeit, bevor Megan krank geworden war.
Keine Ausreden.
Sie konnte nicht zulassen, dass Walden für ihre Fehler büßen musste. »Warum vertiefen Sie sich nicht schon mal in Fletchers Akte?«
Er sah ihr in die Augen, nickte ihr zu und ging. Greally blieb hinter ihrem Schreibtisch sitzen. Zumindest hoffte sie, dass es noch ihr Schreibtisch war.
»Haben Sie vielleicht ein paar Vorschläge, wie ich dem Hauptquartier die letzten paar Tage erklären soll?«, fragte er. »Durch die Krankheit des eigenen Kindes abgelenkt zu sein ist nichts, weswegen man sich schämen müsste.«
Lucy streckte den Rücken durch, ohne Greally merken zu lassen, wie viel Mühe sie das kostete. »Würden Sie diese Frage auch einem Mann stellen? Oder würden Sie zulassen, dass jemand Ihnen diese Frage stellt, wenn die Rollen vertauscht wären?«
»Dann ist es also der Stress? Fühlen Sie sich von Ihrem Job überfordert?«
»Mein Team macht diese Arbeit erst seit drei Monaten, und wir haben bereits zweihundert Fälle gelöst«, gab sie zu bedenken. »Und ich nehme doch mal an, dass ich daran nicht ganz unbeteiligt war.«
Er nickte langsam. »Ja, das meinen die Leute aus Ihrem Team auch.«
»Sie haben mit meinen Leuten über die Qualität meiner Arbeit gesprochen?« Mein Gott, die würden ihr nie wieder trauen, wenn sie jetzt auf den Trichter kamen, dass bei ihr vielleicht eine Schraube locker war.
»Routinemäßige Vierteljahresprüfung. Von irgendwas in der Art gehen sie jedenfalls aus.« Er hielt inne
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