Schlangenblut (German Edition)
ihm in die Augen. »Und du besorgst sie mir. Und zwar mir allein.«
Das Telefon auf ihrem Schreibtisch klingelte, bevor er antworten konnte. Sie griff nach dem Hörer und registrierte verblüfft, wie er zu ihr herüberkam.
»Cindy Ames«, meldete sie sich. Burroughs drückte gerade in dem Augenblick auf die Lautsprechertaste, als der Mann zu sprechen begann.
»Miss Ames, ich bin James Fletcher junior. Sie haben in Ihrer Story heute Abend Lügen über meine Mutter verbreitet. Ich würde Ihnen gern die Chance bieten, Ihren Fehler zu korrigieren.«
Cindy warf Burroughs einen finsteren Blick zu, als dieser ihre Hand packte und sie davon abhielt, den Lautsprecher wieder auszuschalten. Er deutete mit einer ruckartigen Kopfbewegung auf das Telefon, um ihr zu verstehen zu geben, dass sie Fletcher antworten sollte.
»Äh … das mit Ihrer Mutter tut mir sehr leid, Mr Fletcher«, erklärte Cindy, während sie versuchte, ihre Stimme in den Griff zu bekommen und sich ihre Wut auf Burroughs nicht anmerken zu lassen. »Aber ich hatte keine andere Wahl. Ich wurde gezwungen, die Geschichte genau so zu bringen, wie sie ausgestrahlt wurde.«
»Gezwungen – von Agent Guardino?«
»Jawohl, Sir.«
»Verstehe.« Er machte eine Pause. Cindy öffnete den Mund, um ihm ein Exklusivinterview anzubieten, doch Burroughs hinderte sie daran. Im Hintergrund war ein Rascheln zu hören, bevor Fletcher weitersprach.
»Agent Guardino hat eine Menge zu verantworten. Wenn ich Ihnen Beweise gegen sie liefern würde, könnten Sie mir dann versprechen, dieses Material zu senden, ohne sich von ihr daran hindern zu lassen?«
»Ich denke, ich könnte meinen Chef dazu überreden. Wenn wir das Interview vor laufender Kamera machen und die Beweise überzeugend sind.«
»Auch dann, wenn ich Agent Guardino für den Tod meiner Mutter verantwortlich mache?«
»Selbstverständlich. Ich war ja dabei und hab gesehen, was da gelaufen ist.«
»Ich weiß. Deswegen komme ich ja auf Sie zu. Nach der Art und Weise, wie Agent Guardino Sie behandelt hat, dachte ich, dass es in unser beider Interesse wäre, das FBI und die Polizei aus der Sache rauszuhalten.«
Cindy überlegte. Wie zum Teufel konnte der Mann sie im Pflegeheim gesehen haben und trotzdem entkommen sein? Diese Guardino war offenbar komplett unfähig. »Und welchen Ort schlagen Sie als Treffpunkt vor?«
Er legte erneut eine Pause ein. »Es gibt da so einen Sportplatz, im Frick Park. Der Park am Ende der Nicholson Street. Seien Sie in einer Stunde da.«
Ein Klicken zeigte, dass er aufgelegt hatte. Das Summen des Wähltons drang aus dem Hörer, als Cindy über Burroughs herfiel. »Du Drecksack, du hast mich reingelegt!«
»Ganz ruhig, Cindy.« Er tippte bereits eine Rufnummer in sein Handy. »Du kriegst deine Story schon noch.«
Sie kochte vor Wut, als sie zuhörte, wie er Guardino ihr Gespräch mit Fletcher in allen Einzelheiten schilderte. Sie rief derweil mit ihrem eigenen Telefon Felix an und ließ einen Wagen bereitstellen.
Burroughs beendete das Gespräch mit Guardino gerade in dem Augenblick, als auch sie fertig war. »Du wirst heute Nacht nicht einmal in die Nähe dieses Parks kommen.«
»Wir leben in einem freien Land«, erwiderte sie. Dann stand sie auf und nahm ihre Handtasche. »Du kannst mich nicht daran hindern.«
»Das werden wir ja sehen.« Er stellte sich ihr in den Weg und legte ihr beide Hände auf die Schultern. Sein Gesicht lief rot an, und er war sich nicht sicher, ob er sie wegstoßen oder an sich ziehen wollte. »Cindy, das ist zu gefährlich!«
»Das gehört zu meinem Job. Außerdem bist du ja da und das FBI . Ohne mich taucht Fletcher nicht auf, und ich will diese Story um keinen Preis verpassen.«
***
Jimmy legte den Hörer des Münzfernsprechers in der Sheetz-Filiale auf und ging zurück zu seinem Wagen. Ashley hatte keinen Mucks gemacht und saß noch immer zusammengerollt auf dem Beifahrersitz. Sie wirkte so schlaff wie ein Parade-Ballon am Tag nach Thanksgiving. Abgesehen von dem einzelnen Wort und ihrem neuen Namen hatte sie nicht mit ihm geredet. Sie hatte ihn nicht einmal angesehen, geschweige denn Blickkontakt zu ihm aufgenommen.
Trotzdem hatte sie alles getan, worum er sie gebeten hatte. Kein Grund also, sich Sorgen zu machen. Er hatte genau nach Plan gehandelt, hatte diesmal alles richtig gemacht.
Er schlug die Tür absichtlich mit voller Wucht zu, um zu sehen, ob sie erschrak. Nichts. Es war, als läge sie in einer Art von Koma, sie war zwar da, ohne
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