Schlangenblut (German Edition)
Klebeband auf dem Boden befestigten Kabel und ging zum Nachrichtenchef in den Kontrollraum.
»Na, wie war’s?«, fragte sie, auch wenn sie genau wusste, dass sie großartig gewesen war.
»Phantastisch«, sprudelte es aus ihm hervor. »Wann kriege ich eine Fortsetzung? Vielleicht Aufnahmen von der alten Dame im Knast?«
Guardino hatte sie dazu gebracht, das Ende zu fälschen, statt Alicias wirkliches Schicksal preiszugeben. Hätte Cindy sich geweigert, dann hätte dieses Weibsstück ihren ganzen Auftritt verhindert. Aber das spielte keine Rolle. Sobald das Mädchen gefunden war – tot oder lebendig, wobei tot für die Einschaltquote besser war –, wollte Cindy diese Guardino mit deren eigener Taktik vernichten.
Und wenn Cindy erst einmal mit ihr fertig war, würde man Guardino nicht einmal mehr einen Job als Schülerlotsin geben.
»Das wohl kaum«, antwortete sie. »Aber ich könnte dir weitere Insidergeschichten von Burroughs besorgen, dem Pittsburgher Detective.«
Der Nachrichtenchef runzelte die Stirn. »Der ist ja nicht schlecht, aber FBI -Leute machen einfach mehr her. Besorge mir diese FBI -Lady, wie heißt sie noch mal, Guardino? Wenn du das schaffst, bringe ich dich morgen in der Primetime unter.«
»Und was sagt der Sender dazu?«
»Lass das mal meine Sorge sein und beschaff mir einfach die Story.« Er blickte sich um, um sicherzugehen, dass niemand ihn beobachtete, und legte ihr eine Hand um den Hintern – seine Vorstellung von Verführungskunst. »Wir sehen uns dann später, wenn wir hier fertig sind, ja?«
Cindy wägte ihre Optionen ab. Eigentlich hatte sie gehofft, Burroughs wiederzusehen und mehr Informationen über den Fall aus ihm herauszuquetschen, aber der Mann war wahrscheinlich die ganze Nacht über im Einsatz. »Bring Champagner und ein Angebot vom Sender mit, und ich liefere dir eine Exklusivstory von Guardino.«
Sie wirbelte auf ihren acht Zentimeter hohen Absätzen herum, warf ihm noch einen letzten Vamp-Blick über die Schulter zu und registrierte zu ihrer Genugtuung, dass seine Augen noch immer an ihrem Hintern klebten. Doch sie spürte nicht nur das Gewicht seines Blicks, sondern auch, dass alle anderen im Kontrollraum sie anstarrten wie eine Supernova, deren Strahlkraft den dunklen Raum erhellte.
Cindy zog sich in ihr kleines Büro zurück, das ihr zugleich als Umkleidekabine diente, und fragte sich schon, wie lange sie wohl noch auf den Ruf nach Washington oder New York warten musste. Dann brauchte sie keine Chefredakteure und Nachrichtenchefs mehr zu befriedigen und nicht mehr über Lokales zu berichten, sondern konnte die ganz großen Nachrichten präsentieren. Fortan würde sie immer im Rampenlicht stehen, so, wie sie es verdient hatte.
Während sie gerade von ihrer glänzenden Zukunft träumte, ging die Tür auf. In ihrem Kosmetikspiegel sah sie Burroughs hereinkommen. Er schloss die Tür hinter sich und lehnte sich schweigend dagegen.
»Was willst du denn?«, fragte sie, verärgert darüber, dass er Guardino unterstützt und darauf bestanden hatte, Alicia Fletchers Tod geheim zu halten. »Ich hab doch brav mitgespielt.«
Er nickte und betrachtete ihr Dekolleté im Spiegel. Sie beugte sich vor und tat so, als müsste sie ihren Lidstrich nachziehen, in Wahrheit wollte sie ihm nur einen ordentlichen Einblick verschaffen. Mehr würde er nicht kriegen, bis er ihr ein weiteres Exklusivinterview besorgte.
»Du willst doch immer nur spielen«, erwiderte er gedehnt.
Seine Schultern drohten sein Sportsakko zu sprengen, und sein Blick wurde glühend. Sie sog die Luft ein und genoss den Geruch nach Testosteron, der den Raum erfüllte. Und gelangte zu dem Schluss, dass sie gleich hier und jetzt ein bisschen Spaß haben konnten. Zeit genug blieb dafür.
»Bisher hast du gegen unsere Spielchen nie etwas gehabt«, erinnerte sie ihn, trug Lipgloss auf und genoss es, wie seine Augen ihren Bewegungen folgten. »Sieh endlich ein, Burroughs, dass du mit mir viel mehr Spaß hast, als du je mit dieser Guardino haben könntest. Außerdem wird sie nach der heutigen Nacht erledigt sein.«
Er schüttelte dezent den Kopf, als wollte er sie vor der Gefahr warnen, in die sie sich begab.
Cindy ignorierte ihn in der festen Überzeugung, die Oberhand zu behalten. »Sie ist mir was schuldig. Schließlich habe ich meine journalistische Integrität aufs Spiel gesetzt, um ihr zu helfen. Ich möchte Insiderinformationen über die Ermittlungen.« Sie wirbelte in ihrem Drehstuhl herum und blickte
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