Schlangenblut (German Edition)
Heftmappe durch. Skizzen von schreienden Mündern und gewundene geometrische Formen, die wie Labyrinthe ohne Ausgang aussahen, sowie ein paar wenige Bilder der Hoffnung.
Auf der letzten Seite, hinter mehreren leeren Blättern, war ein Porträt. Ein junger Mann, der einen Dämon tötet. Neben ihm stand im Dunkeln eine weibliche Gestalt mit gezücktem Schwert. Es war schwer zu sagen, ob sie den Mann von hinten erstechen oder ihm zu Hilfe eilen wollte.
Wer war Ashley? Das Opfer in der Dunkelheit … oder die Mörderin, zum Zuschlagen bereit?
KAPITEL 11
Samstag, 15.47 Uhr
»Lassen Sie uns wieder zum Haus fahren.« Lucy stieg in den brütend heißen Wagen.
»Glauben Sie, die Mutter verheimlicht uns was?«
»Nein. Aber ich muss mir ein besseres Gefühl für Ashley verschaffen. Dafür, wer sie war und an wen sie sich wenden würde, um sich helfen zu lassen. Irgendwelche Hinweise muss es im Haus doch geben.«
Lucys Handy klingelte etwa fünf Kilometer vor dem Haus der Yeagers. Es war Walden. »Wir haben vielleicht etwas. Eine Leiche.«
»Wo?«, fragte sie und nahm Stift und Notizblock in die Hand.
»Tastee Treet an der Route 22 gleich hinter Murrysville. Eine junge Frau. Und nicht weit von der Leiche haben sie Ashleys Ausweis gefunden.«
»Ist es Ashley?« Sie behielt einen neutralen Tonfall bei, biss dabei aber die Zähne so fest aufeinander, dass es weh tat.
»Ist noch nicht mit Sicherheit zu sagen.«
»Wir sind etwa zehn Minuten entfernt. Bleiben Sie bei der Mutter. Sie darf nichts erfahren, bis wir Genaueres wissen.«
»Kein Problem.«
Sie beendete das Gespräch und wiederholte Burroughs gegenüber, was Walden gesagt hatte. Burroughs reagierte nur mit einem Stirnrunzeln, während er den Impala durch den Verkehr lenkte. Wenige Minuten später sah sie den Tatort: Ein Feuerwehrfahrzeug, ein Krankenwagen und eine ganze Ansammlung von Streifenwagen aus mehreren Verwaltungsbezirken drängten sich auf einem winzigen unbefestigten Parkplatz zusammen. Uniformierte wuselten um die Bruchbude herum, in der sich das Tastee Treet befand.
Burroughs lenkte den Impala zwischen das Dienstfahrzeug des Sheriffs von Allegheny County und den Wagen der Freiwilligen Feuerwehr von Murrysville. Zwei junge Männer saßen in feuerfesten Hosen auf der hinteren Stoßstange des Feuerwehrfahrzeugs. Sie blickten zu Burroughs und Lucy, schauten ihnen aber nicht in die Augen. Stattdessen glitt ihr Blick hinunter auf die harte Erde. Lucy sah unweit von ihnen eine Pfütze von Erbrochenem und nahm an, dass sie von mindestens einem der beiden stammte.
Das Gebäude selbst war klein, allenfalls 60 Quadratmeter. Es neigte sich so deutlich auf eine Seite, dass Lucy am liebsten die Polizisten und Feuerwehrleute, die lachend und rauchend an der gegenüberliegenden Wand lehnten, gebeten hätte, in die andere Richtung zu drücken, um es wieder aufzurichten. Rund um die beschlagenen Fenster platzte die Farbe ab, auf dem Dach fehlten mehrere Schindeln, und die Pappschilder mit den täglichen Angeboten waren in ihren Plexiglas-Ständern verschimmelt.
Sie stieß die Tür auf und setzte damit das viel zu fröhliche Geklingel einer Messingglocke in Gang. Ein halbes Dutzend Polizisten standen lachend am Tresen.
»Mein Gott, wir haben doch nicht Karneval«, murmelte sie vor sich hin.
»Die haben eben gehört, dass das FBI anrückt, und wollten sich das nicht entgehen lassen«, meinte Burroughs.
»Helfen Sie mir, die zu vertreiben.« Sie setzte ein Lächeln auf und wandte sich an die Gruppe. »Meine Herren, ich bin Supervisory Special Agent Guardino vom FBI . Wer ist hier zuständig?«
Ein Beamter vom Allegheny County drehte sich zu ihr um. »Na, so was! Wir haben uns gerade schon gefragt, warum ein Special Agent des FBI sich für unseren kleinen Fall hier interessiert.« Er schob seinen Dienstgürtel zurecht, verlagerte das Gewicht und musterte sein Publikum. »Schließlich handelt es sich hier doch wohl nicht um einen Fall von Binnenterrorismus.«
Die dürftigen Lacher, die er erntete, vermittelten Lucy eine erste Vorstellung davon, womit sie es zu tun bekommen würde. Und warum die beiden Jungs vor der Tür ihr Essen ausgespuckt hatten.
»Ich habe das FBI eingeschaltet«, erklärte Chief Deputy Dunmar, während er durch die Tür hinter dem Tresen eintrat. »Nehmen Sie Ihren Arsch vom Tresen, Lassiter, und schaffen Sie die Leute hier raus.« Der Polizist sprang herunter. »Und zwar sofort!«
Lucy nickte Burroughs zu. »Sehen Sie, so macht man
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