Schlangenblut (German Edition)
Metallstange, und kam fast um vor Hitze. Die Luft war so schwer, dass sie sie in hastigen Schlucken hinunterschlingen musste, während der Gestank von Entsetzen und Tod sie zu ersticken drohte. Ihre Beine waren, abgesehen von einem gelegentlichen Kribbeln, wie abgestorben, und die Dunkelheit um sie herum sickerte in ihre Adern und erfasste ihr Herz.
Sie hatte diese Reise voller Vorfreude begonnen, bereit zu fliehen. In ein neues Leben, eine neue Hoffnung.
Hoffnung. Das Wort klang geradezu obszön in dieser neuen Welt, in der sie sich nun wiederfand. Warum gab sie nicht einfach auf, statt ihre Kraft weiter auf Hoffnung zu vergeuden?
Sie starrte in eine derart absolute Dunkelheit, dass sie nicht sagen konnte, ob ihre Augen nun offen waren oder geschlossen. Sie zwinkerte auch nicht, um es herauszufinden. Sie war bereits weg …
KAPITEL 19
Sonntag, 3.02 Uhr
Burroughs konnte einfach die Aussicht nicht ertragen, in die leere Wohnung zurückzukehren, die er in Shadyside gemietet hatte. Leer. In jeder Hinsicht.
Wenn die Jungs nicht da waren, hallte jede seiner Bewegungen von der verdammt hohen Decke und den Hartholzböden wider, dass seine Zähne klapperten wie ein einsames, in einer Munitionskiste vergessenes Projektil.
Abgesehen von ein paar Flaschen Yuengling und einem Rest schimmeliger Pizza war der Kühlschrank leer. Und die Wände kahl, mit Ausnahme zweier glänzender neuer Rahmen, in denen die Schulfotos der Jungs steckten.
Er musste unbedingt einen Teppich kaufen und ein paar anständige Teller, statt weiter von den Pappdingern zu essen, und er brauchte einen richtigen Tisch und Stühle anstelle des Spieltischchens, das seine Eltern ihm geliehen hatten. Er brauchte ein richtiges Leben.
Korrektur: Er hatte ein richtiges Leben gehabt – es aber weggeworfen.
Natürlich nicht ganz ohne fremde Hilfe.
Er fuhr die Carson Street entlang, weg vom FBI -Gebäude, und bestaunte die lächelnden Paare, die vor dem Blue Lou oder dem Mario herumhingen. Drei Uhr morgens, und noch immer amüsierten sich die Leute und fanden etwas, worüber sie reden und lachen konnten.
Als er an einer roten Ampel stand, sah er, wie ein Mann seiner Begleiterin eine Haarsträhne hinters Ohr strich. Die Geste wirkte so beiläufig, dass die Frau sie nicht einmal zu bemerken schien – und doch verschränkte sie mit dem Kerl die Finger, während die beiden weiterschlenderten. Die Szene erschien Burroughs so vertraut und doch so fremd. Sie traf ihn genau an seiner verwundbarsten Stelle.
Er fuhr in Richtung Zentrum statt ostwärts zu seiner Wohnung. Dort, im Zentrum, lebte der Teufel, versteckt in einer noblen Eigentumswohnung an der Fourth Avenue.
Er hatte tausend Gelegenheiten, es sich noch anders zu überlegen – wie jedes Mal, wenn er hinfuhr.
Er musste an Guardino denken. Lucia Theresa Guardino, was für ein Name. Aber irgendwie passte er zu ihr. Er mochte ihre Art – robust wie Stahl, aber nicht hart, ohne scharfe Kanten. Einfach nur pure Entschlossenheit.
Er schätzte die Standhaftigkeit, mit der sie sich weigerte, Ashley verlorenzugeben, und ihre zynischen Kollegen dazu brachte, sich ebenfalls weiter für das Mädchen einzusetzen. Verdammt, sogar er selbst war schon so weit zu glauben, dass die Kleine womöglich doch noch am Leben war.
In Guardino vereinten sich gesunder Menschenverstand und Charisma, was sie zu einer geborenen Führungspersönlichkeit machte. Nicht schrill und überheblich wie die meisten Frauen in Machtpositionen, vor allem bei der Polizei.
Aber auch nicht wie irgendeiner ihrer männlichen Kollegen. Sie ragte aus allen heraus. Und er hatte das Gefühl, dass sie dafür einen hohen Preis bezahlt hatte.
Er erinnerte sich daran, wie ihre Stimme sich verändert hatte, während sie mit ihrer Tochter telefonierte, wie ihre Augen größer wurden und sie errötete, als sie mit ihrem Mann scherzte. Nach nur einem Tag mit ihr hatte er das Gefühl, genau zu merken, wann sie an ihren Mann dachte. Ihre Pupillen weiteten sich dann, und eine leichte Röte kroch ihren Hals hoch. Und sie dachte verdammt oft an ihn.
Kim hatte ihn nie so angeschaut, nicht einmal unmittelbar nach ihrer Hochzeit. Oder er hatte es einfach nicht gemerkt.
Er bog in die Tiefgarage des Carlyle ein und leckte sich die Lippen. Seine Hände umklammerten noch immer fest das Lenkrad. Dies war der letzte Ort, an dem er heute Nacht sein sollte. Vor allem, während er an diesem Fall arbeitete.
Aber es war der einzige Ort, an den er noch gehen
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