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Schlangenkopf

Schlangenkopf

Titel: Schlangenkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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wartet ein ICE auf die Weiterfahrt nach Aarhus und Kopenhagen, das wäre doch was für Zlatan Sirko, wo immer – zum Teufel! – der jetzt stecken mag. Der dicke Mann und der Junge gehen an dem Zug entlang, aber sie gehen zu langsam, um ein Abteil zu suchen, und zu schnell, um einen ankommenden Reisenden abzupassen. Was tun die da? fragt sich Berndorf und wendet sich zur Seite, an einem kräftigen Mann in einer Windjacke vorbei, und bleibt an einem Abfallcontainer stehen, um die ungelesene Zeitung hineinzuwerfen. Das gibt ihm Gelegenheit, sich den Mann in der Windjacke anzusehen – unbestimmtes Alter, über vierzig, unter sechzig, trägt solide gearbeitete Schuhe und hat ein breitflächiges unbewegtes Gesicht, auch ist er sauber rasiert, und die Haare sind ordentlich geschnitten.
    Sieh an!, denkt Berndorf, und die Welle von Scham ist schneller verebbt als gedacht. Hat der Pflastertreter erkannt, aus welchem Stall auch er – Berndorf – kommt?
    Die beiden sieht er jetzt nicht mehr. Er überlegt, ob sie wohl Verdacht geschöpft und am anderen Ende des Bahnsteigs eine Treppe nach unten genommen haben. Irgendwie glaubt er nicht daran. Wenn man jemand abschütteln will, macht man das anders. Fauchend schließen sich die Türen des ICE, und erst unmerklich, dann immer schneller setzt sich der Zug in Bewegung. Berndorf entdeckt einen Getränkeautomaten und zieht sich eine Cola, dann geht er auf die andere Seite des Bahnsteigs, so dass er sowohl den Pflastertreter im Augen behalten kann wie auch die Richtung, in die der Junge und sein Begleiter gegangen sind. Er öffnet die Dose und trinkt einen Schluck, über die Bahnhofslautsprecher wird mitgeteilt, dass jetzt der ICE nach München Einfahrt hat, der Bahnsteig ist bereits dicht gesäumt von allerhand Fahrgästen, die einen Tick anders angezogen sind als sonst die Leute in Berlin, nicht gerade krachledern, aber doch handgenäht, und mit Gepäck, dem man ansieht, dass es halt ein paar Euro mehr gekostet hat als die Ware vom Kaufhof. Auch der Pflastertreter hat seinen Standort verändert und vertieft sich in den Aushang mit den Abfahrtszeiten.
    Und dann sind plötzlich auch wieder der Junge und der dicke Mann zu sehen, sie kommen jetzt auf seiner Seite des Bahnsteigs zurück, und Berndorf dreht sich ein wenig zur Seite, um noch einen Schluck aus der Dose zu trinken. Die beiden bleiben vor einer offenen Telefonzelle stehen, dann wechseln sie noch ein paar Worte, der Junge nickt und geht zur Rolltreppe und verschwindet nach unten, ohne sich umzublicken.
    S ie waren Zeuge bei diesem Unfall, sagten Sie?« Die junge Polizistin am Empfangsschalter des Reviers Mitte blickt etwas zweifelnd von Barbara Stein zu dem Mann, der ihr mit erkennbarem Widerwillen in die Wache gefolgt ist.
    »Bin ich nicht«, erwidert Barbara und deutet mit dem Daumen zu Uwe, »er ist es. Ich bin nur mitgegangen, damit er auch wirklich seine Aussage macht.«
    »Und der Unfall war vor einer Woche? Da kommen Sie erst jetzt?«
    »Genau deshalb bin ich mitgekommen«, erklärt Barbara und legt die Hand auf Uwes Arm. »Dass er sich von solchen Fragen nicht von seinem guten Willen abbringen lässt.«
    Die Polizistin blickt auf. »Sie sind Universitätsprofessorin, ja? Warum müssen Sie mir gegenüber diesen aggressiven Ton anschlagen?« Ohne eine Antwort abzuwarten, nimmt sie das Telefon, aber der Gesprächspartner, der sich nach einiger Zeit meldet, ist offenbar nicht der richtige. Wieder wirft die Polizistin einen Blick auf Barbara und den Mann, diesmal weniger vorwurfsvoll als vielmehr beunruhigt. Sie atmet kurz durch, dann wählt sie eine zweite Nummer.
    »Ja, Herr Regulski, hier ist ein Zeuge wegen der Fahrerflucht Kleine Rosenthaler …« Sie nickt, legt auf und bittet die beiden Besucher, mit ihr zu kommen. Durch einen Flur geht es zu einem Büro, noch vor dem Eintreten wirft Barbara einen Blick auf das Türschild, das ist also ein Hauptkommissar, der sie erwartet, Berndorf war das auch gewesen, aber das ist so lange her, es ist schon gar nicht mehr wahr. Dieser Hauptkommissar hier ist von bodenständiger Wirklichkeit. Mit einer knappen Handbewegung weist er ihr und Uwe die Sitzplätze vor seinem Schreibtisch zu, sieht sich dann ihre Ausweise an und notiert die Daten.
    »Sie sind der Zeuge?«, fragt er schließlich und fixiert Uwe. Dann wendet er sich Barbara zu, aus welchem Grund – »bitte sehr« – sie eigentlich hier sei.
    »Ich habe ihn ausfindig gemacht«, antwortet sie und weist mit einer

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