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Schlangenkopf

Schlangenkopf

Titel: Schlangenkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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Minuten.« Akzent nicht sehr ausgeprägt, aber kein Deutscher.
    »Ach, auch dorthin?«
    »Wenn noch ein Platz frei ist.«
    Unsinn. Ein Platz muss frei sein. Das geht gar nicht anders. Sie hat einen Trauerfall. Seit wann, überhaupt, muss man die Fahrkarten vorher kaufen? Das hat sie noch nie gehört. »Könnten Sie mir wohl behilflich sein? Der Koffer, wissen Sie …«
    »Kein Problem«, antwortet das Handtuch. »Ich trinke gerade meinen Kaffee aus.« Der Deckel des Abfalleimers wird geöffnet, irgendetwas wird hineingeworfen – wenn ein Plastikbecher auf anderes Plastik trifft, dann kann es so ein leichtes flaches Knacken geben, das können die meisten Leute nicht hören. Aber sie erkennt es sofort.
    »Gehen wir?«
    Der dünne Mann steht neben ihr und nimmt den Koffer.
    »Vorsicht, Stufe!«
    Das muss er ihr nicht sagen, denkt Elfriede Watzkau, da achtet sie schon allein darauf, wofür hält er sie? Dann kommt schon wieder ein Bussteig und noch einer, wo führt dieser Kerl sie hin? Plötzlich bleibt er stehen, fast wäre sie über ihren Koffer gestolpert, warum kann der Kerl nichts sagen? Eine Wand ist neben ihr, metallisch, mit einem blauen Schimmer, und da ist auch der Geruch der Reifen, ein Omnibus, das hat sie sofort gesehen. Warum geht es nicht weiter? Andere Leute vor ihnen sind beim Einsteigen, natürlich dauert das, die Leute machen sich keine Mühe und denken nicht weiter und vor allem nicht daran, dass es auch noch andere Fahrgäste gibt.
    Irgendwann kommen sie und der dünne Mann doch noch an die Reihe, auch sind noch Plätze frei, natürlich sind sie das, das wäre ja noch schöner gewesen.
    »Mit Rückfahrt vierundsiebzig Euro, und zwei Euro Zuschlag für den Koffer.«
    »Nach Frankfurt? Unglaublich«, protestiert Elfriede Watzkau, »und einen Zuschlag, also den hat es noch nie gegeben, und auch noch für einen so lächerlich kleinen Koffer. Aber sagen Sie, fahren Sie vielleicht über Frankfurt-Heddernheim, ich muss nämlich …?«
    Nein, das tut der Busfahrer natürlich nicht, und auch sonst hat er kein Einsehen. Aber was soll man machen? Die Leute sind nicht freundlich, und was sechsundsiebzig Euro für eine allein stehende behinderte Frau mit einem Trauerfall bedeuten, das wissen die einfach nicht. Schließlich muss sie auch noch ganz hinten sitzen, immerhin hat sie einen Fensterplatz, man will ja auch etwas sehen. Der Handtuch-Mann sitzt neben ihr, er hat keinen Zuschlag fürs Gepäck zahlen müssen, weil, er hat keines dabei, warum nicht?
    »Ach, ich will nur einen Cousin besuchen …«
    »Und dann gleich wieder zurück?«, fragt sie, und zwar deshalb, weil er nur einfache Fahrt gelöst hat.
    »Doch«, kommt die Antwort, »aber vielleicht mit dem Auto … mit dem Auto von meinem Cousin.«
    Elfriede Watzkau überlegt. Was der alte Bock ihr hinterlassen hat – also das meiste davon gehört auf den Müll, das weiß sie schon jetzt. Aber falls es doch ein paar Sächelchen gibt, die sie behalten will – wie bringt sie die dann nach Berlin?
    Sie wendet sich zu dem Mann neben ihr. »Wir haben uns noch gar nicht bekannt gemacht … Nennen Sie mich einfach Elfie.«
    Kurzes Zögern. »Und ich bin Zlatan.«
    I nzwischen ist es später Vormittag geworden, Berndorf geht durch die Straßen, die manchmal noch gepflastert sind wie zu Kaisers Zeiten und dann wieder mit Zementdecken ausgelegt, nur die Löcher dazwischen sind mit Asphalt geflickt, oder sie sind eben nicht geflickt, und in den Pfützen spiegelt sich der Himmel über Berlin oder wenigstens die Hausfassaden, manche davon sind frisch verputzt. Gleich drei Schaufenster füllt ein Trödelladen mit seinen Auslagen, ein Haus weiter gehört das Schaufenster mit darin ausgehängten Börsennotierungen und Statistiken zu einem Capital Security Management, wie auf dem großen polierten Messingschild neben der Türe zu lesen ist. Ein noch junger, schwarzlockiger, sehr dicker Mann steht in der Tür, als müsse er zeigen, dass er ein Geldhai zum Anfassen ist, er trägt einen dunkelblauen Nadelstreifenanzug und spitze schwarze glänzende Schuhe, und als Berndorfs Blick den seinen trifft, deutet er ein aufmunterndes Lächeln an.
    Du Menschenkenner!, denkt Berndorf und geht weiter, die Luft ist mild, der Frühling wird bald kommen, und die Leute – nein, flanieren tun sie nicht, das hier ist nicht das Viertel dafür, aber sie hasten nicht mehr aneinander vorbei, und wenn einer jung ist und hübsch, dann bleibt das nicht unbemerkt.
    Das Café, das ihm der Schneider

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