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Schlangenlinien

Titel: Schlangenlinien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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gestorben. Sagen Sie also nicht, ich hätte Dreck an den Händen. Sie sind hier die Einzige, die den Baseballschläger geschwungen hat.«
    Maureen richtete ihre zusammengekniffenen Augen auf mich. »Nichts als Lügen! Vor einer Woche hat dieses Weib noch behauptet, Derek hätte Annie verdroschen, bevor er sie auf die Straße geschmissen hätte – jetzt will sie mir die Sache in die Schuhe schieben. Ich frag nur eines – wie hätte ich diese fette Sau durch die Haustür kriegen sollen? Sagen Sie mir das mal?«
    »Annie hat sich selbst hinausgeschleppt«, sagte ich und atmete tief durch die Nase, um die Zuckungen, die wie Elektroschocks meinen Körper erschütterten, zu stillen. »Sie hatte einen Schädelbruch, einen gebrochenen Arm – sie war weiß Gott wie lange bewusstlos gewesen, während Ihr dreckiger Sohn sich an ihr verging, aber sie hatte immer noch genug Lebenswillen, um sich zur Straße hinauszuschleppen und Hilfe zu suchen.« Ich wollte wieder losstürzen, aber Geoffrey Spalding hielt mich auf. »Und niemand hat ihr geholfen, weil alle glaubten, sie wäre betrunken.«
    »Auch Ihr Mann«, zischte sie.
    »Ich glaube, sie kam zu unserm Ende der Straße, weil sie wusste, dass ich der einzige Mensch war, der ihr helfen würde. Ich halte es sogar für möglich, dass sie an unsere Haustür klopfte – und es ist furchtbar, dass ich nicht da war, nur weil ich in der Schule gesessen und auf Parasiten wie Sie und Derek gewartet habe, die mit mir über die Entwicklung ihrer Kinder reden wollten.« Ich ließ mich abrupt wieder auf meinen Stuhl fallen. »Ein guter Witz, nicht? Wir wussten doch alle, dass Ihre Kinder sich nur in einer Richtung entwickelten – auf den Knast zu.«
    »Unterstehen Sie sich, uns Para –«, begann Derek.
    Aber Geoffrey Spalding fiel ihm ins Wort. »Was hast du Rosie angetan?«, fragte er Alan scharf.
    »Gib ihm keine Antwort, Junge«, nuschelte Maureen Blut speiend. »Wir brauchen uns nicht zu rechtfertigen, nur weil dieses niederträchtige Weib hier Lügen über uns erzählt.«
    »Ich will hören, was Ihr Sohn zu sagen hat«, entgegnete Geoffrey Spalding zornig. »Wenn er meine Rosie vergewaltigt hat, dann möchte ich das wissen. Dann sollte man ihn einsperren.«
    »
Ihre
Rosie?«, rief Maureen und wischte sich das Blut mit dem Blusenärmel vom Mund. »Das ist gut. Das ist wirklich gut. Auf einmal ist sie
Ihre
Rosie, und vorher konnten Sie sie nicht schnell genug loswerden, um mit dem Flittchen da zusammenzuziehen.«
    »Bleiben wir doch beim Thema, Maureen«, mischte sich Wendy energisch ein. »Wann hat Alan Ihnen eigentlich erzählt, was für eine Rolle er in dieser ganzen Angelegenheit gespielt hat? Und warum haben Sie nichts unternommen, um zu verhindern, dass es noch schlimmere Ausmaße annahm?«
    Maureen zog sich tiefer in die Sofaecke zurück. »Fragen Sie doch Derek«, brummte sie trotzig. »Er hat Ihnen doch schon gesagt, dass er Alan gesagt hat, was er tun soll. Was hätt ich denn schon unternehmen können? Ich hätt doch höchstens selbst eine Tracht Prügel gekriegt – wie immer, wenn Derek fand, dass ich mich einmische.«
    Aber Derek schüttelte unwillig den Kopf. »Ich hab gesagt, dass ich die Verantwortung für die Sache mit der Lehrerin übernehme«, erklärte er, »aber für sonst nichts.«
    »
Sonst
gibt es nichts«, fuhr sie ihn gereizt an. »Was haben wir denn schon groß getan? Wir haben der Niggertante ein paar Sachen geklaut und Frau Schlaumeier hier eine kleine Lektion in Benimm erteilt. Alles Übrige ist Lüge.«
    Ich sah auf. »Und was ist mit den Katzen?«, fragte ich kalt. »Dienten die auch als Lektion ‘in Benimm’?«
    Sie senkte hastig den Blick und griff nach ihren Zigaretten.
    »Sie wussten zu genau, wie viele Katzen sich in Annies Haus befanden. Sie hätten die Zahl bestimmt nicht gekannt, wenn Sie nicht jeden traurigen kleinen Streuner, den Sie gequält und gefoltert haben, mit Befriedigung abgehakt hätten.«

    Wieso traf gerade das Alan mitten ins Herz? War der Tod einer Katze denn schrecklicher als der eines Menschen? Die Entwürdigung einer Katze schwerer zu vergessen? Waren die Schreie einer Katze erschütternder? Anscheinend. Annie konnte man ruhig sterben lassen – mich konnte man erniedrigen – Rosie konnte man weinen lassen –, aber ein Tier musste geliebt werden. Seine innere Qual war erschreckend, und während ich ihn beobachtete, sah, wie er mit den Tränen um diese längst verstorbenen Tiere kämpfte, fragte ich mich, ob er allem

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