Schlankheitswahn (Ein Fall für Lizzy Gardner) (German Edition)
Auburn fahren und mit Ellen Woodson reden. Sie war damals, als Carol verschwand, ihre beste Freundin. Ich hab schon versucht, sie zu Hause anzurufen. Sie hat abgenommen, wollte aber nicht mit mir über Carol sprechen.«
Jessica nahm Stift und Notizblock. »Was willst du wissen?«
»Alles, was Ellen zu dem Tag einfällt, an dem Carol verschwand. Zum Beispiel, wo sie hinwollte. Und was ihr zum Zeitpunkt ihres Verschwindens durch den Kopf gegangen sein könnte. Warum hat Carol nach der Schule in dem Laden etwas zum Essen besorgt und ist dann stundenlang auf der I-5 gefahren, bevor ihr Auto liegen blieb? Wohin war sie unterwegs und warum? Die Mutter hat mir Carols Zeugnisse gezeigt und daraus geht hervor, dass sie eine gute Schülerin war, weit über dem Durchschnitt. Sie kam gut mit ihrer Mutter klar, hat immer ihr Zimmer sauber gemacht und ist den Anweisungen ihrer Eltern gefolgt, ohne zu murren. In der Schule war sie bei allen beliebt. Aber keiner hat so viel Zeit mit Carol verbracht wie Ellen. Die beiden waren ständig zusammen. Ellen ist im Augenblick unsere einzige wirkliche Zeugin. Damals, vor über zwanzig Jahren, stand sie unter Schock und wollte nicht über das Verschwinden ihrer Freundin reden. Inzwischen sind zwei Jahrzehnte vergangen und sie hüllt sich immer noch in Schweigen. Die Frau weiß was.«
»Hast du mir nicht vor ein paar Tagen erzählt, Carols Auto wäre nicht weit von einem Nationalpark liegen geblieben?«
Lizzy nickte. »Ja, im Mendocino National Forest.«
»Vielleicht wollte sie im Park Hilfe holen und ist unterwegs gefährlichen Leuten begegnet.«
»Detective Roth hat gesagt, die Polizei hätte die ganze Gegend gründlich durchkämmt und keine Leiche gefunden. Aber es gab damals zwei Zeugen, die am Straßenrand eine junge Frau gesehen hatten, auf die Carols Beschreibung passt. Der eine Zeuge hatte keine Zeit anzuhalten, aber er hat später die Polizei angerufen und ihr von dem Mädchen berichtet. Der andere Zeuge hat sich die Mühe gemacht zu wenden, aber als er bei ihrem Auto ankam, war sie schon weg. Eine Viertelstunde später kam ihm ein Buick entgegen und er schwor, dass das Mädchen auf dem Beifahrersitz gesessen hat. Dieser Zeuge, ein Mr Theodore Johnson, war wegen Körperverletzung vorbestraft, weil er einmal seine Freundin geschlagen hatte. Johnson war zunächst der Hauptverdächtige. Bis heute behauptet er steif und fest, er sei unschuldig.«
»Was ist mit dem Auto, in dem Johnson Carol gesehen hat?«
»Volltreffer!«, sagte Lizzy und zeigte mit dem Finger auf Hayley. »Ich glaube, die Polizei hat Johnsons Aussage nie ernst genommen.«
»Aber wenn er schuldig war, warum hat er dann die Polizei angerufen?«, fragte Jessica.
»Ganz meine Rede. Deshalb möchte ich, dass du und Hayley ein wenig herumtelefoniert und eure Computerkenntnisse dazu benutzt, um mehr über das Auto herauszufinden, das Mr Johnson an jenem Tag gesehen hat. Wir kennen die Marke und das Modell und wir haben die ersten drei Ziffern des Kennzeichens. Das steht alles in der Akte.«
Lizzy stützte sich mit beiden Händen auf dem Schreibtisch ab und erhob sich von ihrem Sessel. Dann ging sie vorsichtig zu dem Wandschrank, in dem sie die Akten aufbewahrte. Nach nur zwei Tagen Training fühlte sie sich, als hätte sie ein Lastwagen überrollt.
»Was hast du?«, fragte Jessica, als Lizzy mit der Akte vor der Brust an den Schreibtisch zurückkehrte.
»Erinnerst du dich noch an diesen Melbourne mit dem Waschbrettbauch?«
»Klar.«
»Er ist mein neuer Trainer.«
Jessica lachte. »Du machst Witze.«
»Ich wollte, es wäre so.« Lizzy gab Hayley die Akte. Dann beugte sie den Oberkörper nach vorne und versuchte, die Zehenspitzen zu berühren und die verkrampften Muskeln zu strecken. Es hatte keinen Zweck. Sie kam nicht einmal bis zu den Knöcheln.
Melbourne würde sie noch umbringen, so viel stand fest.
Kapitel 12
The Helping Hand
Der Stockton Boulevard, der von der Innenstadt nach South Sacramento führte, war früher mal eine wichtige Verkehrsader gewesen. Während des Goldrauschs nutzten ihn die Leute, um nach Stockton und den Farmgürtel im San Joaquin Valley zu gelangen. In den Sechzigerjahren des 20. Jahrhunderts versank der Boulevard durch den Highway 99 in der Bedeutungslosigkeit. Die meisten Geschäfte mussten schließen und die Gegend kam ziemlich herunter. Nachts kreisten Polizeihubschrauber am Himmel und Schießereien waren an der Tagesordnung, aber ein neuer Bauboom hauchte dem Boulevard wieder
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