Schleier der Traeume
sperrte auf, sprang über die Schwelle und lehnte sich seufzend gegen die wieder verschlossene Tür. »Nächstes Mal, ich schwör’s, mime ich einen analphabetischen Gastarbeiter«, sagte er zu sich.
Er fuhr den Computer hoch. Es gab mehrere Nachrichten von Jessa und Matthias, die bestimmt Einzelheiten zu Rowans Identitätswechsel und ihrem Umzug enthielten. Eine andere E-Mail sprang ihm stärker ins Auge – sie kam von Paracelsus und enthielt den knappen Vorschlag, sofort Lotto zu spielen.
Er zog sein Handy heraus und stellte brummelnd fest, dass Paracelsus ihm zehnmal auf den Anrufbeantworter gesprochen hatte. Statt sich damit aufzuhalten, die Nachrichten abzuhören, rief er seinen Freund direkt an.
»Es geht um Aphrodite«, sagte Paracelsus. »Sie hat beschlossen, nach Hause zurückzukehren und sich ihren Dämonen auszuliefern.«
Drew wusste ein wenig von Rowans Vorgeschichte. Als Mädchen war sie einem reichen, zu Misshandlungen neigenden Vater davongelaufen, und ohne ins Detail zu gehen, hatte sie keinen Zweifel daran gelassen, sich lieber umzubringen als ihn wiedersehen zu wollen. »Vielleicht muss sie das ja tun.«
»Wissen Sie, was er ihr angetan hat?«
»Nicht genau.«
»Er hat sie gezwungen, zum Spiegelbild seiner toten Frau zu werden«, sagte Paracelsus, »also jener religiösen Fanatikerin, die Aphrodite von Dämonen besessen glaubte und versucht hat, das Mädchen mit neun Jahren umzubringen.«
Drew schloss kurz die Augen. »Warum tut sie das?«
»Ihr Vater hat Rowans Geliebten und ihre Freunde massiv bedroht und ist absolut in der Lage, seine Drohungen wahr zu machen.« Paracelsus seufzte. »Sie hat mir nie gesagt, wer ihr Vater ist, sie kann also überall sein. Ich hatte gehofft, sie habe Ihnen etwas erzählt.«
»Ich weiß, dass sie in New York aufgewachsen ist, aber wir haben nie Klarnamen benutzt.« Drew dachte kurz nach. »Vielleicht weiß Jezebel das.« Er loggte sich im Chatroom ein, um Jessa Bellamy zu kontaktieren, die zum Glück auch online war. »Ich hab sie. Bleiben Sie bitte am Apparat.« Rasch schilderte er ihr die Lage und fragte, ob sie wisse, wer Rowans Vater sein mochte.
J: Seinen Namen hat sie mir nie verraten, aber einmal sagte sie, sie habe in einer richtigen Villa gelebt, einer sehr alten Villa in Manhattan, glaube ich. Sie meinte, davon gibt es in der ganzen Stadt nur noch zwei.
Es gibt mehr als zwei Villen in New York
, antwortete Drew.
J: Es war noch was damit. Jetzt weiß ich’s wieder: Es war eine frei stehende Villa. Das Haus ihres Vaters ist eines der beiden mit einem Garten umgebenen Herrenhäuser in Privatbesitz, die es in Manhattan noch gibt
.
Drew bedankte sich, versprach, sie auf dem Laufenden zu halten, und loggte sich aus. Am Telefon berichtete er, was Jessa ihm geschrieben hatte.
»Ich kenne beide Villen«, sagte Paracelsus. »Die eine wird zum Hotel umgebaut. Bleibt nur die Villa King. Rowans Adoptivvater muss Gerald King sein.«
Drew runzelte die Stirn. »Ist der nicht vor ein paar Jahren gestorben?«
»Offensichtlich nicht. Ich fahre hin, aber wenn das Gelände so gesichert ist, wie Rowan behauptet, brauche ich technische Unterstützung.«
Drew öffnete bereits das absolut illegale Programm, mit dem er andere Computersysteme hackte. »Betrachten Sie mich als Ihren persönlichen Assistenten.«
Taire steuerte den Wagen in die Garage. Um ihn zu fahren und das Garagentor zu öffnen, hatte sie die Regeln brechen müssen, aber nun, wo Rowan da war, würde Vater es verstehen.
»Ich löse jetzt den Bann und lasse Sie aussteigen«, sagte sie zu Sean Meriden. »Sie müssen mit mir nach oben kommen. Falls Sie versuchen wegzulaufen, wende ich mehr Druck an«, warnte sie ihn. »Ich kann Ihnen alle Knochen brechen. Es genügt, wenn ich es mir lebhaft vorstelle.«
»Ich weiß«, keuchte er. »Aber das dürfen Sie mir nicht antun. Ich werde Ihnen nicht wehtun – versprochen. Lassen Sie mich gehen.«
»Das kann ich nicht. Vielleicht nachdem ich mit ihr gesprochen und ihr die Dinge erklärt habe. Das weiß ich noch nicht.« Taire stieß mit einem kurzen mentalen Befehl die Fahrertür auf und lockerte den Bann, den sie um Sean gelegt hatte.
Einige Männer ihres Vaters kamen mit Schusswaffen in die Garage, doch Taire sorgte dafür, dass die Kugeln zu Boden fielen, und schob die Männer wie Stoffpuppen beiseite. Beim Betreten des Hauses ließ sie Sean hinter sich gehen, und nachdem sie sechs weitere Wächter lahmgelegt hatte, führte sie ihn zum
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