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Schleier des Herzens (German Edition)

Schleier des Herzens (German Edition)

Titel: Schleier des Herzens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Wings
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Unterkünfte, eigene Bäder, paradiesische Anlagen. Mustafa waren schon die Wohnungen der Diener fürstlich erschienen. Die Gärten und Innenhöfe, die er jetzt durchschritt, ließen ihm schier den Atem stocken. Wasserspiele, exotische Pflanzen, verschwiegene Winkel, in die sich die Frauen zum Plaudern und Kaffeetrinken niederlassen konnten. Überall betörender Blumenduft und Wohlklang – eine Gruppe Musiker schien ständig aufzuspielen, um die Stimmung traumhafter Leichtigkeit zu unterstreichen, die der Architekt dieses Harems zweifellos gewünscht hatte.
    Die Frauen und Mädchen begutachteten den neuen Eunuchen interessiert und freundlich – in einigen der schönen Augen sah Mustafa aber auch einen seltsamen Ausdruck, der ihm fast wie Mitleid erschien. Trauerten sie mit ihm um den Verlust seiner Manneskraft? Mustafa wunderte das, für die Frauen im Harem war es schließlich eine Selbstverständlichkeit, von Eunuchen umgeben zu sein. Dann drängte er den Gedanken jedoch beiseite und bemühte sich stattdessen, die Frauen nicht allzu schamlos anzustarren. Sicher, man hatte ihn seines Geschlechts beraubt; nie wieder würde er dieses betäubend süße Gefühl spüren, wenn sich das Blut in seinem Unterleib sammelte, um seinem Zauberstab blühendes Leben zu verleihen. Aber seine Augen hatte man ihm doch gelassen, und er war nicht blind für weibliche Schönheit. Dazu hatte sie sich ihm nie zuvor so unbefangen und unverschleiert gezeigt. Fast keines der Mädchen trug im Harem auch nur die Cobija. Stattdessen liefen sie unverschleiert und manchmal halb nackt herum; vor den Eunuchen kannten sie keine Scham. Atemlos blickte Mustafa auf pralle Brüste, die sich unter leichtestem Chiffon abzeichneten, Lippen in den Farben der Rose oder Bougainvillea.Milchweiße, zartbraune bis tiefschwarze, makellose Haut, Augen in allen Farben zwischen kohlschwarz und einem fast durchsichtigen, filigranen Blau. Der Harem des Emirs beherbergte fast vierhundert Frauen aus aller Herren Länder, jede auf ihre Art eine Schönheit, jede perfekt gepflegt, erstklassig erzogen und oft hoch gebildet.
    Der Obereunuch kannte sie alle mit Namen und begrüßte sie mit kleinen Schmeicheleien oder Scherzworten, erntete Antworten süßer und rauchiger, unschuldig glockenheller und dunkler, verheißungsvoller Stimmen. Alle behandelten ihn ehrerbietig und ließen keinen Zweifel an seiner Stellung. Hassan Felicidad war der wahre Herrscher dieses Harems.
    »Du kommst ursprünglich aus Kastilien, nicht wahr?«, wandte er sich schließlich an Mustafa. »Kannst du die Sprache noch?«
    Der junge Eunuch nickte, schaute aber schon wieder unsicher. »Ich wurde mit sechs Jahren geraubt. Seitdem habe ich kein Spanisch mehr gesprochen ...«
    Aber doch in seiner Sprache sein Schicksal beklagt, in seiner Sprache geträumt ...
    »Versuch es trotzdem. Soeben ist eine neue Sayyida eingetroffen. Sie kam erst kürzlich aus Kastilien. Ich würde sie gern in ihrer heimischen Sprache begrüßen. Der Emir hat uns aufgetragen, dass es ihr an nichts fehlen soll. Hier entlang, sie hat eine der schönsten Wohnungen. Unzweifelhaft eine neue Favoritin. Das ist sehr erfreulich. Unser Herr sucht viel zu selten Entspannung bei seinen Sklavinnen ...«
    Hassan hielt hastig inne, als hätte er schon zuviel gesagt. Mustafa wunderte sich wieder. Diskretion war sicher wichtig, aber im Harem blieb es wohl keinem verborgen, wann der Herr kam und wen er besuchte oder zu sich rief. Und Hassans Rede hatte auch nicht geklungen, alsob er die Potenz seines Herrn anzweifelte ... Nun, auch darüber konnte er später nachdenken. Jetzt wappnete er sich erst mal für die ungewohnte Aufgabe als Übersetzer.
    In den Räumen der neuen Odaliske lag noch das Unterste zuoberst. Eine ältere, energische Zofe wies ein paar Mädchen an, Kleider in die Truhen zu legen und Möbelstücke neu zu arrangieren. Eunuchen schleppten eine Wiege hinein, was Mustafa erneut vor neugierige Fragen stellte. Eine neue Favoritin, die mit einem Kleinkind anreiste?
    Mitten in all diesem Wirbel und scheinbar unberührt von der Aufregung saß eine junge Frau auf einem Diwan und spielte die Laute. Mustafa, der eine schwarzhaarige Schönheit erwartet hatte, stockte der Atem. Hatte er jemals so schneeweiße, zarte Haut gesehen? Ein so königliches Antlitz, umrahmt von üppigem Haar in der Farbe rot glühenden Goldes?
    Als Hassan sich vor ihr verneigte, sah die Frau mit meerblauen Augen auf. Mustafa war fasziniert von der Schönheit dieser in

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