Schloss der Liebe
wo wir uns auf jedem noch so kleinen Sonnenflecken, der durch die Eichenbäume fällt, lieben können. Nein, nicht jetzt, aber wenn wir wieder daheim sind.«
Sie schlief ein, seine Hand auf ihrem Bauch.
»Dieses Kleinod von einer Burg dort drüben ist Rosehaven«, sagte Gwent und zeigte auf das Schloss aus goldfarbenen Steinen, das am Ende eines Vorgebirges thronte, der wie ein langer, knochiger Finger bis zu dem kleinen Fluss Glin reichte.
»Lord Brenfavern hat gesagt, es sei Eigentum des Grafen von Oxborough«, meinte Severin. »Er hatte noch nicht vom Tod des alten Grafen gehört. Der Besitz wird von Gefolgsleuten aus der Gegend bewacht, die sich jeweils abwechseln. Es ist noch nie zu irgendwelchen Streitigkeiten gekommen, weil alle Gefolgsleute zu irgendeinem Zeitpunkt im Jahr hier ihren Dienst ableisten. Eine wirklich kluge Strategie.«
»Aber wer wohnt dort?«
»Das werden wir gleich wissen«, sagte Severin. »Lord Brenfavern konnte es mir auch nicht sagen.« Er gab seinem Streitross die Sporen.
»Haltet die Standarte hoch!« rief Gwent dem Mann zu, der die Fahne von Oxborough trug. »Wir wollen lieber nicht riskieren, dass wir eine böse Überraschung erleben und mit einem Pfeilhagel empfangen werden.«
Aber es gab weder böse Überraschungen noch irgendeinen Pfeilhagel.
Die Wache erkannte die Standarte von Oxborough sofort und winkte ihnen zu. Sie hörten Männer rufen. Ohne jedes Misstrauen öffnete der Wächter das große doppelflüglige Tor, das auf einen kleinen äußeren Burghof führte. Dort erwarteten sie ein gutes Dutzend Soldaten, mehrere Pferde und ein Schmied, der gerade einen Helm in Form klopfte. Die Männer hießen sie mit lauten Rufen willkommen und dachten augenscheinlich gar nicht daran, zu ihren Waffen zu greifen. Severin bedeutete Gwent und den anderen, im äußeren Burghof zu warten.
Dann ritt er mit Hastings in den inneren Burghof. Severin hielt sein Pferd ruckartig an, als Hastings auf einmal hörbar den Atem einzog. Entlang der inneren Burgmauer zog sich ein Meer von Gärten und Blumenbeeten hin, in denen eine atemberaubende Blütenpracht gedieh. An einer Seite der Mauer rankte ein Rosenbusch, der bis über die Zinnen wucherte. Inmitten üppig wachsender Blumenstauden plätscherten wunderschöne, aus Stein gehauene Brunnen. Das Plätschern von Wasser erfüllte die Luft. Severin hörte Vogelgezwitscher. Durch den Garten führten breite Wege, damit niemand die Blumen niedertrampeln konnte. Hastings sog den starken Duft der Rosen ein.
»Ein Märchenschloss, das einer Prinzessin würdig ist!«, rief Hastings und breitete die Arme aus. »Sieh dir das nur an.«
»Ein Schloss für die Geliebte deines Vaters, Hastings. Wappne dich lieber. Er scheint sie außerordentlich gut behandelt zu haben. Das alles hat er wohl nur für sie errichtet.«
Hastings hörte die Kinder, bevor sie sie sah. Dann kamen vier Mädchen aus dem Garten auf sie zugelaufen, lachend, lärmend, einander zurufend. Zwei Frauen folgten ihnen und versuchten, mit den Kindern Schritt zu halten.
Das älteste der Mädchen schien kaum älter als zehn, das jüngste höchstens vier oder fünf Jahre alt zu sein. Wie angewurzelt blieben sie stehen und betrachteten verwundert den Mann und die Frau.
Waren das die unehelichen Kinder ihres Vaters? Hastings fühlte, wie sich ihr Magen zusammenzog. Vielleicht hätte sie lieber doch nicht herkommen sollen. Ganz offensichtlich hatte ihr Vater sie jahrelang belogen, nachdem er ihre Mutter umgebracht hatte. Er er war hier mit einer Geliebten zusammengewesen, die ihm alle diese Töchter geboren hatte.
Das älteste Mädchen rief: »Ihr müsst absteigen. Mutter sieht es gar nicht gern, wenn ihre Pflanzen zertreten werden. Hat Gergen Euch denn nicht gesagt, dass Ihr die Pferde auf dem äußeren Burghof zurücklassen müsst? Ihr werdet großen Ärger mit Mutter bekommen, wenn Ihr auch nur eine Blume zertrampelt.«
Severin nickte und stieg ab. Dann drehte er sich zu Hastings um und hob sie von Marella herunter.
»Wie heißt du?«, rief Hastings dem Mädchen zu.
»Ich bin Marella.«
»So heißt auch mein Pferd!«
Das Mädchen lachte. »Euer Pferd ist wunderschön. Es macht mir überhaupt nichts aus, den gleichen Namen zu haben. Aber es ist auch der Name von Herzog Williams berühmter Stute. Es heißt, dass William, als sie starb, eine Woche lang um sie getrauert hat und sie unter seinem Schlafzimmerfenster begraben ließ.«
»Das stimmt«, bestätigte Hastings. »Und es stimmt auch,
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