Schloss der Liebe
geweint und mich um Vergebung angefleht.
»Ich habe ihn zurückgewiesen. Ich sagte ihm, dass ich ihm niemals verzeihen würde. Er brachte mich dann hierher auf diese kleine Burg über dem Fluss, dem Glin. Damals war es kaum mehr als ein trauriger Steinhaufen. Aber dann habe ich den Garten hier angelegt und den Ort zum Leben erweckt. Ich habe ihn Rosehaven genannt und jetzt ist es wunderschön hier. Du musst dir nachher meine Rosen ansehen. Eine Sorte habe ich Hastings genannt, nach dir. Hier hat es noch nie auch nur die Spur von Gewalt gegeben.« Sie schwieg einen Moment und betrachtete ihre Tochter, die ebenso groß war wie sie. »Du bist wunderschön geworden, Hastings, viel schöner als die Rose, die ich nach dir benannt habe. Ich wusste immer, dass du dich gut entwickeln würdest. Und jetzt stehst du hier vor mir. Immer, wenn eine meiner Töchter auf die Welt kam, habe ich in ihnen nach dir gesucht und immer ein Stück von dir gefunden. In der Art, wie sie mit den Schultern zuckten vielleicht, oder wie Marella lacht, wie Matilda ihren Kopf zurückwirft, alle haben auch etwas von dir. Oh, ich habe dich so sehr vermisst, habe an dich gedacht und mich gefragt, ob du dich jemals an mich erinnerst und wie du wohl über mich denkst. Hast du geglaubt, dass ich Unrecht getan, dass ich gesündigt habe?«
Hastings schüttelte den Kopf. Die Tränen machten jeden Versuch, zu sprechen unmöglich.
»Ich habe ihn angefleht, dich sehen zu dürfen, aber er hat immer abgelehnt. Er meinte, wenn du erfährst, dass ich noch am Leben bin und dass er immer noch mit mir zusammen ist, dass du dann dieses Geheimnis nicht für dich behalten könntest.«
»Ich frage mich, warum er davon nichts gesagt hat, als er starb«, sagte Severin und rieb sich das Kinn.
»Mein Mann war nicht gerade von Skrupeln geplagt«, seufzte Hastings' Mutter. »Er ist also tot?«
»Ja, schon seit einigen Monaten. Er hat Severin zu seinem Nachfolger gemacht. Wir wurden an seinem Sterbebett vermählt. Es tut mir Leid, Mutter.«
Lady Janet schwieg lange, den Blick auf der kleinen Lärche, die in der Mitte eines der Gärten wuchs. »Er war kein schlechter Mensch. Ich glaube, er wird mir fehlen. Ich habe gelernt ihn zu nehmen, wie er war, weil ich keine andere Wahl hatte. Und er liebte seine Töchter -jede einzelne von ihnen. Er hat dafür gesorgt, dass keiner der Grafen und Herzoge in der Umgebung Rosehaven einnehmen konnte. Du meinst, er hätte es euch sagen können? Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er sich auf dem Sterbebett deinen Vorwürfen aussetzen wollte, Hastings. Und nun tretet ein. Ich werde euch süßen Wein und etwas von den Kuchen servieren, auf die meine Köchin sich auf das Beste versteht.«
Der Große Saal wurde seinem Namen kaum gerecht; das Innere der Burg hatte mehr Ähnlichkeit mit einem Herrenhaus. Die Wände waren alle aus dem gleichen rötlichen Stein gemauert und mit wundervollen, dicht gewebten Gobelins bedeckt worden. Es gab nur vier große Esstische, die alle blitzblank gescheuert waren, und einen kleinen Kamin, an dem nicht das kleinste Stäubchen Ruß hing. Der Boden war mit frischen Binsen bedeckt, die einen starken Rosmarinduft verbreiteten. Rosehaven schien der perfekte Aufenthaltsort für eine Prinzessin zu sein.
Als Wein und Kuchen auf den Tischen standen, erzählte Lady Janet: »Dein Vater hat die Wandteppiche eigens aus Flandern kommen lassen.«
»Sie sind wunderschön«, sagte Hastings. »Sicher wärmen sie euch im Winter gut.«
»Nein, das nicht gerade, aber es ist eine Freude, sie anzuschauen.«
Trist steckte seinen Kopf aus Severins Tunika.
Matilda stieß einen Schrei aus und deutete mit dem Finger auf ihn. Harlette rief: »Schaut nur, Lord Severin trägt ein Tier unter seinem Hemd!«
Hastings sah von einem Mädchen zum anderen. »Und ihr seid alle meine Schwestern«, murmelte sie, immer noch ungläubig, als traue sie ihren eigenen Augen nicht. Ihre Mutter lebte, und sie hatte weitere vier Töchter. Sie riss sich zusammen. »Ja, das ist Trist. Es ist ein Marder. Wenn ihr nett zu ihm und nicht zu laut seid, kommt er näher und spielt mit euch.«
Trist schälte sich aus Severins Tunika und sprang auf den Tisch. Neugierig beäugte er jedes einzelne der Mädchen. Dann streckte er eine Pfote nach Normandy aus. Sie kreischte auf. Trist mauzte, legte sich auf den Rücken und wedelte mit seinem dichten Schwanz.
»Wie heißt deine Mutter?«, erkundigte sich Severin leise, als die Mädchen sich immer näher zu
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