Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition)

Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition)

Titel: Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
Vom Netzwerk:
Jacke. Ihr: Marko, Mladen, Igor und Mike, Jugo, Russki, Deutschmann.
Die Jüngsten 15, die Ältesten 20, Ballonseide und Glitzerblouson, Roleximitat, Sonnenbrille
und Goldkettchen auf sattbrauner Haut. Nur Brutsch leuchtete mit seinem blassen,
mageren Gesicht aus der Gruppe hervor.
    »He, Brutsch!«, sagte ich. »Ich würde dir gern einen ausgeben.« Brutsch
machte sich ganz klein.
    »Ausgeben?«, rief einer. »Na klar, Mann! Sind wir alle dabei.«
    »Nee, nur der Brutsch. Ich muss mit dem reden.«
    »Reden? Bist du schwul oder was?«
    »Ich nicht. Aber mein Fahrrad.« Das kapierten sie nicht. Sie waren
ja auch nicht dabei gewesen, als ich zum ersten Mal vor der Rohrwaldschule aufgetaucht
war. Prompt wurde der Ton aggressiver.
    »Dann red halt mit dem Brutsch. Los, da steht er. Mach den Schnabel
auf, Alter, aber so, dass wir alle was verstehen.«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Was is?«, rief einer, der vor lauter Hanteltraining gar nicht mehr
normal gehen konnte. Schob immer abwechselnd eine seiner aufgepumpten Schulterpartien
vor. Rechts, links, so kam er auf mich zu. Meines Wissens gab es beim Dressurreiten
für diese Gangart eine Bezeichnung. »Was is?«, rief er. »Mann, sind wir scharf drauf,
was ihr zwei zu quatschen habt.«
    »Nö. Ist ’ne Sache zwischen mir und dem Brutsch.«
    »Voll die Geheimnistuerei!«, wieherte der Dressurgaul. Sein Bizeps
zuckte. »Kann ich gar nicht ab, so was. Wollt ihr zwei vielleicht ficken? So im
Dunkeln, Höschen runter? Das kannst du vergessen, Alter!«
    Schweigend grinste ich ihn an. Was sollte man darauf auch erwidern?
    »Hör auf mit dem Gegrinse!«, zischte er. »Sonst baller ich’s dir aus
der Fresse, klar?«
    »Hier ist am Dienstag einer erschossen worden«, sagte ich leise. »Also
halt dich ein bisschen zurück mit deiner Großmäuligkeit!«
    »Ey«, machte er und hielt mir seinen dicken Zeigefinger unter die Nase.
Was er noch an Drohungen auf Lager hatte, würde ich nie erfahren. Ein Brummen aus
dem Inneren des Schlossblicks genügte, um ihn den Finger wieder einklappen zu lassen.
    »Macht euch vom Acker, Jungs«, seufzte Fred. »Kommt morgen wieder,
ja?«
    Netter Versuch, hohnlachte es in mir – doch im nächsten Moment verging
mir das Lachen. Alles stellte seine Dosen auf die Durchreiche und warf Plastikgeschirr
in einen Abfalleimer. Abklatschen, Hände in die Hosentaschen, im Gehen eine letzte
SMS. Selbst mein Kraftprotz knüllte seine Serviette zusammen, um sie brav zu entsorgen.
Bevor er der Gruppe hinterhertrottete, brachte er noch einmal seinen Zeigefinger
zum Einsatz.
    »Wenn du dich morgen wieder hier blicken lässt, kannst du was erleben,
Alter!«
    »Und was, bitteschön?«
    Er lachte nur.
    Mein Bier immer noch in der Hand, blickte ich dem Grüppchen nach. Trotz
Schulterpolstern war der dünne Brutsch zwischen all den Kraftprotzen kaum zu sehen.
Da ging er hin, mein Informant.
    »Idioten!«, fluchte ich.
    Fred sammelte die Bierdosen ein.
    »Aber du hast sie ja ganz schön im Griff, Fred! Wie machst du das?«
    »Eine Viertelstunde noch«, gähnte der Imbissbesitzer. »Dann ist Schluss
für heute. War ein langer Tag.«
    Schweigend spielte ich mit meiner Bierdose herum.
    »Du darfst die Jungs nicht in die Ecke drängen, Max«, fuhr er nach
einer Pause fort. »Dann reden sie nicht mit dir. Zu viele schlechte Erfahrungen,
verstehst du?«
    »Danke für den Tipp. Wusste gar nicht, dass sich ein Dutzend junger
Männer neuerdings von einem Einzelnen in die Ecke drängen lässt. Muss die neue Generation
sein.«
    Fred schüttelte den Kopf. »Nun bleib mal entspannt. Was willst du denn
mit Brutsch besprechen?«
    »Was wohl? Wer hinter dem Mord stecken könnte.«
    »Der Brutsch hat den Schallmo nicht umgelegt. Klar baut der dauernd
Scheiße, aber einen erschießen – nee.«
    »Ach so, verstehe!« Ich knallte die Dose auf die Durchreiche. Freds
teigige Art begann mir mächtig auf die Nerven zu gehen. »Verstehe! Niemand hat den
Schallmo umgelegt. Die Hauptschüler nicht, die sind nämlich eigentlich voll in Ordnung,
ich schwör. Die Collegeschüler auch nicht, aus demselben Grund. Überhaupt niemand
im Hasenleiser, in ganz Heidelberg, weil, das kann ja gar nicht sein. Aber erschossen
wurde er trotzdem!«
    Fred seufzte. Dann gähnte er mal wieder. Gleich würde er mich um ein
Schlaflied bitten! Stattdessen kramte er einen winzigen Notizblock hervor und blätterte
ihn mit seinen dicken Fingern durch. »Soll ich den Brutsch dazu bringen, dass er
mit dir quatscht,

Weitere Kostenlose Bücher