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Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition)

Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition)

Titel: Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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Schlag der Kirchturmuhr öffnete ich die Tür des Frisörladens.
Ein kleiner Vorraum mit Empfangstheke, die Wände weiß, mit wenigen, aber kräftigen
Farbakzenten. Bei meinem Zahnarzt sah es ganz ähnlich aus. Erst jenseits zweier
Stellwände, die als Raumteiler dienten, erstreckte sich das Reich der Lockenwicklerhauben,
wie ich es kannte. Oder sagen wir: wie ich es gekannt hatte, denn seit meinen seligen
Studienjahren war ich mein eigener Frisör. Bei dem unansehnlichen Kraut, das immer
spärlicher über meinen Schädel kroch, tat es auch der Elektrorasierer. Einmal hatte
sich Christine an einer Frisur für mich verkünstelt, aber das Ergebnis unterschied
sich nicht im Geringsten von meiner üblichen Dreiminutenprozedur, und natürlich
kriegten wir uns trotzdem – wohin? In die Haare, genau.
    Zurück in den Hasenleiser. Zum Salon mit dem lustigen Namen. Von einer
Säule hinter der Theke lachte mich das Team an: vier junge Hüpfer, die eine ältere,
straffe Dame flankierten, dabei alle einen Styroporkopf mit Perücke in der Hand
hielten und arglos lächelten. Keine Angst, lieber Kunde, sollten wir dir die Frisur
vermurksen, haben wir immer noch eine Ersatzmatte auf Lager – so interpretierte
ich die Botschaft des Fotos. Die Namen der fünf waren ebenfalls angegeben. Die Chefin
hieß natürlich Kaiser, viel interessanter aber fand ich die Mitarbeiterin links
außen: Gizem Ak s ehir. Das war sie also, die
ältere Schwester Fikrets. Oder Halbschwester, Kusine, was auch immer. Gizem. Wenn
mir jemand Auskunft über die geheimnisvolle SMS geben konnte, dann sie.
    »Hübsch, meine Mädels, nicht wahr?«
    Ich drehte mich um. Vor mir stand das älteste Fünftel des Teams: die
energische Matrone namens Kaiser. Sie schaute streng, doch in den Augenwinkeln lauerten
jede Menge Lachfältchen auf ihren Einsatz.
    »Sehr hübsch«, bestätigte ich. »Vor allem das Mädel in der Mitte.«
    »Na, na, na«, drohte sie mir zwinkernd und schlug einen großformatigen
Kalender auf. »Haben Sie einen Termin, junger Mann?«
    »Brauche ich den?«
    »Nicht, wenn Sie ein bisschen warten können.«
    Ich nickte und zeigte auf das Bild. »Darf ich auch wählen, welche Ihrer
Mitarbeiterinnen an mir herumschnipselt?« Sie hob eine schmale Braue, was ich als
ein Ja unter Vorbehalt interpretierte. »Dann hätte ich gern Frau Ak s ehir.«
    Kaum zu glauben, aber die Braue rutschte noch ein Stückchen nach oben.
»Gizem, unser Azubi? Im Moment hat sie noch ein paar Dinge vorzubereiten. Aber spätestens
um halb zehn ist sie frei.«
    »Sehr gut.«
    Frau Kaiser zögerte. »Dann sehe ich nur noch ein Problem.«
    »Und das wäre?«
    Sie zeigte auf mein Ermittlerhaupt. »Um es in Ihren Worten zu sagen:
Da oben gibt es nicht viel rumzuschnipseln.«
    »Stimmt«, grinste ich und strich mir über den Schädel. Vergangenes
Wochenende erst hatte ich den Rasierer angesetzt. Mit diesen Stummeln zum Frisör
zu gehen, war ein einziger Witz. »Tja«, sagte ich, »was machen wir denn da?«
    »Marke Eigenbau, schätze ich.« Wie die Frisörin mein Haupt begutachtete,
gefiel mir gar nicht. Ihre resolute Ausdrucksweise dagegen machte mir Spaß. »Also,
wie gesagt: Mit Kürzen ist da nicht viel. Wir könnten färben, wenn Sie das wollten,
aber ich würde Ihnen abraten. Passt nicht zu Ihnen.«
    »Sehe ich genauso.«
    »Wollen Sie Ihren Haaren etwas Gutes tun?«
    »Etwas Gutes? Ja, warum eigentlich nicht?«
    »Den Haaren, der Kopfhaut, dem ganzen Wohlbefinden? Dann schlage ich
vor, dass Gizem Ihnen den Nacken nachrasiert, Konturen korrigiert und Sie anschließend
mit einer japanischen Massage verwöhnt. Danach fühlen Sie sich wie neugeboren.«
    »Japanisch?«
    »Keine Angst«, schmunzelte sie. »Es tut nicht weh.«
    »Nein?« Sie hatte gut reden! Kopfmassage, das klang eher nach Krankengymnastik
als nach Frisörsalon, aber bitte, auch das Coiffeurgewerbe würde sich in den letzten
zwei Jahrzehnten weiterentwickelt haben. Während ich noch mit mir zu Rate ging,
betrat eine Kundin den Salon, wurde namentlich begrüßt und nach hinten geschickt.
    »Ich komme sofort«, versprach die Chefin. »Also, junger Mann: entschieden?«
    »Sieht so aus«, nickte ich. »Einmal den Japaner bitte.«
    »Wollen Sie hier warten oder in 20 Minuten wiederkommen?«
    »Ich warte lieber hier.«
    »Dann mir nach.« Wir betraten den eigentlichen Salon, in dem sich die
eben eingetroffene Kundin bereits vor einem Spiegel niedergelassen hatte. Eine junge
Frisörin, das blondierte Haar waghalsig schräg

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