Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schlüsselfertig: Roman (German Edition)

Schlüsselfertig: Roman (German Edition)

Titel: Schlüsselfertig: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Rick
Vom Netzwerk:
vordere Hosentasche und wühlt darin herum, als wollte er seine Eier ausgiebig kraulen. Wahrscheinlich macht er es sogar. Dann zieht er ein dickes Geldbündel hervor und wirft es vor mir auf den Stehtisch. Das ist auf den ersten Blick plump, auf den zweiten vielleicht beeindruckend, aber nur so lange, bis man näher hinschaut und sieht, dass es sich um lauter Zehn-Euro-Scheine handelt, die von einem porösen Weckgummi notdürftig zusammengehalten werden.
    »Das war nicht meine Frage, Kalle.«
    Er guckt mich verdutzt an. Braucht ein bisschen Zeit, um zu begreifen, was ich gesagt habe. Wenn ich mir das recht überlege, sind seine Augen ziemlich glasig.
    »So? Waswarndeinefragenochmal?«
    Jetzt realisiere ich auch den Trennschärfeverlust in seiner Sprache. »Warum möchtest du die Wiese haben? Wofür?« Ich spreche laut und übertrieben deutlich, als wäre er schwerhörig.
    Kalle holt tief Atem und rafft die versprengten Reste seines Intellekts zusammen, um mir eine völlig überzeugende Erklärung zu liefern: »Ich möchte eine Kamelfarm aufmachen. Das war schon immer mein Traum. Ich liebe Kamele. Schon als Kind. Das sind einfach exquisite Tiere. Und so genügsam und nützlich.«
    Das hat er aber schön einstudiert. Hat sich sogar bemüht, Pausen zwischen den einzelnen Wörtern zu machen. Aber diese Idee ist bestimmt nicht auf seinem Mist gewachsen. Sätze wie »Das sind einfach exquisite Tiere« würden Kalle nie einfallen. Das klingt mir eher nach ... Monique.
    »Und warum brauchst du einen langfristigen Pachtvertrag? Oder willst gleich kaufen?«
    »Ja, ähm, weil, Kamele werden nun mal sehr alt. Und wenn die sich erst mal an einen bestimmten Ort gewöhnt haben ... das sind sehr häusliche Tiere. Bisschen wie Katzen. Die ziehen ja auch nicht gerne um.«
    Ich muss zugeben, Kalle schlägt sich recht tapfer. Aber ich hake unbarmherzig nach: »Wie alt werden Kamele denn im Schnitt?«
    »Ja, äh, also, manche werden fast siebzig oder achtzig. Oder einzelne auch mal hundert. Bei guter Pflege natürlich.«
    Wie ich noch aus dem Biologieunterricht weiß, werden Kamele durchschnittlich vierzig Jahre alt. Im Behalten überflüssiger Fakten bin ich Meisterin. »Und wie willst du die Kamele nutzen?«
    »Naja, man könnte sie melken oder drauf reiten oder vielleicht Pullover daraus machen.«
    »Und warum brauchst du unbedingt meine Wiese?«
    »Weil die einfach geeignet ist. Der Boden. Die Lage. Ist dort am besten für Kamele. Woanders geht das nicht.«
    Hat er sich das jetzt selbst ausgedacht, oder ist er gut präpariert worden? Und von wem? Von Monique und Heiner? Oder Heiners Mutter. Oder, Moment, ist Kalles Onkel nicht Bauunternehmer? Ja, das passt alles ins Bild. Daher muss ich ihm leider das Aus für seinen Traum von einer eigenen Kamelfarm auf meiner Wiese verkünden.
    »Lieber Kalle, so ganz ausgereift scheint mir dein Businessplan noch nicht zu sein. Und meine Wiese steht leider nicht zur Verfügung. Tut mir Leid.« Ich trinke mein Bier aus und wende mich zum Gehen. Das Herumstehen in den hohen Schuhen ist ungewohnt, meine Füße fangen an zu schmerzen, ein paar Schritte werden ihnen gut tun. Ich stöckele möglichst gekonnt von dannen. Ah, ja, das mögen die Füße. Ein kühles Bad hätten sie vielleicht vorgezogen, aber sie haben nun mal keine Wahl. Ganz hinten im Zelt sehe ich jetzt Heiner, umringt von ein paar Feuerwehr-Kumpels. Ich könnte ja mal auf ihn zugehen. Ganz unauffällig, nur mal hallo sagen, um zu sehen, wie er auf mein Outfit reagiert.
    Nach ein paar Metern wird das angenehme Gefühl des nachlassenden Fußschmerzes von einem brutalen Reißen getrübt. Mein String ist anscheinend zu Nato-Draht mutiert und will verhindern, dass meine Pobacken sich aneinander reiben. Doch das tun sie nun mal, schließlich habe ich ja keinen dieser winzigen Betonhintern, die man in Dokumentationen über brasilianische Strände sieht. Überhaupt ist mein Hintern nicht geeignet, in irgendeiner Dokumentation eine aussagekräftige Rolle zu spielen. Aber das ist doch kein Grund, derartig übertrieben auf einen harmlosen String zu reagieren! Das ist ja, als hätte man die Zahnarztszene von Marathon Man in meine Unterhose verlagert. Ich muss dieses Biest loswerden. Sofort! Mit zusammengebissenen Zähnen eiere ich gen Zeltausgang, denn draußen stehen ein paar Dixie-Klos. Zum Glück sind immer noch recht wenig Leute da, den Zeitpunkt für meinen großen Auftritt habe ich anscheinend völlig falsch eingeschätzt.
    Beim Hinausgehen

Weitere Kostenlose Bücher