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Schlüsselspiele für drei Paare

Schlüsselspiele für drei Paare

Titel: Schlüsselspiele für drei Paare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hat.
    »Wie Sie wollen.« Die alte Frau erhob sich, schob den quietschenden Rolltisch wieder weg und trug die Ätherflasche zurück in die Speisekammer. Dann band sie die Gummischürze ab und streifte die Gummihandschuhe ins Spülbecken. »Zu mir brauchen Sie nicht wiederzukommen! Und wenn Sie mir tausend Mark bieten! So ein Theater! Und es dauert nur ein paar Minuten …«
    »Ernst …«, sagte Julia leise und legte den Kopf gegen seine Brust. »Ich flehe dich an … laß es uns tun …«
    »Nein. Ich … ich … habe Angst …«
    »Bei mir ist noch keine verblutet!« rief die alte Frau vom Spülbecken.
    »Denk an Vater.« Julia umfaßte Fallers. »Er jagt mich weg wie einen räudigen Hund! Die Tochter des Studienrats Bentrob … ein Kind von einem Mann, den sie gerade eine Stunde kennt …«
    »Ach, so ist das?« Die alte Frau kam wieder an den Küchentisch und stieß Fallers in den Rücken.
    »Sie sind gar nicht der Vater?«
    Fallers schüttelte den Kopf. Dann half er Julia vom Tisch und legte ihr das Handtuch um die Schultern. Sie raffte es über den Brüsten zusammen, als schäme sie sich.
    »Julia wurde vergewaltigt«, sagte er kaum hörbar.
    »Dann zeigen Sie den Kerl doch an!«
    »Das geht nicht. Das verstehen Sie nicht.«
    »Oh, ich verstehe vieles.« Die alte Frau wedelte mit den Händen vor Fallers' Gesicht. »Aber man kann es sich denken. Parties, Alkohol, diese neumodische blödsinnige Musik … und dann passiert es …«
    »So ähnlich.« Fallers war es, als brenne jedes Wort Löcher in seine Haut. Er sah, wie sich Julia langsam wieder anzog, unendlich langsam, als erwartete sie immer noch den Zuruf: Wir tun es doch. Dann war sie fertig, bis auf die Schuhe. Auf Strümpfen kam sie zu Fallers zurück. Ihr Gesicht war wie zusammengeschrumpft. »Gehen wir«, sagte Fallers rauh. »Mir wird schlecht in dieser Luft.«
    »Das sind die Männer!« Die alte Frau sah Julia fast mitleidig an. »Nun werden Sie das Kind mit sich herumschleppen bis zu Ihrem Lebensende. Und immer wird die Erinnerung da sein an den anderen Mann.«
    »Halten Sie den Mund!« schrie Fallers und ballte die Fäuste. »Halten Sie endlich den Mund!«
    »Und man kann in wenigen Minuten die Vergangenheit auslöschen, wenn man will.«
    »Komm, Julia.« Fallers griff nach Julia und schob sie aus der Küche. »Hör nicht auf sie. Sie hat nie Kinder gehabt. Sie hat sie nur immer weggemacht … Komm!«
    Im Flur zog Julia ihren Mantel an und band sich ihr Kopftuch um. Die alte Frau stand in der Küchentür und sagte kein Wort, bis Fallers die Wohnungstür zum Treppenhaus öffnete.
    »Sie irren sich«, sagte die alte Frau. Ihr Gesicht war grau wie ihr Haar, aber das mochte von der merkwürdigen Frühlichtbeleuchtung kommen. »Ich hatte sieben Kinder.«
    Fallers blieb wie zurückgestoßen stehen. Auch Julias Kopf fuhr herum.
    »Sieben?« fragte Fallers leise.
    »Ja. Sieben.«
    »Und wo sind sie?«
    »Zwei Jungen sind gefallen, der eine in Frankreich, der andere in Rußland. Drei Töchter töteten die Bomben. Ein Junge, der jüngste, ein lieber Kerl, lebt in Bruchsal … im Zuchthaus. Er hat seine Geliebte erwürgt. Und Else, die letzte Tochter, steht in Düsseldorf auf der Straße und ist eine Hure geworden!« Die alte Frau faltete wieder die Hände über dem Bauch. »Sieben Kinder … und was habe ich? Es lohnt sich nicht, Kinder zu haben! Überlegen Sie es sich, kleines Fräulein.« Die alte Frau wischte sich über die Augen. »Ich habe es vorhin nicht so ernst gemeint. Sie dürfen wiederkommen, kleines Fräulein, wenn Sie mehr Mut haben. Aber den da« – sie zeigte mit ausgestrecktem Arm auf Fallers – »lassen Sie dann weg!«
    Fallers zog Julia in das Treppenhaus und warf hinter sich die Tür zu. Dann rannten sie gemeinsam, Hand in Hand, die Treppen hinunter, hinaus auf die Straße und noch ein Stück weiter, und alle, die sie sahen, dachten, sie wollten noch eine Straßenbahn erreichen. Daß sie vor sich selbst flüchteten, wer ahnte das?
    Später standen sie atemlos am Straßenrand, mit leeren Augen und dem Gefühl, etwas Schrecklichem mit knapper Mühe entronnen zu sein.
    »Was nun?« fragte Julia, als Fallers schwieg.
    »Ich werde dich heiraten«, sagte er tief atmend.
    »Und das Kind?«
    »Ich werde sagen, es sei mein Kind. Allen werde ich es sagen – ich bin der Vater.«
    »Das hältst du nicht durch, Ernst. Daran werden wir zerbrechen.« Julias Kopf sank nach vorn. Sie weinte wieder. »Wir werden nie mehr glücklich sein.«
    »Wir werden es

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