Schlüsselspiele für drei Paare
und machte Anstalten davonzufahren.
Fallers sah hinüber zu dem getarnten Militärlastwagen. Irgend etwas kam ihm seltsam vor. Die Stille. Keine Stiefelspuren im Schnee. Kein Laut. Keine Bewegung. Auch Radspuren waren nicht zu sehen, und es hatte vor zwei Tagen zum letztenmal geschneit. Ein so schwerer Wagen kann doch nicht fliegen, dachte Fallers. Das ist verdammt merkwürdig.
»He! Kameraden!« rief er in den Wald.
Keine Antwort.
Julia war stehengeblieben und sah ihren Verlobten erstaunt an.
»Komm«, sagte sie. »Vielleicht darfst du das gar nicht. Wenn das eine Übung ist … wir stören hier nur …«
Fallers machte ein paar Schritte auf den Wagen zu und blieb dann wieder stehen. Jetzt konnte er es ganz deutlich sehen: Auch um den Wagen herum war unverletzter Schnee. Keine Trittspuren. Keine Regung.
»So etwas gibt es nicht!« sagte Fallers laut. »Eine fliegende Engelskompanie ist noch nicht da.«
Er schlurfte weiter durch den Schnee und rief noch einmal laut: »Hallo! Ergebt euch, Jungs! Hier kommt ein schwerer Panzer!«
»Laß den Quatsch. Komm zurück, Ernst!« rief Julia vom Wege her. »Das ist verboten, was du machst …«
Ernst Fallers hatte den Militärlastwagen erreicht. Er zwängte sich durch die herunterhängenden Tannenzweige, hob das Tarnnetz hoch und sah in die Führerkabine. Dann ging er nach hinten, sah unter die Plane und erkannte Kisten und Deckenrollen und einen Berg Schlafsäcke. Manövergut. Und weit und breit kein Mensch. Kein Soldat. Kein Laut. Und keine Fußspur.
Fallers kehrte zurück zum Führerhaus und öffnete die Tür. Er mußte mit aller Kraft an der Klinke reißen, weil die Tür zugefroren war, aber dann ging sie doch mit einem knackenden Laut auf. Er beugte sich vor und sah auf die Pedale. Sie waren fast sauber, so, als habe man sie nicht mit schneeverkrusteten Stiefeln bearbeitet. Auch Schneewasser lag nicht auf dem Gummiboden. Nur Staub.
Staub, wenn draußen Schnee fällt?
Fallers schob sich halb mit dem Oberkörper in das Führerhaus und wollte das Ablagefach des Beifahrers ausräumen, als er etwas in der Ritze der Polsterbank glitzern sah. Es war eingeklemmt zwischen Rücken und Sitz.
Ein Feuerzeug. Ein goldenes Feuerzeug. Zierlich, mit vielen Verzierungen, mehr ein Spielzeug.
Fallers wog das Feuerzeug in der Handfläche. Es wurde immer merkwürdiger. Soldaten mit goldenen Miniaturfeuerzeugen dürften zu den wirklichen Seltenheiten gehören. Er drehte das kleine Ding in den Fingern und stutzte plötzlich.
Auf der Unterseite war etwas eingraviert. Klein, verspielt, kaum lesbar war die Schrift. Fallers hielt sie gegen die Sonne und entzifferte sie Wort für Wort: Denke … immer … an … Rita …
Seine Hand schloß sich und umkrampfte das Feuerzeug. Das ist zu verrückt, dachte er und schüttelte den Kopf. Das ist absolut verrückt. Es muß eine andere Rita sein! Rita Camargo in einem deutschen Bundeswehrlastwagen … das ist vollendeter Blödsinn! Das fällt selbst einem Romanschreiber nicht ein. Aber dann öffnete er wieder die Finger und starrte das kleine goldene Ding an. Es war eine ausländische Arbeit. Die Gravierungen sahen aus wie indianische Muster.
Denke immer an Rita …
Erinnerungen, die er begraben wollte tief unten in seinem Herzen, kamen wieder hoch.
Der Abend bei Direktor Volbert. Das Abendessen. Die Stunden an der Bar. Die Tänze. Peter Ostra, wie er neben ihm auf dem Barhocker sitzt und ihm Feuer für eine Zigarette gibt. Mit einem kleinen goldenen Feuerzeug. Das war ihm damals aufgefallen. Es ist so klein, daß man glaubt, das Feuer flammte aus seinem Handballen auf, hatte er noch gedacht. Er hatte es sogar gesagt, und Ostra hatte gelacht und das winzige goldene Feuerzeug in die Luft geworfen und geschickt wieder aufgefangen.
Denke immer an Rita …
Das war das Feuerzeug! Es war Ostras Feuerzeug! In einem Militärlastwagen! Versteckt im dichten Wald.
»Ernst!« rief Julia vom Wege her. »Ernst? Wo bist du?«
»Gleich, Liebling! Ich komme gleich!« Fallers steckte das Feuerzeug in seinen Anorak, warf die Wagentür wieder zu und kroch unter dem Tarnnetz hervor. Ich werde es Julia nicht erzählen, dachte er dabei. Aber ich werde nun Gelegenheit haben, mit Ostra abzurechnen. Irgendeine Schweinerei ist hier im Gange, von der niemand etwas weiß. Das Feuerzeug aber ist der Schlüssel, und ich werde ihn benutzen, bei Gott – auch wenn ich damit eine Höllentür aufschließe!
Mit langen Schritten kam er zu Julia zurück, die ängstlich
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