Schluss mit dem ewigen Aufschieben
motiviert. Ihre intellektuell wirkenden Kolleginnen und Kollegen erlebt sie
häufig wieder mit Angst. Und erneut sucht sie Sicherheit im Perfektionismus.
Weil nun schon drei Komponenten im Spiel sind, liegt es auf der Hand, dass es bei den Wechselwirkungen zwischen Situationen
und den in ihnen angeregten Motiven und Emotionen zu Konflikten kommen kann, wenn diese drei nicht zueinander passen.
Helmut hat ein Motiv, das in seiner beruflichen, aber auch in seiner privaten Lage fast unentwegt angeregt wird: sich ja nicht
unterkriegen zu lassen! Diese Einstellung ist die Kehrseite eines Machtmotivs. Wie oft hat Helmut davon geträumt, es allen
durch ganz unerhörte Leistungen einmal so richtig zu zeigen! Heute noch fühlt er sich gelegentlich motiviert, mit anderen
zu konkurrieren, die er so ähnlich wie seine älteren Geschwister erlebt, aber dann reicht seine Leistungsmotivation doch nicht
aus. Außerdem wird er schnell wütend. Die Wut passt nicht zu seinem Machtmotiv, denn wer nach oben will, um Macht auszuüben,
braucht Menschenkenntnis und Geschick. Er langweilt sich in seiner gegenwärtigen Arbeitssituation, sucht sich selbst aber
auch nur extrem wenig herausfordernde Aufgaben und orientiert sich weniger an inneren Standards als vielmehr am Stapel vor
ihm und dem Brief, der ganz oben liegt. Er ist misserfolgsmotiviert, seine Gefühlslage ist pessimistisch und er hat null Bock!
Außerdem findet er, dass man ihn schlecht behandelt, dass er etwas Besseres verdient hätte und ist daher voller Groll.
Fähigkeiten, Fertigkeiten, Interessen, Werte
Außer Ihren Motiven und Emotionen, die durch eine bestimmte Situation oder Aufgabe angeregt werden, haben noch weitere, in
Ihrer Person liegende Faktoren eine erhebliche Bedeutung, wenn es darum geht, ob Sie ein Vorhaben aufschieben werden, nämlich:
|66| Ihre Fähigkeiten,
Ihre Fertigkeiten
( skills )
,
Ihre persönlichen Interessen und Werte.
Fähigkeiten sind das, was man meistens mit Begabung oder Talent bezeichnet (und dann als angeboren ansieht), aber sie können
auch erlernt und durch Übung erworben sein. Sie bilden eine Gesamtheit von psychischen Bedingungen, die alle gegeben sein
müssen, um eine bestimmte Tätigkeit auszuführen. Allgemeine Fähigkeiten sind zum Beispiel Gedächtnisleistungen, Aufmerksamkeit
und motorisches Geschick. Spezielle Fähigkeiten können die Handgeschicklichkeit oder die Ausdrucksfähigkeit sein.
Fertigkeiten sind die Kompetenzen, die Sie sich erworben haben: Sie können gut organisieren, Sie sind ausdauernd, Sie behalten
auch in kritischen Situationen den Überblick. Mit solchen Fertigkeiten haben Sie es leichter, Ihrem Leistungsmotiv zu folgen.
Ihre persönlichen Interessen und Werthaltungen sind für motiviertes Handeln schließlich besonders wichtige Einflussgrößen.
Ihr Interesse ist dann hilfreich, wenn es Sie zu Handlungen motiviert. Ein Erkenntnisinteresse, aus dem keine Lektüre oder
kein Wissenserwerb folgt, ist nur eine Fata Morgana. Bei Werten stellt sich ebenfalls die Frage, ob sie eine motivierende
Kraft entfalten, oder lediglich abstrakt von Ihnen bejaht werden.
Es ist klar, dass Ihre Fähigkeiten, Fertigkeiten, Interessen und Werte ebenfalls mehr oder weniger gut zu Ihrer Motivstruktur
passen können, die bei einzelnen Gelegenheiten angeregt wird. Fügt sich alles gedeihlich zusammen, dann haben Sie wirklich
Lust etwas anzupacken und die Sache läuft wie von selbst.
Hoch motiviert zu sein bedeutet also Folgendes: Sie sehen ein lohnendes Ziel. Ihre inneren Triebfedern spannen sich, das heißt
ein oder mehrere Motive sind angesprochen. Sie denken zum wiederholten Mal daran, jetzt zu handeln. Sie überprüfen nochmals
Ihre Zielbestimmung, die Tätigkeiten, die Sie ausführen müssen, um sie zu erreichen, und auch, ob die jetzige Situation eine
gute Gelegenheit darstellt. Sie prüfen weiterhin, ob Ihr geplantes Handeln im Einklang steht mit der für Sie spezifischen
Motivstruktur. Bei all dem regen sich positive Gefühle: Lust stellt sich ein oder Vorfreude. Wenn die geplante Aktion und
die dazu erforderlichen Tätigkeiten mit Ihrer spezifischen Motivation im Einklang sind, dann führen Sie die passenden |67| Handlungen ohne Probleme aus. Die stimulierten Affekte geben Ihrem Handeln den erforderlichen Schwung. Sie haben das Gefühl:
Ich will wirklich.
Was aber, wenn Sie sich mit einer Aufgabe abquälen, die mit Ihren Motiven wenig zu tun hat und bei der Sie
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