Schmeckts noch
schläfrig. In diesem »Chill-Down-Becken« ruht der Lachs gut zwei Stunden, dann wird Kohlendioxid (CO 2 ) als betäubendes Mittel ins Wasser geleitet. Schließlich kommt das Tier im Dämmerzustand unters Messer. Noch vor dem Eintritt der Totenstarre ist der Lachs verarbeitet.
»Farmlachs ist stets von gleichbleibender Qualität«, schwärmt die Chefköchin des Gastronomischen Instituts in Stavanger, Siv Støfringstøl. Sie rührt kräftig die Werbetrommel für die Fischfarmindustrie und schwärmt: »Das Fleisch von Wildlachs ist fester, aber im Geschmack ist er von Farmlachs kaum zu unterscheiden.« Nun, da werden Feinschmecker und Fischfreunde wohl anderer Meinung sein …
Bei Frischfisch erkennt man die wilden Verwandten des Käfigkönigs sofort an ihrer Schwanzflosse. Während der Farmlachs sein Leben lang gemächlich im Kreis geschwommen ist und deshalb eine weiche, rundliche Schwanzflosse hat, ist die Flosse beim Wildlachs spitz auslaufend, hart und erinnert an das Schwert eines Segelboots. Die Schwanzflosse ist sein Kraftwerk, wenn der Lachsgegen den Strom flussaufwärts schwimmt. Sein Fleisch ist viel weniger rot, fest und schmeckt köstlich. Im Atlantik ist der Wildlachs bis an den Rand der Ausrottung bejagt worden und daher sehr selten. Er ist geschützt, aber ob er gerettet werden kann, wagt niemand zu sagen.
Biolachse aus ökologischen Aquakulturen stammen zum Beispiel aus Schottland. Sie sind zu empfehlen, denn sie werden ohne synthetische Zusatzstoffe wie Wachstumsregulatoren aufgezogen. Außerdem haben sie viel mehr Platz im Netzkäfig. Während sich in konventioneller Farmhaltung 25 Kilogramm Fisch einen Kubikmeter Wasser teilen müssen, sind es auf der Ökofischfarm nur zehn Kilo. Sie leben in den kalten, rauhen Buchten vor der Inselkette der Hebriden an der Nordwestküste Schottlands und müssen kräftig gegen die starke Strömung und die Gezeiten anschwimmen.
Der Lachs ist der Pionier unter den Farmfischen. Heute kommen mehr Speisefische aus Farmen, als man denkt. So stammt zum Beispiel der größte Teil des Trendfischs Loup de mer, auch Wolfsbarsch genannt, aus Aquakulturen. Im Jahr wachsen 35 000 Tonnen in den Farmen am Mittelmeer auf. Nur 5000 Tonnen sind Wildfänge. Für die absolute Topgastronomie wird der Wolfsbarsch vor der Küste der Bretagne noch mit kleinen Strandkrabben geködert und per Hand geangelt. Dann geht es im Flugzeug über Paris nach Frankfurt am Main und von dort in die Gourmettempel.
Die beliebte Dorade oder Goldbrasse ist ebenfalls oft ein Käfigfisch. Sie schwimmt vor allem in Griechenland, Spanien, der Türkei und Israel in den Meeresgehegen im Kreis. Auch Meeräschen gibt es nur deshalb das ganze Jahr über, weil einige von ihnen nie das offene Meer gesehen haben. Selbst der edle und teure Steinbutt lässt sich erfolgreich züchten. Er lebt in flachen sonnengelben Kunststoffbecken und wird zwei Kilo schwer. Die Farbe Gelb fördert Wachstum und Wohlbefinden der Plattfische.
Wie der Steinbutt ist auch der Heilbutt im Bestand gefährdet und sehr anfällig für Überfischung. Er wächst langsam, aber es gibt erste Erfolge bei der Zucht in Farmcontainern. Wie in den Aktenschränken einer Behörde liegen die Plattfische auf unterschiedlichen Etagen in einzelnen Regalen. Es ist ein absurdes Bild, aber den Fischen scheint schon die Illusion von »Boden« unter den Flossen zu genügen, um ihr bescheidenes Leben zu fristen. Noch finden die Zuchten von weißem Heilbutt in kleinem Rahmen statt. Erst wenn die Massenproduktion nicht teurer ist als die Wildfänge, lohnt sich das Verfahren. Vielleicht wird eines Tages ja auch Zuchtkabeljau aus Nor wegen eine Alternative zu seinem aussterbenden wilden Verwandten sein. Denn Kabeljau ist heute bereits in vielen Gewässern durch Überfischung an den Rand der Ausrottung getrieben worden.
Welcher Fisch darf ins Einkaufsnetz?
»Fisch ist gesund«, predigen die Ernährungswissenschaftler. Doch die Meere vor unserer Haustür leiden unter Umweltgiften. Immer wieder gehen in Nord- und Ostsee Fische ins Netz, die mit Dioxinen belastet sind. Bei der Verarbeitung zu Fischmehl fällt die Dioxinbelastung dann auf. Fischmehl geht zu den Aquafarmen, wird an Karpfen und Forellen verfüttert und taucht später in der Nahrungskette auf dem Teller wieder auf. Bei Untersuchungen wurden chlorierte Kohlenwasserstoffe wie das Insektizid DDT ebenso schon nachgewiesen wie krebserregende PCBs (polychlorierte Biphenyle, die bis Ende der achtziger
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