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Schmerz - Piccirilli, T: Schmerz - The Midnight Road

Schmerz - Piccirilli, T: Schmerz - The Midnight Road

Titel: Schmerz - Piccirilli, T: Schmerz - The Midnight Road Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Piccirilli
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Dieses Gefühl hatte er noch immer.
    Die Polizisten stellten sich gar nicht erst vor. Sie waren kurz angebunden, aber höflich. Sie richteten ihm aus, Detective Raidin wolle ihn sprechen, sonst nichts. Flynn ging hinein, wusch sich die Hände und versteckte den.38er im Schrank, während die Polizisten im Wohnzimmer warteten.
    Sein Magen zog sich zusammen, als er sich in den Streifenwagen hinter das Gitter setzte und sie in entgegengesetzte Richtung zur Wache losfuhren. Mindestens ein Dutzend Szenarien fielen ihm ein, die alle
damit endeten, dass ein paar miese Bullen mit blutigen Händen dastanden und lachten und er im Straßengraben lag. Manchmal bereute er es, all diese Filme in seinem Kopf zu haben.
    Die Bullen fuhren nach Süden in Richtung Bluepoint. Offenbar waren sie sich nicht einig, wo es langging, jedenfalls drehten sie mehrmals um. Flynn kannte sich in der Gegend gut aus und wollte fragen, ob er helfen könne, beschloss dann aber, abzuwarten.
    Irgendwann hatten sie sich so verfahren, dass Flynn nicht mehr wusste, wo sie waren, bis er plötzlich das Haus von Grace Brooks erkannte. Seine Brust schnürte sich zusammen. Davor standen drei Polizeiwagen, die Busse der Spurensicherung und die Gerichtsmediziner. Die Polizisten parkten, ließen ihn raus und begleiteten ihn Schulter an Schulter hinein.
    Auf dem Wohnzimmerboden lag Grace, in einem schwarzen Hauskleid, in getrocknetem Erbrochenem. Sie war noch nicht lange tot. Er hatte das starke Gefühl, dass hier jemand nur knapp zu spät gekommen war.
    Die Kollegen von der Spurensicherung schossen Fotos und tüteten Teppich, Fasern und Spuren ihres Erbrochenen ein. Ihr Stiefvater, Harry Arnold, trug einen schwarzen Anzug, saß heftig schluchzend am Esszimmertisch und beantwortete die Fragen der Polizisten. Flynn musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, dass Raidin hinter ihm stand und auf seine Reaktion wartete.
    Flynn näherte sich Grace, so weit es ging. Es war kein Blut zu sehen. Von einer Nachricht weit und breit keine
Spur. Er betrachtete ihr Gesicht und fand, dass sie noch hübscher aussah als beim letzten Mal.
    Ihre Kleidung war vollkommen durcheinander, ihr Haar wie vom Sex zerzaust. Sie trug kein Make-up. Sie machte keinen friedlichen Eindruck. Ihre Augenbraue war hochgezogen, als würde sie die Stirn runzeln. Sie sah aus, als wäre sie wütend auf sich selbst.
    Flynn drehte sich um. Raidin sagte nichts, er sah ihn einfach nur an. Flynn hatte keine Lust mehr auf seine Spielchen und sagte: »Grace Brooks. Ein früherer Fall.«
    »Wann?«
    Auch hierauf wusste er die Antwort. »Vor vier Jahren.«
    »Haben Sie sie seitdem gesehen?«
    Flynn rechnete nach. »Vor knapp zwei Jahren. Sie war achtzehn und wollte nach L. A. Wir haben zusammen Mittag gegessen, und sie hat mir von ihren Plänen erzählt.«
    »Worin bestanden die?«
    »Sie wollte zum Film, was sonst? Aber immerhin war sie so klug, nicht gleich ein großer Star werden zu wollen. Sie wollte nur schauspielern und bei irgendeiner Serie mitmachen. Sie meinte, das sei ein gutes Training. Sie hatte den Traum und die Power. Ich glaube, sie hätte Chancen gehabt.«
    »Irgendwelche Briefe oder Anrufe seitdem?«
    »Nein. Und fragen Sie nicht, ob ich sicher bin.«
    Flynn versuchte, sich zu erinnern, aber der Anblick von Grace auf dem Boden, umgeben von so vielen Männern, lenkte ihn ab. Er widerstand dem Drang, eine Decke vom Sofa zu ziehen und sie damit zuzudecken.

    »Gab es eine Nachricht?«, fragte Flynn.
    »Nein.«
    »Wurde sie erschossen?«
    »Nein. Pillen.«
    »Was für Pillen?«
    »Percocet, Vicodin und Valium. Sieht nach Selbstmord aus.«
    »Was macht sie auf dem Boden?«
    »Auf ihrem Bett sind Spuren von Erbrochenem. Sie hat sich übergeben, aber wohl nicht genug. Sieht aus, als hätte sie sich aufgerappelt und nach unten geschleppt, und ist dann mitten im Zimmer ohnmächtig geworden. Auf dem Couchtisch liegt ein Handy. Möglicherweise hat sie es sich anders überlegt und wollte jemanden anrufen, hat es aber nicht bis zum Telefon geschafft.«
    »Mein Gott.« Eine große Traurigkeit überkam ihn. Er wollte sich davon mitreißen lassen, aber er musste noch eine Weile bei klarem Verstand bleiben. »Also besteht keine Verbindung zu …«
    »Zu Ihnen? Zu Angela Soto? Was glauben Sie?«
    Raidin musterte ihn. Der Kerl wollte ihn immer noch austesten. Die ganze Show war nur dazu da, um zu sehen, wie Flynn reagierte. Was er antwortete, wie er sich wehrte. Vielleicht kam ja etwas dabei heraus. Flynn konnte es ihm

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