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Schmerz - Piccirilli, T: Schmerz - The Midnight Road

Schmerz - Piccirilli, T: Schmerz - The Midnight Road

Titel: Schmerz - Piccirilli, T: Schmerz - The Midnight Road Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Piccirilli
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jemanden nach seinem persönlichen Weg fragte und wann nicht.
    Falsche Frage, also: Thema wechseln.
    »Und die Zettel mit den Nachrichten?«, fragte Flynn. »Können Sie mir dazu schon irgendetwas sagen? Gibt es Fingerabdrücke? Was ist mit der Tinte?«
    »Ihnen sagen?« Raidins Lippen formten die Worte, als verstünde er sie nicht ganz. Er musterte Flynn von oben bis unten. Nur ein Hauch von Verstimmung lag in
seinem Blick. »Was glauben Sie, wer Sie sind? Ich werde Ihnen gar nichts sagen.« Es klang ganz ruhig, besaß aber die gewohnte Schärfe.
    Die Sanitäter rollten Florence auf einer Trage zum Krankenwagen. Ihr Gesicht war nur halb bedeckt. Flynn dachte, Tote hätten immer ein Tuch über dem Gesicht, aber Florence lag für jedermann sichtbar da. Da waren sie, die Geier, und reckten aufgeregt die Hälse über das Absperrband, um besser sehen zu können. Der Gerichtsmediziner hatte Florence’ Mund untersucht und ihr die Lippen über die braunen Zähne gezogen. Sie luden sie in den Krankenwagen. Die Sanitäter setzten sich ihr gegenüber und plauderten. Einer von ihnen lachte. Das war normal. Sie war tot. Es lag nichts Beleidigendes darin, trotzdem hätte Flynn den Kerl die Straße rauf und runter prügeln können.
    »Was hat er mit ihr gemacht?«, fragte Flynn.
    »Sie hatte Brandmarken auf der Brust.«
    »Das habe ich gesehen. Woher stammen die?«
    »Vielleicht von einem Elektroschocker.«
    »Sie war relativ kräftig, und hart im Nehmen.«
    »Er hat ihr mehrere Schocks verpasst, und das hat dann im Endeffekt zum Herzstillstand geführt.«
    »Mein Gott«, flüsterte Flynn. Er spürte ein dunkles Zucken, wie ein brennender Stab.
    Er ballte die Fäuste, bis die Knöchel weiß waren, und rammte sie sich gegen die Beine. Aber der Schmerz in seinem Inneren war stärker. Während er auf der Leinwand Burts und Avas Schicksal verfolgt hatte, war eine Freundin auf der Toilette ermordet worden. Er musste schlucken.

    »Ab jetzt nimmt er sich nur noch Leute vor, die Sie auf jeden Fall kennen«, erklärte Raidin.
    »Wo waren Ihre Männer? Sie haben mich doch seit Wochen beschatten lassen.«
    »Wir haben sie vor vier Tagen abgezogen. Haben Sie das nicht gemerkt?«
    Flynns Zunge gab nach. Es war nichts zu machen. Kein Stil, keine Contenance. »Sie dämlicher Scheißkerl.«
    Raidin schlug Flynn mit der Kante seiner behandschuhten Hand gegen die Kehle. Es war ein schneller, wirkungsvoller Schlag, und unglaublich schmerzhaft. Flynn ging in die Knie und schnappte nach Luft. Ohne Erfolg. Panik stieg in ihm auf und überschattete seine Gedanken. Schweiß rann ihm durchs Haar. Er würde ein zweites Mal sterben. Jessie Gray musste ihre Geschichte neu schreiben. Den letzten Absatz streichen und ersetzen durch: Und dann nahm sein Schicksal eine tödliche Wendung …
    Niemand sonst hatte Raidins Schlag gesehen. Jessie hing am Handy und gab ihre Story durch. Sie sah beunruhigt zu ihm rüber, kam aber nicht zur Hilfe. Sie drehte sich weg, um sich auf ihr Telefonat mit der Redaktion zu konzentrieren.
    Während Flynn sich krümmte, griff Raidin nach dem.38er an seinem Gürtel und zog ihn aus dem Halfter. Er hob ihn bewundernd hoch, ließ ihn aufschnappen und sah nach, ob er leer war. Er war es. Raidin nickte und steckte die Waffe zurück in Flynns Gürtel. »Glauben Sie, Sie können den benutzen, wenn es so weit ist?«
    Flynn schaffte es nicht einmal, eine Antwort herauszuwürgen. Er versuchte, wieder auf die Beine zu kommen,
aber es gelang ihm nicht. Plötzlich empfand er Wärme und Respekt für Raidin, obwohl er ihm immer noch am liebsten seine kleine Visage eingeschlagen hätte. Der Schlag war verdammt unfair gewesen.
    Er sollte seine Chance nicht bekommen. Raidin blickte auf das Plakat von Burt Lancaster hinter ihm an der Wand und sagte: » The Killers. Hab ich nie gesehen.« Eine gute Gelegenheit für eine Bemerkung zum Thema, aber Raidin ließ sie verstreichen. Flynn wusste, dass sie noch kommen würde. Er atmete jetzt schwer und wartete ab. »Lancaster war ziemlich beeindruckend in From Here to Eternity . Im Vergleich zu Montgomery Clift sah er natürlich etwas blass aus, war aber immer noch exzellent in seiner Rolle. Trotz des ganzen Herumwälzens am Strand. Wussten Sie, dass er beim Zirkus angefangen hat?« Raidin sah die Wut in Flynns Gesicht und fügte hinzu: »Kopf hoch! Vielleicht knöpft sich Ihr Bösewicht ja nächstes Mal Sie vor, statt dauernd andere umzulegen.«

12
    Jessie Gray spendierte ein Taxi, und Flynn sah aus dem

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