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Schmerz - Piccirilli, T: Schmerz - The Midnight Road

Schmerz - Piccirilli, T: Schmerz - The Midnight Road

Titel: Schmerz - Piccirilli, T: Schmerz - The Midnight Road Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Piccirilli
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Was glaubt er, haben Sie ihm getan?«
    Immer wieder kam er darauf zurück, dass Flynn dem armen Killer im Schnee etwas angetan haben sollte. »Ich weiß es nicht.«
    »Doch«, sagte Raidin ruhig und überzeugt. »Sie müssen nur gründlich nachdenken.«
    »Ich tue den ganzen Tag nichts anderes.«
    »Geben Sie sich mehr Mühe.«
    Es klang fast wie ein Zuspruch, als würde er ihm vertrauen. Flynn wusste, dass es keins von beidem war. Raidin würde immer misstrauisch bleiben, er konnte
nicht anders. Es war seine Art, die Welt anzugehen, und wahrscheinlich war es das, was ihn zu einem guten Polizisten machte, wenn er denn einer war. Er hatte immer einen Finger bereit, um ihn des Mordes zu bezichtigen.
    »Ich hab’s versucht«, erwiderte Flynn.
    »Nicht ernsthaft genug.«
    »Woher zum Teufel wollen Sie das wissen? Der Einzige, der mir einfällt, ist Bragg. Da hat alles angefangen.«
    »Bragg ist tot.«
    »Vielleicht.«
    »Vergessen Sie ihn. Jemand wie Sie mit Ihrem natürlichen Charme hat bestimmt einen Haufen Feinde.« Er zog mehrere zusammengefaltete Blätter aus der Tasche und übergab sie Flynn. Es war eine erstaunlich lange Liste mit Namen. Ein paar davon sagten ihm etwas. Die ganz harten Fälle, mit denen er bei seiner Arbeit zu tun gehabt hatte.
    »Haben Sie sie überprüft?«, wollte Flynn wissen.
    »Ja, bisher sieht es so aus, als hätte jeder von ihnen ein handfestes Alibi für den Mord an Angela Soto, und jetzt nehmen wir sie uns noch mal vor und gucken mal, wo sie heute Nachmittag waren. Fällt Ihnen irgendein Name besonders auf?«
    Flynn überflog die Liste und erinnerte sich an diverse unangenehme Szenen, Schlägereien, mehrere ernste Drohungen. Einige von ihnen hatten mit Messern und Pistolen vor ihm herumgefuchtelt. Jetzt, wo er alles vor sich sah, all die Namen auf einer Liste, stellte er überrascht fest, dass mindestens die Hälfte davon Frauen waren.

    »Miriam Welby.« Sie hatte ihm mit dem Fleischklopfer den Schädel einschlagen wollen.
    »Sitzt im Gefängnis.«
    »Weil sie ihre Tochter misshandelt hat?«
    »Nein«, antwortete Raidin, »weil sie auf ihren Mann geschossen hat. Die Tochter ist bei Verwandten, es geht ihr bestens. Sonst noch jemand?«
    Diese Leute waren allesamt unberechenbar, er versuchte, beim Schlimmsten anzufangen. »Don Charrier. Der Typ hat mir eine.22er unter die Nase gehalten. Hat dann seine ganze Bude zusammengeballert, um mich aus dem Haus zu jagen.«
    »Was haben Sie gemacht?«
    »Er war am Toben und betrunken, fast von Sinnen. Er konnte kaum etwas sehen. Er fiel auf die Nase, und ich hab ihm die Pistole weggenommen. Vor Gericht meinte er, er sei gestresst gewesen, weil seine Mutter krank war. Aber als er das Sorgerecht für die Kinder verlor, schwor er Rache. Mir und dem Richter. Er hat einfach Dampf abgelassen. Das ist über zwei Jahre her. Was war sein Alibi?«
    »Er ist tot. Seine Mutter war todkrank. Er hat sich vor dem Haus seiner Exfrau eine Kugel in den Kopf gejagt.«
    »Jesus!« Diese Seiten in seiner Hand, ein einziges Elend. Genau wie die Akten, mit denen er täglich zu tun hatte. »Aber wenn diese Leute nicht wirklich als Verdächtige infrage kommen, sollte man sie dann nicht aus dieser verdammten Liste streichen?«
    »Ich wollte Ihre unvoreingenommene Meinung zu den Fällen, mit denen Sie in der Vergangenheit konfrontiert waren.«

    »Ah, klar.« Also wollte er nicht nur sie überprüfen, sondern auch ihn, dachte Flynn. Er holte einen Stift heraus und machte einen Haken neben drei weitere Namen. Er konnte sich zwar bei keinem von ihnen vorstellen, dass sie zu so etwas in der Lage waren, aber es gab ihm das Gefühl, Eigeninitiative zu zeigen. Auch wenn sie, soweit er wusste, ebenfalls tot oder im Gefängnis waren oder im Koma lagen.
    Ihre Blicke trafen sich, und für einen kurzen Moment wollte keiner von beiden die Augen abwenden. Man lernte viel über jemanden in diesen fünf Sekunden. Flynn versuchte, in Raidins Kopf hineinzusehen, hinter seine stahlgraue Front.
    »Sind Sie verheiratet?«, fragte er.
    Raidin spitzte die Ohren und legte die Stirn in Falten, als könne er nicht recht glauben, was er da gehört hatte. »Was haben Sie da eben gesagt?«
    »Ich fragte, ob Sie verheiratet sind. Haben Sie Kinder?«
    Raidins Züge verhärteten sich, bis sie wie in Stein gehauen aussahen. Er zeigte keinerlei Emotion, aber Flynn konnte spüren, wie die Wut in ihm aufstieg. Flynn war zu weit gegangen. Man konnte sich vieles leisten, aber man musste wissen, wann man

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