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Schmerz - Piccirilli, T: Schmerz - The Midnight Road

Schmerz - Piccirilli, T: Schmerz - The Midnight Road

Titel: Schmerz - Piccirilli, T: Schmerz - The Midnight Road Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Piccirilli
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gegen den Strom bis zu einem leeren Platz im hintersten Abteil. Sie hielten sich an den Händen. Seit wann, konnte er nicht sagen. Er war derart verwirrt, dass er nicht mal mehr wusste, weswegen. An manchen Tagen bekam man einfach keinen Boden unter den Füßen.
    »Lass uns zu dir gehen«, sagte sie und sank wieder in seine Arme. Er hatte nie richtig durchschaut, ob eine Frau Lust hatte oder nicht, aber hier war kein Irrtum möglich. Es hatte sie angeturnt, dass sie ihre Story bekommen hatte. Dem Tod zu begegnen, gab einem neue Lebensenergie. Flynn spürte das an sich selbst. Er war erregt und durcheinander. Er nahm an, dass das normal war, so normal wie eben möglich.

    »Wieso bist du so anders?«, fragte er.
    »Anders? Inwiefern? Seit wann? Ich denke, du bist immer so genau.«
    »Seitdem du die Story vom Mord an Florence hast.«
    »Du bist noch immer sauer auf mich.«
    »Vielleicht. Aber, weißt du, ich …«
    »Du bist von Natur aus vorsichtig, und besonders empfindlich wegen deiner Frau und dem, was du erlebt hast. Du traust mir nicht. Das ist in Ordnung, ich kann das akzeptieren. Du sollst mich ja nicht gleich heiraten. Ich dachte einfach, ich könnte für dich da sein. Ich dachte, zwischen uns wäre etwas … Besonderes.«
    Das war ein gutes Wort. Etwas Besonderes . Es hatte keine emotionale Komponente, jedenfalls nicht mehr, als alle Beteiligten zu geben bereit waren. Er hatte immer noch nicht das Gefühl, dass sie sich wirklich für ihn interessierte. Vielleicht würde sie das nie richtig, selbst wenn er sie ins Bett bekam.
    Der Zug fuhr immer wieder durch Tunnel, und Jessie Gray schlummerte zufrieden in seinem Arm. Sie drückte gegen seine Pistole, schien sich aber wohl damit zu fühlen. Irgendwann schlief sie ein. Er drehte den Kopf zur Seite, sodass sein Gesicht ihr Haar berührte, und sah durchs Fenster Queens vorbeirollen.
    Zwischen seinen Füßen saß Zero und blickte zu ihm hoch. »Du wirst nie dahinterkommen. Es geht immer so weiter, bis jemand von hinten auf dich zukommt, dir auf die Schulter klopft und dir mit einem Eispickel in die Augen sticht.«
    Vielleicht hatte er Recht.

    Als der Zug ankam, weckte er Jessie sanft auf, und sie stiegen zusammen mit den eiligen Yuppies aus. Er warf einen Blick über den Parkplatz und entdeckte den Mietwagen. Er konnte sich kaum daran erinnern, was er den Tag über gemacht hatte. Dann fiel ihm ein, wie Jessie zu ihm gekommen war und wie sie zusammen zur Bahn gefahren waren. Er hielt sie fest im Arm, während sie die Treppe hinuntergingen.
    »Du machst dir Sorgen um mich«, bemerkte sie.
    »Ich mache mir um jeden Sorgen.«
    »Ich meine, es wird dir zu viel. Du fühlst dich nicht wohl. Ich habe dich überfallen. Das macht nichts, das geht mir manchmal so bei bestimmten Männern. Meinen ersten Mann habe ich zwei Jahre lang über den ganzen Campus verfolgt. Wir haben uns als Erstsemester in einem Journalismusseminar kennengelernt, und obwohl er mich nicht besonders mochte, hab ich ihn irgendwann rumgekriegt. Das ist so eine Angewohnheit von mir, ich hab dir ja gesagt, dass ich zwanghaft bin. Ich hinterfrage mich andauernd selbst. Mein Therapeut hat Bände dazu aufgeschrieben, aber aus irgendeinem Grund falle ich immer wieder in dasselbe Muster zurück.«
    »Das macht uns zu dem, was wir sind«, sagte Flynn. »Unsere Gewohnheiten und Herangehensweisen. Unsere eingefahrenen Muster. Die unausrottbaren Schwächen unseres Charakters.«
    »Du erinnerst dich daran, dass ich das gesagt habe.«
    »Ja.«
    Er machte ihr die Wagentür auf. Sie wollte nicht einsteigen, sie wollte reden. »Und diese Beziehung ist schon verworren genug.«

    Hatten sie die denn? Waren sie schon bei ihrem ersten Date in eine Beziehung geschlittert? Ein Date, das man als nicht ganz unbelastet bezeichnen musste, zumal mittendrin ein Mord passiert war.
    »Was hast du mit deinem zweiten Mann angestellt?«
    »Dem bin ich auch hinterhergelaufen. Nachdem wir uns ein paar Mal getroffen hatten, bin ich schwanger geworden. Daraufhin haben wir geheiratet. Ein paar Monate später habe ich das Baby verloren, und noch ein paar Monate später ihn. Das Baby habe ich mehr vermisst, obwohl ich eine furchtbare Mutter abgegeben hätte. Das weiß ich. Ich sollte keine Kinder bekommen. Aber wahrscheinlich werde ich es, ist das nicht schrecklich? Und ob es das ist, du bekommst es ja dauernd mit.«
    Sie rutschte auf den Beifahrersitz. Er schloss die Tür, stieg ein, startete den Wagen und wartete, dass die Heizung anging.

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