Schmerz - Piccirilli, T: Schmerz - The Midnight Road
irgendwelchen bösen Daddys die Ohren lang ziehen. Du gehst zu Mooney. Da warst du immer noch nicht, obwohl ich es dir gesagt habe. Also, um Punkt neun Uhr hast du einen Termin. Verstanden? Punkt neun. Wenn du nicht kommst, bist du gefeuert. Du bist bis an die Grenze gegangen, und ich habe dich gelassen. Es war auch meine Schuld. Ich habe dich gedeckt. Das ist vorbei. Wenn du so weitermachst, gehst du kaputt. Du willst diesen Kerl kriegen? Okay, dann werde erst mal gesund. Und erzähl mir nicht, dass es dir gut geht. Ich weiß, dass das nicht stimmt. Geh zu Mooney, das ist der erste Schritt. Danach vielleicht noch zu jemand anderem, jemand, der dir besser gefällt, aber setz dich in Ruhe mit ihm hin. Und wehe, du tust ihm was, hörst du? Es sei denn, er fängt mit diesem Mist an, von wegen ›persönlicher Weg‹. Dann kannst du ihm von mir aus ruhig die Fresse einschlagen.«
Man sah Dale Mooney an, dass ihn Flynns Geschichte gleichzeitig erschreckte, fesselte und irgendwie anturnte. Das war keine übliche Neurose. Hier klebte Blut dran. Es ging ihm unter die Haut, das war Sex und Crime. Die Augen in seinem sanften, teigigen Gesicht leuchteten.
Er befeuchtete sich die Lippen wie ein Starlet, das sich für die Großaufnahme bereit machte. Mooney war
auf eine obszöne Weise fasziniert. Wahrscheinlich glaubte er, Flynn verliehe ihm eine gewisse Street Credibility, während er in seinem ledernen Ohrensessel saß, mit dem Kugelschreiber in der Hand, den er immer wieder gegen sein behaartes Kinn drückte. Freud hätte mit Sicherheit etwas dazu zu sagen gehabt.
Mooney hatte seine eigenen Probleme. Er wog an die dreihundert Pfund, trug einen Zottelbart und eine Hitlerfrisur. Er blinzelte und schniefte wie ein Kokser. Auf jeden Fall war er eine Erscheinung. Die Leute vom CPS verehrten ihn. Selbst die, die ihn nicht mochten, fanden ihn beeindruckend. Flynn verstand das nicht.
Flynn wollte sich nicht aufs Sofa legen. Er hatte keine Lust, sich in eine benachteiligte Position zu begeben. Mooney, der ihn von oben betrachtete und dabei alles mitbekam, was um ihn herum vorging, während Flynn dalag und darauf wartete, dass ihm jemand einen Brieföffner ins Ohr rammte. Nein, er würde von Angesicht zu Angesicht mit ihm reden, und wenn er das Gefühl hatte, es könnte ihn irgendwie weiterbringen, würde er ihm vielleicht sogar die Wahrheit erzählen. Jedenfalls einen Teil davon. Den Teil mit dem sprechenden toten Hund wahrscheinlich nicht.
»Es wäre von großem Nutzen für Sie, wenn Sie sich auf die Couch legen und versuchen würden, sich etwas zu entspannen«, erklärte Mooney.
»Ich möchte das lieber nicht.«
»Entspannen?«
»Auf der Couch liegen.«
»Warum, wenn ich fragen darf?«
»Das dürfen Sie«, erwiderte Flynn. Sein falsches Lächeln schnitt ihm ins Gesicht wie ein Daumennagel in ein Stück Ton. Er zählte innerlich bis drei, bevor er weitersprach. Seine Stimme hatte einen singenden Tonfall, den er sonst nicht an sich kannte. Er würde nie ein aufgeschlossener Mensch sein, das passte einfach nicht zu ihm, und trotzdem gab er sich Mühe. Nicht viel, aber immerhin. »Der Grund ist, dass ich mich in letzter Zeit ziemlich bedroht fühle, und obwohl ich mich hier gewissermaßen ›unter Freunden‹ befinde auf Ihrer Couch, das Leder ist übrigens wirklich schön, wäre ich doch noch ängstlicher und dementsprechend weniger gesprächig.«
»Verstehe. Ich versichere Ihnen, Sie sind absolut sicher hier.«
»Ganz unabhängig davon, ich fühle mich in letzter Zeit nirgends sicher.«
»Nun gut, ich denke, das ist verständlich.«
»Da haben Sie vollkommen Recht«, erwiderte Flynn. »Aber glauben Sie mir, ich gebe mein Bestes, Dale. Ich habe sogar meine Waffe zu Hause gelassen.«
»Sie tragen jetzt eine Waffe?«
»Ja.«
»Geladen?«
Das war wahrscheinlich die dümmste Frage, die er je gehört hatte. Flynn sah Mooney an und wartete darauf, dass er zu demselben Schluss kam, aber da konnte er lange warten. Der Seelenklempner saß einfach da, und seine Augenbrauen hoben sich, immer weiter, sein ganzes Gesicht schien zu sagen, ich will alles wissen, ich bin neugierig, ich warte auf eine Antwort.
»Ja, die Waffe ist geladen.«
»Haben Sie …«
»Ja, ich habe einen Waffenschein.«
»Haben Sie …«
»Nein, ich habe noch niemanden erschossen.«
»Würden Sie mich bitte...«
»Ja, ich lasse Sie einen Satz zu Ende sprechen.«
Mooney legte Stift und Block beiseite und nahm eine neue Pose ein, indem er beide Hände
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