Schmerz - Piccirilli, T: Schmerz - The Midnight Road
schließlich kein Selbstmörder sein. Es brauchte einigen Mut, das Lenkrad herumzuziehen und auf den Parkway zu steuern, quer über zwei dicht befahrene Fahrbahnen. Über ihnen ragte die Brücke empor.
Der GTO drückte auf die Hupe und schoss durch die meterhohe Mauer aus Schnee und Eis, prallte am Heck eines Ford-Pick-ups ab und schlängelte sich in Richtung Mittelstreifen. Mehrere Wagen krachten mit metallischem Knirschen ineinander. Kaum jemand ging bei dem Tempo in die Bremsen. Andere gerieten ins Schlingern, aber die meisten rollten einfach nur aus und prallten auf ihren Vordermann.
Der GTO sprang über den gegenüberliegenden Kantstein, landete auf dem Betonstreifen, kam aber wieder frei.
Die Fahrer auf der anderen Seite sahen ihn kommen und bremsten ab, die Wagen schleuderten und rutschten, und auch hier gab es ein paar Zusammenstöße, aber es gelang ihnen, eine Lücke zu bilden, in die der Pontiac schlüpfen konnte. Fahrtechnisch eine Glanzleistung aller Beteiligten.
Flynn hatte weniger Glück.
Der Verkehr war langsamer geworden, hatte sich angestaut und blockierte die andere Seite, sodass er nicht durch dasselbe Loch kam. Er musste Vollgas geben, um das Eis weiter vorn zu durchbrechen.
Zero meldete sich zu Wort. »Wenn du mich fragst, du willst es nicht anders.«
»Das sehe ich nicht unbedingt so. Irgendwelche Vorschläge?«
»Hast du letztes Mal gebetet?«
»Nein.«
»Dann tu es dieses Mal auch nicht.«
»Klingt gut, einverstanden.«
Er sah einen alten Buick und hielt darauf zu. Der Charger bretterte durch Schnee und Eis und nahm den Buick auf die Hörner. Die beiden Fahrzeuge schoben sich auf den Mittelstreifen und kamen dort zum Stillstand. Flynn konnte nicht mal den Fahrer erkennen.
Der ganze Tag schien irgendwie gedämpft. Niemand schrie. Es fühlte sich an, als hätten sie die Situation vorher zigmal geprobt.
Der Verkehr war zum Erliegen gekommen. Er setzte ein Stück zurück und sah, dass der Buick keinen großen Schaden genommen hatte. Die rechte hintere Tür war stark verbeult, aber ein Buick war gebaut wie ein Panzer
und konnte einiges ab. Der Fahrer war ausgestiegen und guckte ihn ungläubig an. Flynn kurbelte das Fenster herunter und fragte: »Alles okay?«
»Ja.«
»Sind Sie allein?«
»Ja! Ich will Ihre Versicherung. Was zum Teufel ist hier los? Was seid ihr für Typen?«
»CPS!«
»Was soll das sein? Ein Lieferservice?«
Flynn wollte zurücksetzen, war aber eingeklemmt. Auf der anderen Seite standen die Gaffer und starrten ihn an. Er hatte keine Ahnung, wo der GTO war, aber er hatte noch Zeit, er wusste, dass er es noch schaffen würde, wenn er nur hier wegkam.
»Lassen Sie mich durch«, forderte er den Buick-Fahrer auf.
»Was?«
»Weg da!«
»Ich will Ihre Versicherung!«
»Hauen Sie endlich ab!«
»Ihren CPS verklage ich!«
Flynn legte den Gang ein und gab Gas. Die Hinterreifen suchten jaulend nach Halt. Er schob den Buick ein paar Zentimeter weiter auf den Trennstreifen. Weiter ging es nicht. Er hatte verloren. Was für eine lächerliche Situation, mitten auf dem Parkway, umgeben von vielleicht tausend Leuten, die ihn anstarrten und keine Ahnung hatten, was los war, denen es im Grunde egal war. Und keiner bewegte sich auch nur ein Stück.
Selbst der Mann, dessen Wagen er demoliert hatte, schien sich nicht sonderlich für ihn zu interessieren. Er
stand einfach nur da und sah zu, die Hände zu winzigen Fäusten geballt. Was zum Teufel war los mit den New Yorkern?
Wütend haute er einen Gang nach dem anderen rein und versuchte, sich freizuschaukeln. Was hatte er nicht alles in den Wagen investiert, und jetzt sah er wieder aus wie vorher. Die Front war demoliert, ein Scheinwerfer kaputt, die Haube verzogen. Aber kein Problem, er würde es wieder hinkriegen. Der linke Hinterreifen schien zu greifen. Er setzte zurück und gab Gas, legte den zweiten Gang ein, jetzt griff er noch besser. Er kurbelte das Lenkrad so weit es ging nach links, und endlich setzte der Charger sich in Bewegung, schwenkte um den Buick herum und über den vereisten Mittelstreifen.
Nur wenige Autos waren noch unterwegs. Flynn fädelte sich in den Verkehr ein, ohne Rücksicht auf einen SUV zu nehmen, der auf ihn zugerutscht kam und ihn fast zu Schrott gefahren hätte. Kein Problem, er hatte alles unter Kontrolle. Nichts konnte ihn mehr stoppen.
»Er fährt in Richtung Robert Moses Causeway«, sagte Zero.
»Genau«, sagte Flynn. »Zum Strand.«
Ans Wasser, alle mussten sie ans Wasser. Wie die
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