Schmerzlos: Thriller (German Edition)
Vater drehte sich um und starrte durch die Heckscheibe. Der resignierte Blick in seinen Augen war etwas völlig Neues für mich. Doch er galt nicht mir, sondern meiner Mutter. Und ich hätte wetten können, dass sie in diesem Moment genau das Gleiche dachten: Es hat lange gedauert, aber jetzt ist es so weit.
32. Kapitel
Meine Mutter steckte das Telefon zurück in die Basisstation. »Er ist auf dem Stützpunkt.«
»Warum haben ihn diese Idioten auf den Stützpunkt gebracht? Er ist doch gar nicht mehr bei der Navy.« Ich ging in dem Hotelzimmer auf und ab. »Und warum willst du mir nicht verraten, mit wem du gesprochen hast?«
»Die Männer, die ihn abgeholt haben – wer, glaubst du, waren sie?«
»CIA? Gesundheitsbehörde? Mormonen?«
»Navy-Geheimdienst.«
Das hätte Neugierde und Wut in mir auslösen sollen, doch ich spürte nur ein leises Klick in meinem Hinterkopf.
»Warum haben sie ihn mitgenommen?«
»Das waren mit Sicherheit Ermittlungsbeamte.«
»Was hat er denn ihrer Meinung nach mit Coyote zu tun?«
»Evan, hier geht es gar nicht um Coyote. Sie haben deinen Vater seit jeher im Auge.«
»Aber wieso?«
»Vermutlich ist das bei allen Geheimnisträgern so, die die Alarmglocken schrillen lassen. Und das war bei Phil der Fall. Er ist in der Gegend rumgerannt und hat allen möglichen Leuten Fragen über South Star gestellt.«
»Und jetzt haben sie ihn verhaftet?«
Sie starrte das Telefon an. »Nein, haben sie nicht. Aber bei Projekten, die aus schwarzen Kassen finanziert werden, scheut man die Öffentlichkeit – und Phil hat das hier unter seinem Stein hervorgezerrt.«
»Aber wenn sie ihn nicht verhaftet haben, was machen sie dann mit ihm?«
»Ihn befragen. Sie werden ihn für zwölf Stunden auf dem Stützpunkt festhalten.«
»Mist.«
Ich massierte mir die Stirn und starrte auf die Telefonnotizen, die der Mann am Empfang mir ausgehändigt hatte.
»Diese Typen geben gerne an. Aber sie nehmen ihren Job auch sehr ernst. Und vielleicht glauben sie ja, dass sie ihm einen Gefallen tun, weil sie ihn vor der Polizei von China Lake in Schutz nehmen. Du weißt schon, wegen der Sache mit dem entführten Streifenwagen.«
Das ließ mich kalt. »Woher weißt du denn das alles? Wenn du mir jetzt sagst, dass du auch Geheimagentin bist …«
»Traust du mir das etwa nicht zu?« Sie verschränkte die Arme vor der Brust.
»Mom, so habe ich das nicht gemeint.«
»Damit dein Vater seine Unbedenklichkeitsbescheinigung bekam, mussten sie mich gleich mit überprüfen. Sagen wir mal so – wenn die NSA mir einen Job anbieten würde, könnte ich sofort akzeptieren.«
»Und du willst mir nicht sagen, mit wem du gerade gesprochen hast?«
»Nein.«
Sie legte ihre Hand auf meine und runzelte prompt die Stirn. »Du bist ja ganz kalt.«
Als ich meine Hände ausstreckte, fiel mir auf, dass meine Finger zitterten. »Ich hab Angst um Dad.«
Und ich war nervös wegen der Nachrichten von Jesse. Ich starrte sie an wie Hieroglyphen, die ich entziffern musste. Bitte zurückrufen. Dringend. Sehr dringend. Aber ich konnte ihn nicht erreichen. Bei Sanchez Marks sagte man mir, er habe einen Tag Urlaub genommen. Aber er ging weder zu Hause noch unter seiner Handynummer ans Telefon.
»Was hältst du von einem Clubsandwich?«
Ich nickte, und sie bestellte uns beim Zimmerservice etwas zu essen. Nachdem ich mein Kostüm ausgezogen und eine Jeans übergestreift hatte, verschwand ich im Bad, um mir den Staub vom Gesicht zu waschen. Von dort hörte ich, wie mein Handy klingelte. Als ich aus dem Bad stürzte, drückte es mir meine Mutter in die Hand.
»Lavonne Marks«, sagte sie.
Jesses Chefin. »Lavonne?«
»Wo ist er?«
»Stimmt was nicht?«
»Wenn das eine Ausrede sein soll, nehm ich sie dir nicht ab. Hol ihn ans Telefon.«
»Ich weiß nicht, wo er ist. Ich hab ein paar Nachrichten von ihm gekriegt, die mich ziemlich beunruhigen.«
»Das wundert mich nicht. Ich habe gerade einen Anruf vom Los Angeles Police Department bekommen. Sie behaupten, Jesse habe eine Wohnung in Hollywood verwüstet und sei dann geflüchtet, bevor die Polizei eintraf. Evan, das war ein Tatort. Sie haben einen Haftbefehl auf ihn ausgestellt.«
Mir wurde schwindlig, und ich musste mich aufs Bett setzen. »Das ist … nein. Das kann nicht wahr sein. Ich …«
»Dieser Idiot hat doch tatsächlich seine Visitenkarte beim Hausmeister des Appartementgebäudes hinterlassen, und jetzt weiß das LAPD ganz genau, wer er ist. Und mir wollen sie deshalb auch
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